Parotistumoren risikoadaptiert therapieren

Tumoren der Speicheldrüsen haben ganz unterschiedliche Prognosen und bedürfen einer differenzierten Therapie. Einheitliche Empfehlungen fehlen – doch neue wissenschaftliche Daten liefern wichtige Hinweise für risikoadaptierte Therapieentscheidungen. Das pleomorphe Adenom zählt zu den häufigsten gutartigen Tumoren der Speicheldrüse. Welches operative Vorgehen angezeigt ist, wird kontrovers diskutiert, berichtete Prof. Dr. Heinrich Iro, Direktor der Klinik und Poliklinik für HNO, Kopf- und Halschirurgie der Universität Erlangen-Nürnberg auf dem HNO Update in Mainz. Bei oberflächlichen Tumoren präferiere er die extrakapsuläre Dissektion, die im Vergleich zu Parotidektomie wesentlich schonender und mit weniger Komplikationen behaftet sei. Die Befürchtung eines erhöhten Rezidiv-Risikos sei unbegründet – vorausgesetzt, es werde tatsächlich eine extrakapsuläre Dissektion und keine Enukleation durchgeführt. Extrakapsuläre Dissektion des pleomorphen Adenoms: Sicher und risikoarm Eine retrospektive Auswertung von 219 Eingriffen bei einem pleomorphen Adenom an seiner eigenen Klinik ergab: In keinem der 76 Fälle, bei denen eine extrakapsuläre Dissektomie ausgeführt wurde, trat in einem Nachbeobachtungszeitraum von durchschnittlich mehr als sieben Jahren ein Rezidiv auf. Bei den 18 partiellen Parotidektomien betrug die Rezidivrate dagegen 5,56 Prozent, bei den 68 superfiziellen Parotidektomien 1,47 Prozent und bei den 57 kompletten Parotidektomien 1,75 Prozent [1]. Eine Metaanalyse belegt anhand der Daten von insgesamt 1882 Patienten mit benignen Parotistumoren, dass sich die Rezidivraten nach extrakapsulärer Dissektion und superfizieller Parotidektomie nicht unterscheiden. Die Patienten profitieren jedoch von einer deutlich niedrigeren Komplikationsrate nach extrakapsulärer Dissektion: Es kam signifikant seltener zu transienten Facialisparesen (8 vs 20,4 Prozent) sowie zu einem Fey-Syndrom (4,5 vs 26,1 Prozent) [2]. Da das Risiko eines Rezidivs bei intraoperativer Tumorzellaussaat drastisch ansteigt, sollte eine Eröffnung des Tumors in jedem Fall vermieden werden, betonte Iro. Parotiskarzinome: Wann adjuvant therapieren? Entwickelt sich aus einem pleomorphen Adenom ein Karzinom (carcinoma ex pleomorphic adenoma, CEPA), hängt die Prognose wesentlich von der extrakapsulären Ausdehnung ab. Eine Analyse der Daten von 41 Patienten mit einem CEPA [3] ergab bei intraduktalen Tumoren und extrakapsulären Karzinomen bis 5 mm eine Fünf-Jahres-Überlebensrate von 100 Prozent. Karzinome, die auf dem Boden eines Rezidivs des pleomorphen Adenoms entstehen, haben eine wesentlich schlechtere Prognose und bedürfen neben der chirurgischen Entfernung wohl immer einer adjuvanten Therapie, sagte Iro. Möglicherweise müsste die Indikation zu einer adjuvanten Chemo-/Radiotherapie auch bei anderen Parotiskarzinomen großzügiger gestellt werden als bisher. Denn wie eine aktuelle Analyse des dänischen Krebsregisters zeigt, kommt es im weiteren Verlauf nicht nur bei jedem vierten Patienten mit einem Speicheldrüsenkarzinom zu einem lokalen Rezidiv und bei jedem achten zu regionären Metastasen, sondern bei 17 Prozent zu Fernmetastasen [4]. Die Vielfalt der Speicheldrüsenkarzinome macht es schwierig, verbindliche therapeutische Empfehlungen zu geben, wann eine adjuvante Radio- beziehungsweise Chemotherapie sinnvoll ist, sagte Iro. Neben klinischen Parametern wie Alter des Patienten, männliches Geschlecht und hohes Tumorstadium hat sich eine histopathologische Graduierung als prognostisch relevant erwiesen und könnte wichtige Hinweise für risikoadaptierte Therapieentscheidungen geben [5]. [1] Iro H et al: Follow-up of parotid pleomorphic adenomas treated by extracapsular dissection. Head Neck. 2012; doi: 10.1002/hed.23032 (Epub ahead of print) [2] Albergotti WG et al: Extracapsular dissection for benign parotid tumors: a meta-analysis. Laryngoscope. 2012; 122 (9): 1954-1960 [3] Weiler C et al: Carcinoma ex pleomorphic adenoma with special reference to the prognostic significance of histological progression: a clinicopathological investigation of 41 cases. Histopathology 2011; 59 (4): 741-750 [4] Bjørndal K et al: Salivary gland carcinoma in Denmark 1990-2005: outcome and prognostic factors. Results of the Danish Head and Neck Cancer Group (DAHANCA). Oral Oncol. 2012; 48 (2): 179-185 [5] Schwarz-Furlan S: Speicheldrüsenkarzinome: Pathologie und Prognose. Pathologe 2011; 32 (2): 310-315 HNO Update-Seminar Das nächste HNO Update-Seminar findet am 29. und 30. November 2013 in Mainz statt: www.hno-update.com

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