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Erschienen in:

15.05.2012 | Im Fokus / In Focus

Stabile pflanzliche Nahrungsmittelallergene: Speicherproteine

Serie Molekulare Allergologie – Teil 8

verfasst von: Dr. Christian Radauer, Dr. Jörg Kleine-Tebbe, Dr. Kirsten Beyer

Erschienen in: Allergo Journal | Ausgabe 3/2012

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Auszug

Funktion und Eigenschaften: Speicherproteine werden in Pflanzensamen als Energie- und Nährstoffspeicher gebildet, um den Keimling bis zur Ausbildung von Wurzeln und Blättern zu versorgen. Diese biochemische Funktion erklärt viele der Eigenschaften dieser Proteingruppe.
  • Menge: Samen enthalten einen Proteinanteil zwischen 10 % (Getreide) und 40 % (manche Hülsenfrüchte und Ölsaaten) der Trockenmasse [8]. Speicherproteine machen dabei einen Großteil des Gesamtproteins aus. Daher können sensibilisierte Patienten bereits beim Kontakt mit extrem kleinen Mengen des entsprechenden Nahrungsmittels mit allergischen Symptomen reagieren. In Studien reagierten manche Patienten nach placebokontrollierter Doppelblind-Provokation bereits auf 0,1 mg Erdnuss- bzw. 0,5 mg Lupinenmehl [6]. Solche winzigen Mengen findet man oft als Zusätze oder Verunreinigungen in verarbeiteten Nahrungsmitteln. Diese so genannten versteckten Allergene stellen eine zusätzliche Gefahr für Allergiker dar, die auf diese Allergenquellen mit schweren Symptomen reagieren können.

  • Stabilität: Pflanzensamen bleiben oft jahrelang keimfähig und überleben selbst ungünstige Umweltbedingungen. Ein Grund dafür ist die hohe Stabilität der Speicherproteine. Erhitzen und andere Methoden der Lebensmittelverarbeitung haben nur geringen Einfluss auf die allergene Aktivität der Speicherproteine in Hülsenfrüchten, Nüssen und Samen. Ein Extrembeispiel ist die Erdnuss, deren Allergenität beim trockenen Rösten durch Bildung stabiler Aggregate sogar erhöht wird [1]. Speicherproteine werden aufgrund ihrer Stabilität im Magen nur teilweise verdaut, sodass immunologisch aktive Allergene den Dünndarm und den Blutkreislauf erreichen können. Patienten mit einer Allergie auf Speicherproteine von Hülsenfrüchten, Nüssen oder Samen reagieren daher häufig mit systemischen Symptomen bis hin zur lebensbedrohlichen Anaphylaxie.

  • Allergene Aktivität: Die wichtigste Gruppe von Allergenen unter den Speicherproteinen sind die 2S-Albumine. Sie besitzen großes Sensibilisierungspotenzial und eine extrem hohe Stabilität gegen Erhitzen und gastrointestinale Verdauung [10]. 2S-Albumine zeigen große Unterschiede hinsichtlich ihres allergenen Potenzials: Während Ara h 2 aus der Erdnuss eines der potentesten Allergene überhaupt ist, verfügen 2S-Albumine aus der Sojabohne über eine geringere Allergenität [4].

Literatur
  1. Beyer K, Morrow E, Li XM, Bardina L, Bannon GA, Burks AW, Sampson HA, Effects of cooking methods on peanut allergenicity. J Allergy Clin Immunol 2001; 107: 1077–81PubMedView Article
  2. Flinterman AE, Knol EF, Lencer DA, Bardina L, den Hartog Jager CF, Lin J, Pasmans SG, Bruijnzeel-Koomen CA, Sampson HA, van Hoffen E, Shreffler WG, Peanut epitopes for IgE and IgG4 in peanut-sensitized children in relation to severity of peanut allergy. J Allergy Clin Immunol 2008; 121: 737–43 e10PubMedView Article
  3. Kleine-Tebbe J, Ballmer-Weber B, Breiteneder H, Vieths S. Bet v 1 und Homologe–Verursacher der Baumpollenallergie und birkenpollenassoziierter Kreuzreaktionen. Allergo J 2010; 19: 462–3
  4. Lin J, Shewry PR, Archer DB, Beyer K, Niggemann B, Haas H, Wilson P, Alcocer MJ, The potential allergenicity of two 2S albumins from soybean (Glycine max): a protein microarray approach. Int Arch Allergy Immunol 2006; 141: 91–102.PubMedView Article
  5. Nicolaou N, Custovic A, Molecular diagnosis of peanut and legume allergy. Curr Opin Allergy Clin Immunol 2011; 11: 222–8PubMedView Article
  6. Peeters KA, Koppelman SJ, Penninks AH, Lebens A, Bruijnzeel-Koomen CA, Hefle SL, Taylor SL, van Hoffen E, Knulst AC, Clinical relevance of sensitization to lupine in peanut-sensitized adults. Allergy 2009; 64: 549–55PubMedView Article
  7. Petersen A, Scheurer S. Stabile pflanzliche Nahrungsmittelallergene: Lipid-Transfer-Proteine. Allergo J 2011; 20: 384–6
  8. Shewry PR, Napier JA, Tatham AS, Seed Storage Proteins–Structures and Biosynthesis. Plant Cell 1995; 7: 945–56PubMedView Article
  9. Sicherer SH, Clinical implications of cross-reactive food allergens. J Allergy Clin Immunol 2001; 108: 881–90PubMedView Article
  10. Vissers YM, Blanc F, Skov PS, Johnson PE, Rigby NM, Przybylski-Nicaise L, Bernard H, Wal JM, Ballmer-Weber B, Zuidmeer-Jongejan L, Szepfalusi Z, Ruinemans-Koerts J, Jansen AP, Savelkoul HF, Wichers HJ, Mackie AR, Mills CE, Adel-Patient K, Effect of heating and glycation on the allergenicity of 2S albumins (Ara h 2/6) from peanut. PLoS One 2011; 6: e23998PubMedView Article
Metadaten
Titel
Stabile pflanzliche Nahrungsmittelallergene: Speicherproteine
Serie Molekulare Allergologie – Teil 8
verfasst von
Dr. Christian Radauer
Dr. Jörg Kleine-Tebbe
Dr. Kirsten Beyer
Publikationsdatum
15.05.2012
Verlag
Urban and Vogel
Erschienen in
Allergo Journal / Ausgabe 3/2012
Print ISSN: 0941-8849
Elektronische ISSN: 2195-6405
DOI
https://doi.org/10.1007/s15007-012-0075-y

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