Mit mehr als 10 % stellen nicht heterosexuell lebende Frauen in der gynäkologischen Praxis eine relevante, aber bisher wenig wahrgenommene Gruppe dar. Oft wird die sexuelle Orientierung in der Praxis nicht thematisiert. Diskriminierungserfahrungen in Praxen und Kliniken führen zu einer verminderten Inanspruchnahme auch im Krankheitsfall. Das kann durch akzeptierende Versorgungsstrukturen vermieden werden. Spezifische Fragen bestehen in Bezug auf sexuell übertragbare Infektionen, von denen zumindest einige Gruppen lesbisch oder bisexuell lebender Frauen nicht selten betroffen sind. Da sexuelle Identität und Verhalten nicht immer deckungsgleich sind, erleichtert eine sensible Anamneseerhebung zum aktuellen sexuellen Verhalten, das Infektionsrisiko einzuschätzen. Ein häufiges Anliegen von Frauen in gleichgeschlechtlichen Partnerschaften ist die Verwirklichung ihres Kinderwunsches – sei es mit Hilfe eines Samenspenders aus dem privaten Umfeld oder durch Kryosperma von einer Samenbank. Bei beiden Wegen bestehen spezifische rechtliche, psychosoziale und medizinische Fragen, für die Beratung und medizinische Unterstützung hilfreich sind. Auch im Zusammenhang mit Krebserkrankungen spielt die sexuelle Orientierung eine Rolle. Nicht heterosexuell lebende Frauen können durch spezifische Ansprache zur Teilnahme an Früherkennungsuntersuchungen ermutigt werden. Im Falle einer Krebserkrankung ist die Partnerin oft die wichtigste Unterstützungsperson, die in die Betreuung einbezogen werden sollte.