Hintergrund
Methode
Übersetzung der EULAR Bewegungsempfehlungen ins Deutsche
Sprachliche Validierung der deutschen Übersetzung der EULAR Bewegungsempfehlungen
Ergebnisse
Übersetzung
Übergeordnete Prinzipien | Evidenzgrad | Grad der Zustimmung, Mittelwert (SD) | |||
1. | Körperliche Aktivität ist Teil eines generellen Konzepts zur Optimierung der gesundheitsbezogenen Lebensqualität | – | 10,0 (0) | ||
2. | Körperliche Aktivität bringt gesundheitliche Vorteile für Menschen mit rheumatoider Arthritis (RA)/Spondyloarthritis (SpA)/Hüft‑/Kniegelenkarthrose | – | 9,9 (0,3) | ||
3. | Die allgemeinen Empfehlungen zu körperlicher Aktivität für Gesunde umfassen die 4 Bereiche kardiorespiratorische Fitness, Muskelkraft, Beweglichkeit und neuromotorische Leistungsfähigkeit. Sie gelten genauso für Menschen mit RA/SpA/Hüft- und Kniegelenkarthrose, weil sie sicher angewendet werden können | Anwendbarkeit 4 Sicherheit 1A, 1B | 9,4 (0,9) | ||
4. | Die Planung von körperlicher Aktivität erfordert eine gemeinsame Entscheidungsfindung zwischen Gesundheitsdienstleistern und Menschen mit RA/SpA/Hüft- und Kniegelenkarthrose unter Berücksichtigung der Präferenzen, Fähigkeiten und Ressourcen der jeweiligen Person | – | 9,8 (0,4) | ||
Empfehlung | Evidenzkategorie | Empfehlungsstärke | Grad der Zustimmung, Mittelwert (SD) | Grad der Zustimmung in der Originalpublikation, Mittelwert (SD) | |
1. | Die Förderung von körperlicher Aktivität in Übereinstimmung mit den allgemeinen Empfehlungen zu körperlicher Aktivität sollte ein integraler Bestandteil der Standardversorgung während des gesamten Erkrankungsverlaufs von Menschen mit RA/SpA/Hüft- und Kniegelenkarthrose sein | 1B | A | 10,0 (0) | 9,81 (0,39) |
2. | Alle an der Versorgung von Menschen mit RA/SpA/Hüft- und Kniegelenkarthrose beteiligten Gesundheitsdienstleister sollten Verantwortung für die Förderung von körperlicher Aktivität übernehmen. Sie sollten zusammenarbeiten und notwendige Überweisungen vornehmen, um sicherzustellen, dass angemessene Interventionen zur Förderung von körperlicher Aktivität erfolgen | 4 | D | 9,5 (0,8) | 9,14 (0,98) |
3. | Interventionen zur Förderung der körperlichen Aktivität sollten von Gesundheitsdienstleistern vorgenommen werden, die kompetent sind, diese bei Menschen mit RA/SpA/Hüft- und Kniegelenkarthrose durchzuführen | 4 | D | 9,1 (1,1) | 8,86 (1,48) |
4. | Gesundheitsdienstleister sollten bei Menschen mit RA/SpA/Hüft- und Kniegelenkarthrose die Art, Intensität, Häufigkeit und Dauer der aktuell ausgeübten körperlichen Aktivität mit standardisierten Methoden evaluieren, um festzustellen, welche der 4 Bereiche der allgemeinen Empfehlungen zur körperlichen Aktivität gezielt zu verbessern sind | 3 | C | 8,9 (1,1) | 9,05 (1,04) |
5. | Allgemeine und krankheitsspezifische Kontraindikationen für körperliche Aktivität sollten identifiziert und bei der Förderung der körperlichen Aktivität berücksichtigt werden | 4 | D | 9,6 (0,8) | 9,1 (1,41) |
6. | Interventionen zur Förderung der körperlichen Aktivität sollten klare personalisierte Ziele haben, die fortlaufend, vorzugsweise durch eine Kombination aus subjektiven und objektiven Messinstrumenten evaluiert werden (inklusive Selbstbeobachtung, wenn angemessen) | 4 | D | 9,0 (1,8) | 9,05 (1,25) |
7. | Allgemeine und krankheitsspezifische Barrieren und Förderfaktoren in Bezug auf die Durchführung von körperlicher Aktivität sollten identifiziert und adressiert werden. Barrieren und Förderfaktoren beziehen sich auf Kenntnisse, soziale Unterstützung, Symptomkontrolle und Selbstregulierung | 3–4 | C–D | 9,6 (1,0) | 9,19 (1,13) |
8. | Wenn individuelle Anpassungen an die allgemeinen Empfehlungen zur körperlichen Aktivität erforderlich sind, sollten diese auf einer umfassenden Erhebung von körperlichen, sozialen und psychologischen Faktoren inklusive Fatigue, Schmerz, Depression und Krankheitsaktivität basieren | 4 | D | 8,9 (1,5) | 9,25 (0,86) |
9. | Gesundheitsdienstleister sollten Interventionen zur Förderung von körperlicher Aktivität planen und durchführen. Das schließt Techniken zur Verhaltensänderung inklusive Selbstbeobachtung, Zielsetzung, Aktionsplanung, Feedback und Problemlösung ein | 1A | A | 9,6 (0,8) | 9,48 (0,79) |
10. | Gesundheitsdienstleister sollten in Übereinstimmung mit den Präferenzen der Person mit RA/SpA/Hüft- und Kniegelenkarthrose verschiedene Arten der Durchführung von körperlicher Aktivität in Erwägung ziehen (z. B. angeleitet/nicht angeleitet, Einzel/Gruppe, Präsenz/Online, Verstärkungsstrategien etc.) | 4 | D | 9,8 (0,6) | 9,0 (1,3) |
Empfehlungen zu körperlicher Aktivität vom American College of Sports Medicine (ACSM) und von der American Heart Association (AHA) | |
Alle gesunden Erwachsenen im Alter von 18 bis 65 Jahren sollten mindestens an 5 Tagen pro Woche 30 min lang aerobe Aktivitäten mit moderater Intensität oder an mindestens 3 Tagen pro Woche 20 min lang aerobe Aktivitäten mit hoher Belastungsintensität durchführen | |
Kombinationen aus aerober Aktivität mit moderater und hoher Intensität sind ebenfalls geeignet, um diese Empfehlung zu erfüllen | |
Die aerobe Aktivität soll in Einheiten von ≥10 mina Dauer durchgeführt werden, um die insgesamt 30 min zu erreichen | |
Jede erwachsene Person sollte mindestens 2 Tage pro Woche körperliche Aktivitäten ausüben, die die Muskelkraft und Ausdauer erhalten oder steigern | |
Wegen der Dosis-Wirkung-Beziehung von körperlicher Aktivität und Gesundheit (je mehr desto besser) können Personen über die empfohlene Mindestmenge an körperliche Aktivität hinausgehen, wenn sie ihren allgemeinen Fitnesszustand weiter verbessern, ihr Risiko für chronische Erkrankungen und Folgeschäden verringern und/oder eine ungesunde Gewichtszunahme verhindern möchten | |
Kardiorespiratorisches (aerobes) Training | |
Häufigkeit | Mindestens 5 Tage pro Woche moderates Training oder ≥3 Tage pro Woche intensives Training oder eine Kombination aus moderatem und intensivem Training an mindestens 3 bis 5 Tagen pro Woche wird empfohlen |
Intensität | Mäßige und/oder hohe Intensität wird für die meisten Erwachsenen empfohlen. Leichte bis moderate Intensität kann bei untrainierten Personen sinnvoll sein |
Dauer | 30–60 min pro Tag (150 min pro Woche)b gezieltes moderates Training oder 20–60 min pro Tag (75 min)b intensives Training oder eine Kombination davon wird für die meisten Erwachsenen empfohlen. Ein Training von mindestens 20 min pro Tag (mindestens 150 min pro Woche) kann insbesondere bei zuvor eher inaktiven Menschen sinnvoll sein |
Art und Weise | Regelmäßige und gezielte Bewegungen, bei denen große Muskelgruppen beteiligt sind und die kontinuierlich und rhythmisch sind |
Umfang | Mindestens 500–1000 METc min pro Woche werden empfohlen. Eine Erhöhung der Schrittzahl um mindestens 2000 Schritte pro Tag auf eine tägliche Anzahl von mindestens 7000 Schritte wird empfohlen. Auch ein Training unterhalb dieser Schwelle ist sinnvoll, wenn diese Empfehlungen nicht umgesetzt werden können oder möchten |
Schema | Das Training kann in einer (fortlaufenden) Einheit durchgeführt oder auf mehrere Einheiten pro Tag (von ≥10 min) aufgeteilt werden, je nach gewünschter Dauer und Umfang des Trainings. Trainingsblöcke von ≥10 min können bei sehr dekonditionierten Personen Vorteile bringen. Intervalltraining ist ebenfalls möglich |
Steigerung | Eine schrittweise Steigerung des Trainingsvolumens durch Anpassung der Trainingsdauer, -frequenz und/oder -intensität ist sinnvoll, bis das gewünschte Trainingsziel (Aufrechterhaltung) erreicht ist. Die schrittweise Steigerung und individuelle Anpassung kann die Adhärenz verbessern sowie das Auftreten von Verletzungen des Bewegungsapparates und von unerwünschten kardiovaskulären Ereignissen verringern |
Krafttraining | |
Häufigkeit | Jede größere Muskelgruppe sollte an 2 bis 3 Tagen pro Woche trainiert werden |
Intensität | 60–70 % des 1 RMd bei moderater bis hoher Intensität für Anfänger bis fortgeschrittene Anfänger zur Verbesserung der Muskelkraft |
≥80 % des 1 RM bei hoher bis sehr hoher Intensität für trainingserfahrene Personen | |
40–50 % des 1 RM bei sehr geringer bis geringer Intensität für ältere Personen, die mit dem Training beginnen, zur Verbesserung der Muskelkraft | |
40–50 % des 1 RM bei geringer bis sehr geringer Intensität kann für die Verbesserung der Kraft bei eher inaktiven Menschen zu Beginn des Krafttrainings sinnvoll sein | |
≤50 % des 1 RM bei leichter bis moderater Intensität zur Verbesserung der Muskelkraftausdauer | |
20–50 % des 1 RM bei älteren Erwachsenen zur Verbesserung der Muskelkraft | |
Zeitaufwand | Für die Wirksamkeit wurde keine spezifische Trainingsdauer ermittelt |
Art und Weise | Es werden Kraftübungen empfohlen, an denen jede größere Muskelgruppe beteiligt ist. Für solche Übungen kann mit verschiedenen Trainingsgeräten und/oder Körpergewichten gearbeitet werden |
Wiederholungen | 8 bis 12 Wiederholungen, um die Muskelkraft und Muskelleistung bei den meisten Erwachsenen zu verbessern |
10 bis 15 Wiederholungen, um die Muskelkraft bei Personen mittleren und höheren Alters, die mit dem Training beginnen, zu verbessern | |
15 bis 20 Wiederholungen, um die Muskelkraftausdauer zu verbessern | |
Einheiten | 2 bis 4 Übungssätze werden empfohlen, um die Muskelkraft und Muskelleistung bei den meisten Erwachsenen zu verbessern. Ein einziger Satz von Kraftübungen kann besonders bei älteren und unerfahrenen Trainierenden wirksam sein. Mindestens 2 Sätze verbessern die Muskelkraftausdauer |
Schema | Pausenintervalle von 2–3 min zwischen jedem Übungssatz |
Eine Pause von ≥48 h zwischen den Trainingseinheiten für eine einzelne Muskelgruppe wird empfohlen | |
Steigerung | Eine allmähliche Steigerung über höheren Widerstand und/oder mehr Wiederholungen pro Satz und/oder Häufigkeit werden empfohlen |
Beweglichkeitstraining | |
Häufigkeit | ≥2 bis 3 Tage pro Woche verbessern das Bewegungsausmaß der Gelenke, wobei die größten Fortschritte durch tägliches Training erzielt werden |
Intensität | Dehnen bis zum Gefühl von Spannung oder leichtem Schmerz |
Zeitaufwand | Für die meisten Erwachsenen wird eine statische Dehnung von 10–30 s empfohlen Bei älteren Menschen kann eine Dehnung von 30–60 s einen größeren Nutzen bringen |
Bei einem PNFe-Stretching sollte die Kontraktionsdauer etwa 3–6 s betragen bei maximal 20–75 % der Maximalkraft, gefolgt von einer 10–30 s dauernden assistiven Dehnung | |
Art und Weise | Eine Serie von Beweglichkeitsübungen für die wichtigsten Muskel-Sehnen-Verbindungen wird empfohlen |
Statisches Dehnen (aktiv oder passiv), dynamisches Dehnen, ballistisches Dehnen und PNFe-Dehnen sind wirksam | |
Umfang | Ein realistisches Ziel sind insgesamt 60 s Dehnung für jede Beweglichkeitsübung |
Schema | Es wird empfohlen, jede Beweglichkeitsübung 2‑ bis 4‑mal zu wiederholen. Die Beweglichkeitsübung ist am effektivsten, wenn der Muskel durch leichte bis moderate Aktivität oder passive Methoden wie feuchte Wärmepackung oder heiße Bäder erwärmt wird |
Steigerung | Methoden zur optimalen Steigerung sind nicht bekannt |
Neuromotorisches Training (z. B. Gleichgewicht, Agilität, Koordination, Gang) | |
Häufigkeit | ≥2 bis 3 Tage pro Woche werden empfohlen |
Intensität | Eine effektive Intensität für das neuromotorische Training ist ungeklärt |
Zeitaufwand | ≥20–30 min pro Tag können erforderlich sein |
Art und Weise | Älteren Menschen werden ein Training der motorischen Fertigkeiten (z. B. Gleichgewicht, Agilität, Koordination und Gang), propriozeptives Training sowie variantenreiche Bewegungsformen (z. B. Yoga) empfohlen, um die körperliche Funktionsfähigkeit zu erhalten und zu verbessern und das Sturzrisiko zu reduzieren |
Die Wirksamkeit eines neuromotorischen Trainings ist für Menschen jüngeren und mittleren Alters nicht nachgewiesen, ist allerdings wahrscheinlich nützlich | |
Umfang | Der optimale Übungsumfang, z. B. Anzahl der Wiederholungen oder Intensität, ist nicht bekannt |
Schema | Das optimale Bewegungsmuster für das neuromotorisches Training ist nicht bekannt |
Steigerung | Methoden zur optimalen Steigerung sind nicht bekannt |
Validierung
Deutschland | Österreich | Schweiz | Total | |
---|---|---|---|---|
Teilnehmer (n) | 8 | 8 | 8 | 24 |
Geschlecht, männlich, n (%) | 5 (62,5) | 3 (37,5) | 2 (25) | 8 (36) |
Alter, in Jahren, Mittelwert (SD) | 37,9 (9,2) | 36,8 (8,2) | 36,6 (10,6) | 37,8 (9,1) |
Beruf | ||||
Rheumtolog*innen | 2 | 2 | 2 | 6 |
Ergotherapeut*innen | 2 | 2 | 2 | 6 |
Physiotherapeut*innen | 2 | 2 | 2 | 6 |
Medizinische Fachangestellte und Pflegefachpersonal | 2 | 2 | 2 | 6 |
Berufserfahrung in der Rheumatologie Mittelwert in Jahren (SD) | 11,3 (9,6) | 8,3 (8,3) | 9,4 (6,1) | 9,6 (7,9) |
Finale Version der Übersetzung ins Deutsche
Zusammenfassende Beurteilung zu Verständlichkeit, Wortwahl, Vollständigkeit, Umsetzung und Verwendbarkeit
Übergeordnete Prinzipien
EULAR Bewegungsempfehlungen
Bereich | Art und Weise | Beispiele |
---|---|---|
Kardiorespiratorisches (aerobes) Training
| Regelmäßige und gezielte Bewegungen, bei denen große Muskelgruppen beteiligt sind und die kontinuierlich und rhythmisch sind | Gehen, Laufen, Schwimmen, Radfahren |
Krafttraining
| Kraftübungen, an denen größere Muskelgruppen beteiligt sind. Körperliche Aktivität und Übungen, die die Kraft, Leistung, Ausdauer und Masse der Skelettmuskulatur erhöhen | Krafttraining, Widerstandstraining oder Übungen für Muskelkraft und Ausdauer |
Beweglichkeitstraining
| Flexibilitätsübungen verbessern die Fähigkeit eines Gelenks, sich über seinen gesamten Bewegungsbereich zu bewegen | Spezifische Dehnungstechniken wie statisches Dehnen (aktiv oder passiv), dynamisches Dehnen, ballistisches Dehnen, Propriozeptive neuromuskuläre Fazilitation |
Neuromotorisches Training
| Training der motorischen Fertigkeiten, koordinatives Training sowie variantenreiche Bewegungsformen, um die körperliche Funktionsfähigkeit zu erhalten und zu verbessern und das Sturzrisiko zu reduzieren | Gleichgewicht, Agilität, Koordination, Gang, Yoga |
Bewegungsempfehlungen für Gesunde gemäß den ACSM-Definitionen
Diskussion
Fazit für die Praxis
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Körperliche Aktivität ist ein wichtiger Baustein in der Behandlung von Patient*innen mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen und degenerativen Erkrankungen, da sie einen positiven Einfluss auf den Krankheitsverlauf hat.
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Die Bewegungsempfehlungen für Gesunde gelten genauso für Menschen mit RA/SpA/HKA, weil sie sicher angewendet werden können.
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Die EULAR Bewegungsempfehlungen für Menschen mit RA/SpA/HKA sollen die Förderung von körperlicher Aktivität für die behandelnden Gesundheitsdienstleister*innen sowie die Durchführung von körperlicher Aktivität von RA/SpA/HKA betroffenen Menschen stärken. Sie sollen eine Orientierungshilfe für Verschreibung, Anleiten und Durchführen von körperlicher Aktivität inklusive dem Umgang mit Barrieren und Förderfaktoren geben.
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Die hier vorgestellte Übersetzung der EULAR Bewegungsempfehlungen soll die Nutzung und Etablierung dieser Empfehlungen im deutschsprachigen Raum fördern.
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Eine Lai*innenversion in patient*innenverständlicher Sprache wird ebenfalls vorgestellt.