Erschienen in:
03.09.2019 | Störung des Sozialverhaltens | Leitthema
Soziale Neurowissenschaften und deren Bedeutung für die Psychiatrie
verfasst von:
Dr. Nathalie E. Holz, Prof. Dr. Andreas Meyer-Lindenberg
Erschienen in:
Der Nervenarzt
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Ausgabe 11/2019
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Zusammenfassung
Hintergrund
Eine Dysfunktion des sozialen Gehirns findet man bei zahlreichen psychiatrischen stressbezogenen Erkrankungen.
Ziel der Arbeit
Definition des sozialen Gehirns und dessen Beeinträchtigung durch sozialen Stress und bei psychiatrischen Erkrankungen wie Schizophrenie, Autismus und Störung des Sozialverhaltens.
Material und Methoden
Literatursuche in PubMed
Ergebnisse
Das soziale Gehirn lässt sich in verschiedene Subnetzwerke einteilen, die empathisches Verhalten ermöglichen. Interessanterweise scheinen alle Netzwerke des sozialen Gehirns, bis auf das Spiegelneuronensystem, eine Anfälligkeit für sozialen Stress aufzuweisen. Entsprechend der Wichtigkeit des Sozialverhaltens bei psychiatrischen Erkrankungen finden sich regelhaft Veränderungen in diesen Systemen. Dabei sind bei der Schizophrenie Wahrnehmung, Bindung und Mentalisieren betroffen. Bei Autismus findet man hauptsächlich eine Beeinträchtigung der Wahrnehmung und des Mentalisierens, wohingegen die Störung des Sozialverhaltens mit einer Dysfunktion bei der sozialen Wahrnehmung, Bindung und Ablehnung einhergeht.
Diskussion
Insgesamt scheinen die mit der Sozialfunktion verknüpften Hirnnetzwerke, die bei psychiatrischen Erkrankungen dysfunktional sind, auch vulnerabel für sozialen Stress zu sein. Daher ist es plausibel, anzunehmen, dass das soziale Gehirn zumindest teilweise die Effekte sozialen Stresses auf psychiatrische Erkrankungen vermittelt. Neueste Entwicklungen im Bereich der sozialen Neurowissenschaften, wie Hyperscanning und Virtual Reality, könnten in Zukunft das Erfassen sozialer Interaktionen alltagsnaher ermöglichen und somit die ökologische Validität im Bereich der Sozialwissenschaften erhöhen.