Spezialgips gibt Halt bei instabiler Knöchelfraktur

Instabile Knöchelfrakturen lassen sich bei älteren Patienten offenbar mit zufriedenstellendem Ergebnis konservativ versorgen: Eine spezielle Gipstechnik, das „Close Contact Casting“, schnitt in einer randomisierten Studie in puncto Funktionalität nicht schlechter ab als die Op. Beim Close Contact Casting (CCC) wird ein Gipsverband so exakt der Anatomie des Unterschenkels angepasst, dass offenbar auch bei instabilen Sprunggelenkfrakturen eine funktionell zufriedenstellende Heilung möglich ist. Dies ist britischen Autoren zufolge vor allem für Senioren von Vorteil, bei denen Op.-Komplikationen eine größere Rolle spielen als bei jüngeren Patienten. Wie Keith Willett vom John Radcliffe Hospital in Oxford und sein Team berichten, führte der Kontakt-Gips zu ebenso guten Heilungsraten wie die operative Reduktion mit interner Fixation. In einer randomisierten Multicenter-Studie wurden 620 Patienten mit instabiler Knöchelfraktur einer von zwei Gruppen zugelost: Die eine Hälfte erhielt die bei dieser Verletzung übliche Knöchel-Op., die andere wurde primär mittels CCC versorgt. Gipsverband nach Maß Diese spezielle Gipstechnik funktioniert wie folgt: Nach Anlage eines synthetischen Stützstrumpfes werden alle knöchernen Vorsprünge am Unterschenkel (Tibiarand, Fibulakopf, Ferse, Metatarsalköpfchen, medialer und lateraler Knöchel) sowie die Achillessehne mit selbstklebenden Schaumstoff-Pads gepolstert, um sie gegen den durch den Verband ausgeübten Druck zu schützen. Zum Schutz vor der Gipssäge werden weiterhin zwei selbstklebende Streifen auf voller Länge des Verbands angebracht. Über das Ganze wird eine Baumwollbandage (Soffban plus) gewickelt, wobei sich die Lagen nicht überlappen sollen. Der Gipsverband wird dann eng an den Unterschenkel anmodelliert und durch eine weitere Schicht synthetischen Verbandsmaterials (Soft Cast Casting Tape) verstärkt (Demo s. https://www.youtube.com/watch?v=WJGB60e5jQI). Der Gips wurde unter Allgemein- oder Spinalanästhesie angelegt. Das Bein mit dem Gipsverband sollten die Patienten vier Wochen lang nicht belasten. Nach sechs bis acht Wochen durfte dann je nach Ermessen des Chirurgen und Empfinden des Patienten die Belastung bis zum Maximum gesteigert werden. Reduktion so gut wie nach Op. Dass sich mit der speziellen Gipstechnik eine hinreichende Reduktion erzielen lässt, zeigen die Werte im Olerud-Molander-Ankle-Score (dieser erfasst neben Kriterien wie Schmerz, Steifheit, und Schwellung auch die Fähigkeit, bestimmte Arten von Bewegung, z. B. Laufen, Springen, Treppensteigen, auszuführen): Nach sechs Monaten lag die Op.-Gruppe hier im Mittel bei 66,0 Punkten, die CCC-Gruppe bei 64,5 Punkten (auf einer Skala von 0 bis 100 Punkten stehen höhere Werte für bessere Funktion). Der Unterschied lag nach Willett et al. innerhalb des prädefinierten Zielbereichs für „Gleichwertigkeit“. Seltener Komplikationen Unter den operierten Patienten traten erwartungsgemäß deutlich häufiger Infektionen und Wundprobleme auf (10% gegenüber 1%); dafür kam es nach Versorgung mit CCC-Technik häufiger zu einer röntgenologisch feststellbaren Malunion im Gipsverband (15% gegenüber 3%). Bei Letzterer handelte es sich am häufigsten um eine Verschiebung des Talus mit Entstehung einer Diastase. Weder hinsichtlich Lebensqualität noch in Bezug auf Schmerzen gab es nennenswerte Unterschiede zwischen den beiden Gruppen. Das galt auch für die Mobilität – untersucht im Timed-up-and-Go-Test – und für die Zufriedenheit der Patienten mit der Versorgung. Insgesamt wurde bei 19% der Patienten aus der Casting-Gruppe im Nachhinein doch noch eine interne Fixation erforderlich. Bei 4% der CCC-Patienten musste nach erneutem Einrichten des Bruchs ein zweiter Gipsverband angelegt werden. Auf der Grundlage ihrer Daten sehen die Studienautoren im Close-Contact-Casting eine angemessene Alternative zur Knöchel-Op., die vor allem bei Senioren jenseits der 60 erwogen werden sollte (das Durchschnittsalter in der Studie lag bei 71 Jahren). In dieser Altersgruppe, so Willett und sein Team, stellten sich weniger körperliche Anforderungen als bei jüngeren Patienten, die Knochenqualität sei geringer und die Anfälligkeit für Komplikationen wie Wundheilungsstörung und Implantatlockerung größer. Wie wichtig ist die exakte Kongruenz? Dass sich die Reduktion offenbar schlechter aufrechterhalten ließ als nach einer Op., schlägt negativ zu Buche. Aber angesichts der zufriedenstellenden klinischen Ergebnisse, so die Forscher, müsse man sich fragen, ob es wirklich auf eine exakte Kongruenz der Gelenke ankomme. In einem Kommentar zur Studie fordert Dr. David W. Sanders von der Western University in Ontario weitere Studien, um zu klären, welche Patienten längerfristig von der neuen Gipstechnik profitieren und welche man besser operieren sollte. Es gebe Studien, so der Experte, die gezeigt hätten, dass schon geringe Abweichungen des Talus relativ zur Tibia die Kräfte, die im Sprunggelenk wirken, maßgeblich verändern könnten. Hier bestehe letztlich die Gefahr einer posttraumatischen Arthrose.

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