Erschienen in:
22.05.2023 | Sigmaresektion | Einführung zum Thema
Sigmadivertikulitis – Erkrankung mit Gefahr für Leib, Leben und Lebensqualität
verfasst von:
Prof. Dr. Jörn Gröne, Prof. Dr. Andreas Rink
Erschienen in:
coloproctology
|
Ausgabe 3/2023
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Auszug
In nur wenigen Bereichen der Koloproktologie hat sich die Behandlungsstrategie einer Erkrankung in den letzten 20 Jahren so radikal geändert wie bei der Sigmadivertikulitis. Über Jahrzehnte galt das Auftreten eines zweiten Erkrankungsschubes per se als Indikation zur Operation, die − mangels Alternativen − lange Zeit als offen-chirurgische Resektion durchgeführt wurde. Es ist medizinhistorisch faszinierend, dass diese Empfehlung im Wesentlichen auf eine Arbeit von Parks aus dem Jahre 1969 zurückgeht, die immer wieder dahingehend zitiert wurde, dass sie klar belege, dass Patienten, die nicht spätestens nach dem zweiten Schub der Erkrankung operiert werden, ein wesentlich höheres Risiko einer Komplikation, einer Operation unter Anlage eines Stomas oder sogar für einen letalen Verlauf haben [
1]. Schaut man einmal in diese Arbeit hinein, so wird deutlich, dass von 317 Patienten, die nach einem ersten Schub in der Klinik des Autors stationär behandelt, aber nicht operiert wurden, lediglich 78 mit einem zweiten Schub wieder aufgenommen wurden. Die Krankenhausletalität der Behandlung wegen eines ersten Schubes lag bei 3 %, die unter den 78 Patienten mit einem zweiten Schub bei 6 %. Nur 12 Patienten (3,6 %) kamen mit einem dritten und nur 5 (1,8 %) mit einem vierten Schub. Für diese kleinen Subgruppen, die ja eigentlich dem Kollektiv entsprechen, für das unsere lange gepflegte Indikationsstellung zur elektiven Sigmaresektion nach dem zweiten Schub hochgehalten wurde, sind in der Arbeit gar keine behandlungsspezifischen Komplikationsraten angegeben. Zudem muss man berücksichtigen, dass die Divertikulitis damals nur radiologisch, operativ oder durch Obduktion diagnostiziert werden konnte. Es ist also davon auszugehen, dass nur wirklich schwere Formen der Divertikulitis, mutmaßlich überwiegend solche mit perforierten Stadien, auch tatsächlich als solche diagnostiziert wurden. Auch unter diesen Aspekten überrascht es, dass sich die Indikationsstellung zur elektiven Sigmaresektion aus Sorge um schwerwiegende Komplikationen ab dem zweiten Schub solange halten konnte. Erst in diesem Jahrhundert setzte sich die Erkenntnis durch, dass das Risiko für einen komplizierten Verlauf mit jedem Schub sinkt und damit die Anzahl der stattgehabten Schübe zumindest für die Indikationsstellung aus Sorge um das Auftreten akuter Komplikationen der Erkrankung irrelevant ist. …