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Erschienen in: Ethik in der Medizin 2/2010

01.06.2010 | Originalarbeit

Soll man Doping im Sport unter ärztlicher Kontrolle freigeben?

verfasst von: Urban Wiesing

Erschienen in: Ethik in der Medizin | Ausgabe 2/2010

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Zusammenfassung

Der Artikel untersucht die Frage, ob es sinnvoll ist, Doping im Sport unter ärztlicher Kontrolle freizugeben. Dazu werden die Auswirkungen einer Freigabe untersucht, die stets nur eine begrenzte Freigabe wäre, allein wegen der Risiken. Die unangenehmen Begleiterscheinungen der Dopingkontrollen würden nicht entfallen. Die Auswirkungen einer Freigabe von Doping im Wettkampfsport wären entweder unsinnig oder aber mit Nachteilen behaftet. Es ist nicht notwendig, die Frage zu klären, was die „Idee des Sportes“ ausmacht und ob sie verändert werden darf. Allein unter praktischen Aspekten zeigt sich, dass dem Sport mit einer Freigabe des Dopings keine Vorteile, aber viele Nachteile erwachsen.
Fußnoten
1
Diese Einengungen gehen so weit, dass sie Fußballern offenbar nicht zuzumuten sind – jedenfalls nach Ansicht des Weltverbandes FIFA und des europäischen Verbandes UEFA [16].
 
2
Dabei übersehen Savulescu et al. [13] und Foddy/Savulescu [5], dass sich bestimmte Gesundheitsschäden erst langfristig manifestieren und durch eine enge gesundheitliche Überwachung nicht entdeckt werden. Insofern ist ihr Vorschlag, die Grenze des erlaubten Dopings an der Schädigung des Sportlers festzumachen, in Bezug auf die langfristigen unerwünschten Wirkungen gar nicht zu kontrollieren. Wenn die Befürworter einer begrenzten Freigabe aber alle Doping-Praktiken mit langfristigen, bei der Einnahme nicht zu kontrollierenden Risiken verbieten wollen, dann verbleibt die große Versuchung, sie auch bei begrenzter Freigabe von Doping zu nutzen. Es wäre auch unter diesem Aspekt nichts gewonnen.
 
3
Insofern ist die Behauptung von Foddy/Savulescu nicht überzeugend, es sei „viel einfacher, die Anti-Doping-Regeln abzuschaffen, als das Doping selbst“ ([5], S. 98), zumal der Co-Autor Savulescu in anderem Zusammenhang feststellte, die Kontrolldichte würde bei Dopingfreigabe aus Sicherheitsgründen erhöht [13].
 
4
Zu einer umfassenderen Analyse der individuellen Beweggründe selbst unter Verbot: [1].
 
5
Eine Alternative wäre gegeben, wenn man garantieren könnte, dass der Sport dopingfrei wäre. Für diesen Fall könnte man die „alten“ Rekorde nur unter Vorbehalt akzeptieren und alle neuen Rekorde als solche klassifizieren.
 
6
Peter Singer: „Außerdem würde ich sagen, dass es den einen ‚Geist‘ des Sports gar nicht gibt“ [15]. Dem ist zuzustimmen, da Sport aus ganz unterschiedlichen Beweggründen und mit unterschiedlichen Motiven praktiziert wird. Doch der Aspekt der Natürlichkeit der Leistungserbringung gilt im Grunde für den ganzen Sport.
 
7
So die Befürworter einer Freigabe [19].
 
Literatur
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Metadaten
Titel
Soll man Doping im Sport unter ärztlicher Kontrolle freigeben?
verfasst von
Urban Wiesing
Publikationsdatum
01.06.2010
Verlag
Springer-Verlag
Erschienen in
Ethik in der Medizin / Ausgabe 2/2010
Print ISSN: 0935-7335
Elektronische ISSN: 1437-1618
DOI
https://doi.org/10.1007/s00481-010-0056-1

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