Zusammenfassung
Aufgrund einer frühzeitigen Diagnostik (z. B. Neugeborenenscreening), eines frühzeitigen Therapiebeginns und verbesserter Therapieoptionen erreichen heutzutage mehr und mehr Patienten mit angeborenen Stoffwechselkrankheiten das Erwachsenenalter. Im Rahmen des Therapiemonitorings sind spezielle Laboruntersuchungen auch weiterhin integraler Bestandteil der klinischen Versorgung dieser Patienten. Spezielle Labormethoden sind aber auch für die Diagnostik/Differenzialdiagnostik von Stoffwechselkrankheiten bei Erwachsenen von Bedeutung. Personen mit einer spätmanifesten Stoffwechselkrankheit entwickeln in der Regel unter dem Einfluss eines eher milden Gendefekts erst im Jugend- oder Erwachsenenalter eine hinreichende Symptomatik, um eine »Stoffwechseldiagnostik« in Gang zu setzen. Im Gegensatz zu solchen langsam progredienten Krankheitsbildern kann die Symptomatik aber auch dramatisch verlaufen. In solchen Fällen ist der vorliegende milde Gendefekt eine notwendige, aber offenbar nicht hinreichende Bedingung für das Auftreten von Symptomen. Vielmehr müssen zusätzliche äußere Faktoren wie Katabolie (bei interkurrenten Erkrankungen, Operationen, körperlicher Belastung oder prolongierten Hungerzuständen) oder die Aufnahme von »zu viel« Protein oder von bestimmten Kohlenhydraten mit der Nahrung als Trigger hinzukommen. In solchen Situationen kommt es zu einer erheblichen Belastung des Organismus mit toxischen Metaboliten wie Ammoniak oder organischen Säuren, die er infolge des Gendefekts nicht weiter abbauen kann und die eine krisenhafte »Stoffwechselentgleisung« hervorrufen können.