Gewinnung und Aufbewahrung von abgepumpter Muttermilch
Stellungnahme der Nationalen Stillkommission zum Umgang mit Muttermilch für das gesunde, eigene Kind zu Hause
- Open Access
- 11.04.2025
- Stillen, Säuglingsnahrung, Beikost
- Konsensuspapiere
Zusammenfassung
1. Einführung
Es gibt planbare, aber auch unvorhergesehene Situationen, in denen der gestillte Säugling nicht an der Brust trinken kann. Für solche Fälle ist es hilfreich, wenn Stillende wissen, wie sie ihre Milch für mehr oder weniger lange Zeit gewinnen und aufbewahren können.
Um den besonderen biologischen Wert der Muttermilch nicht zu beeinträchtigen, sollten alle Handlungen zur Bereitstellung von hygienisch einwandfreier Muttermilch auf grundlegend notwendige Maßnahmen beschränkt bleiben.
Anzeige
Die vorliegenden Empfehlungen geben Stillenden und in der Stillberatung tätigen Personen Hinweise, wie Muttermilch sicher gesammelt und für den späteren Gebrauch zu Hause oder unterwegs aufbewahrt werden kann. Sie orientieren sich an bisherigen Veröffentlichungen zu dem Thema und berücksichtigen auch internationale Empfehlungen, insbesondere die des Klinischen Protokolls Nr. 8 der Academy for Breastfeeding Medicine [2, 7, 12]. Relevante Definitionen sind in Tab. 1 dargestellt.
Muttermilch | Milch, die der Ernährung des eigenen Kindes dient (sowie zusätzliche Funktionen, wie Stärkung der Immunabwehr, hat) |
Frauenmilch oder Spenderinnenmilch | Milch stammend von Stillenden, die nicht die leiblichen Mütter der Empfängerinnen und Empfänger sind |
Tiefgefrorene Muttermilch | Milch, die ohne (roh) oder nach Hitzebehandlung (z. B. Pasteurisieren) tiefgekühlt (−18 °C) aufbewahrt wird |
Die in dieser Stellungnahme aufgeführten Hinweise sind ausschließlich für die Anwendung bei der Sammlung und Aufbewahrung von Muttermilch für das gesunde, eigene Kind gedacht. Im Umgang mit Spenderinnenmilch gibt es einige Besonderheiten, die in der Leitlinie „Einsatz und Behandlung von eigener und gespendeter Muttermilch in der Neonatologie“, die derzeit erstellt wird, dargestellt werden [3].
Für den Umgang mit Muttermilch in der Kindertagesbetreuung hat die Nationale Stillkommission die entsprechenden Empfehlungen in dem Informationsblatt „Umgang mit Muttermilch in der Kindertagesstätte und Kindertagespflege“ [37] zusammengefasst.
2. Sammlung der Muttermilch
2.1 Vorbereitung für die Aufbewahrung von Muttermilch
Empfehlung.
Fachpersonal, das Stillende betreut, kann bei der Vorbereitung zu Gewinnung und Aufbewahrung von Muttermilch beraten.
Erläuterungen.
Hebammen, Personal der Wochenbett- und Kinderstationen, Stillberaterinnen und auch stillfreundliche Apotheken können praktische Hilfe leisten.
Die Anwendung von Händedesinfektionsmitteln reduziert den Keimgehalt der abgepumpten Milch nicht [39].
Seife trocknet die Haut der Brust aus und kann zu wunden Brustwarzen und Rhagaden (Einrissen) führen [16].
2.2. Die Ausstattung
2.2.1 Milchpumpen
Empfehlung.
Es gibt drei Möglichkeiten, um Muttermilch zu sammeln: Gewinnen der Milch per Hand, Abpumpen mit einer elektrischen Pumpe oder mit einer Handpumpe [23].
Hygienisch einwandfreie elektrische Milchpumpen können in Apotheken und Sanitätshäusern ausgeliehen werden.
Außer Haus, z. B. auf Reisen, sind gute mechanische Handpumpen oder akkubetriebene Milchpumpen zu empfehlen.
Erläuterungen.
Zwischen Handentleerung und Abpumpen scheint es keinen Unterschied bezüglich Verunreinigungen der Milch zu geben, wenn die Empfehlungen zur Handhygiene und die Anweisungen der Hersteller zur Reinigung der Milchpumpen und des Zubehörs beachtet werden [5, 6, 16].
Im Krankheitsfall von Mutter oder Kind übernimmt die Krankenkasse die Kosten einer elektrischen Muttermilchpumpe, wenn auf dem ärztlichen Rezept eine entsprechende Diagnose vermerkt ist [6].
2.2.2 Sammelgefäße
a) Flaschen aus Glas
Empfehlung.
Wird Muttermilch in Glasflaschen eingefroren, sollten diese nicht vollständig gefüllt werden (Luftraum von 2,5 cm). Die leeren, sauberen Flaschen sollten im Kühlschrank aufbewahrt werden.
Erläuterungen.
Milch dehnt sich während des Gefriervorgangs aus, und das Behältnis kann bei vollständig gefüllten Flaschen beschädigt werden [32].
b) Flaschen aus Kunststoff
Empfehlung.
Kunststoffflaschen sind bruchsicher, deshalb auch zum Tieffrieren geeignet. Es sollten Behältnisse verwendet werden, die für die Aufbewahrung von Säuglings‑/Kleinkindnahrung vorgesehen sind, da so sichergestellt ist, dass die Kunststoffflaschen aus einem geeigneten Material, das keine gesundheitsgefährdenden Stoffe in die Muttermilch abgibt, sind.
In Europa ist z. B. die Verwendung von Bisphenol A (BPA) für die Herstellung von Trinkgefäßen und Flaschen für Säuglinge und Kleinkinder verboten. Geeignete, BPA-freie Materialien sind u. a. Polypropylen (PP), Polyethylen (PE) oder Polyethylenterephthalat (PET). Diese sind für den Verbraucher an ihrem jeweiligen Recyclingcode (01, 02 oder 05) zu erkennen.
Erläuterungen.
Die Verordnung (EU) Nr. 10/2011 regelt die Verwendung von Stoffen zur Herstellung von Lebensmittelkontaktmaterialien aus Kunststoff, basierend auf gesundheitlichen Risikobewertungen. Bisphenol A kann u. a. als endokrin wirksame Substanz schädliche Auswirkungen haben [11, 13]. Auch wenn die relevanten Dosen nach aktuellem Wissensstand deutlich höher sind, wurde aus vorbeugendem Verbraucherschutz die genannte Verwendung für Kleinkinder und Säuglinge verboten. PE, PP und PET enthalten keine Bisphenole und darüber hinaus auch keine Weichmacher wie z. B. Phthalate.
c) Muttermilchbeutel
Empfehlung.
Beutel mit Muttermilch sollten stabil, gut verschlossen und in einem vor mechanischer Beschädigung geschützten Bereich gelagert werden [22].
Erläuterungen.
Die Verwendung von Milchbeuteln spart Platz im Tiefkühlschrank. Haushaltsübliche Eisbeutel oder Tiefkühlbeutel sind nicht geeignet, weil sie nicht vorsterilisiert sind. Spezielle Muttermilchbeutel bestehen meist aus unbedenklichem Polypropylen (PP; s. Abschn. 2.2.2b).
d) Weiteres
Empfehlung.
Diverse andere im Haushalt anfallende Gefäße (z. B. Marmeladengläser) sollten nicht verwendet werden – ebenso wenig Probenbehälter, die für Urin oder andere Körperflüssigkeiten im Krankenhaus verwendet werden [12].
Erläuterungen.
Zweckfremde Haushaltsgefäße können nicht adäquat gesäubert werden. Für Probenbehälter aus dem Krankenhaus gibt es keine ausreichenden Beweise für die chemische Sicherheit und Auswirkungen auf die Gesundheit von Säuglingen [12].
2.3 Die Milchgewinnung
2.3.1 Milchgewinnung durch Handentleeren
Empfehlung.
Jede Stillende sollte die Milchgewinnung von Hand erlernen. Sie muss wissen, wie sie sich helfen kann, wenn keine Pumpe zur Verfügung steht.
Erläuterungen.
Hebammen, Stillberaterinnen und Stillberater können beim Erlernen behilflich sein.
Nach einer leichten Brustmassage formt die Mutter mit ihrem Daumen und Zeigefinger ein „C“, das etwa 2–3 cm hinter der Basis der Brustwarze liegt. Sie drückt die Finger in Richtung Brustkorb, spreizt sie dabei jedoch nicht. Dann führt sie die Finger vom Brustkorb weg zusammen, ohne auf der Haut zu verschieben und löst den Druck. Diesen Bewegungsablauf wiederholt sie ein paar Mal rhythmisch. Danach werden Daumen und Finger erneut um die Brustwarze an eine neue Stelle gesetzt [31, 40].
2.3.2 Der Abpumpvorgang
Empfehlung.
Bei Benutzung der elektrischen Milchpumpe sollte mit dem geringsten Sog begonnen und dieser schrittweise erhöht werden.
Ein Pumpentrichter von passender Größe sollte mittig auf die Brustwarzenregion aufgesetzt werden.
Es ist empfehlenswert, dass die Milch in geschätzten mahlzeitgerechten Portionen abgefüllt wird [10]. Die Milch sollte möglichst direkt in das Gefäß abgepumpt werden, in dem sie auch aufbewahrt wird. Die Muttermilchflaschen bzw. -beutel sollten mit dem Gewinnungsdatum wischfest beschriftet werden.
Nach jeder Milchgewinnung sollte eine neue Stilleinlage verwendet werden [31].
Erläuterungen.
Das gleichzeitige Abpumpen beider Brüste mit einem Doppelpumpset steigert die Milchmenge und spart Zeit [30].
Wenn die innere Öffnung des Pumpentrichters zu eng für die Brustwarze ist, kann es zu Wundreiben kommen; wenn sie zu weit ist, zu ineffektivem Pumpen [42].
Beim Umschütten kann es leicht zur sekundären Kontamination der Milch kommen. Zudem besteht das Risiko der Veränderung der Inhaltsstoffe der Muttermilch durch Anheften an der Gefäßwand. Es gibt unterschiedliche Aussagen zur Beeinflussung von lebenden Zellen, Fett und Immunglobulin A (IgA) der Muttermilch durch Anheftung am Sammelgefäß. Einige Studien ergaben einen Verlust von Leukozyten durch Adhäsion in Glasflaschen, was von anderen Autoren jedoch nicht bestätigt wird [4, 15, 20, 28, 43].
3. Reinigung der Muttermilchflaschen und Pumpenteile
Empfehlung.
Muttermilchflaschen und Pumpenset müssen in ihre Einzelteile zerlegt werden. Alle Teile mit Milchkontakt sollten zeitnah mit Spülmittel und heißem Wasser in Trinkwasserqualität gereinigt, danach unter fließendem Wasser abgespült und mit Papierhandtüchern oder an der Luft getrocknet werden. Die Flaschen sind anschließend mit einem sauberen, trockenen Tuch abzudecken [9, 23].
Anzeige
Erläuterung.
Bei der Reinigung sind unbedingt die Hinweise der Hersteller zu beachten [6].
Eine Sterilisation ist nicht erforderlich.
Chemische Desinfektionsmittel sind wegen Desinfektionsmittelresten und/oder unsauberen Behältnissen risikoreich [29]. Nach dem Reinigen kann jedoch eine Art Dampfdesinfektion in entsprechenden Beuteln in der Mikrowelle oder in einem Vaporisator vorgenommen werden.
4. Aufbewahrung und Transport der Muttermilch
4.1 Gekühlt
Empfehlung.
Die Milch sollte nach dem Abpumpen unverzüglich gekühlt werden und nur so kurz wie möglich bei Raumtemperatur stehen [27]. Sie sollte bei 4 bis 6 °C gelagert und innerhalb von 4 Tagen verbraucht werden ([12, 14]; Tab. 2).
Tab. 2
Aufbewahrung von Muttermilch im Privathaushalt
Zustand der Muttermilch | Lagertemperatur | Lagerfrist | Bemerkungen |
|---|---|---|---|
Frisch | 4 bis 6 °C | 4 Tage | Empfehlung: bis 4 Tage, Lagerung im hinteren Teil des Kühlschranks nahe dem Kühlaggregat |
Raumtemperatur: 15 bis 25 °C | 6 bis 8 h | ||
Kühltasche (Styroporbox) mit Kühlelementen: 15 °C oder kälter, optimal: 4 bis 6 °C bei Vorkühlung der Milch | Max. 24 h | Bei Transport: Kühlkette nicht unterbrechen [12]; Kühltasche (Styroporbox) nicht öffnen | |
Tiefgefroren | −18 °C oder kälter | 6 (bis 12) Monate | Separates Tiefkühlgerät [26] Empfehlung: bis 6 Monate (bis 12 Monate akzeptabel) |
−15 °C | 2 Wochen | Gefrierfach eines Kühlschrankes [26] |
Es wird empfohlen, die Muttermilchflaschen im kältesten Bereich des Kühlschrankes an der rückwärtigen Wand, nahe dem Kühlaggregat aufzubewahren, um die Milch vor Temperaturschwankungen zu schützen. Die Kühlschranktür und oberen Bereiche des Kühlschranks sind für die Aufbewahrung ungeeignet [10, 33].
Erläuterungen.
Unter fließend kaltem Wasser wird der Milchflasche die Körperwärme entzogen [12]. Die bakterizide Fähigkeit frischer, kühl gelagerter Muttermilch nimmt nach etwa 3 Tagen ab [21].
Internationale (insbesondere amerikanische) Empfehlungen zur Kühlschranktemperatur gehen standardmäßig von ca. 4 °C aus. In Deutschland sind jedoch höhere Temperaturen die Norm. Das Europäische Energielabel bezieht sich auf den Temperaturbereich 5 bis 7 °C.
Die hier angegebene Empfehlung von 4 °C- bis 6 °C-Kühllagerung von Muttermilch ist ausreichend [14] und in den handelsüblichen Kühlschränken in Haushalt, Kita und am Arbeitsplatz zu erreichen.
Der kälteste Bereich des Kühlschranks (ca. 4 bis 6 °C) befindet sich an der Rückwand des Kühlschranks im unteren bis mittleren Bereich. Der obere Bereich des Kühlschranks und die Kühlschranktüren weisen meist wärmere Temperaturen auf [41]. Bei häufigem Öffnen des Kühlschranks schwankt die Temperatur im Kühlschrank stark [10, 33].
4.2 Ungekühlt
Empfehlung.
Bei fehlender Kühlmöglichkeit (z. B. Stromausfall, Arbeiten, Reisen) sollte die Muttermilch – je nach Umgebungstemperatur – umgehend verfüttert werden.
Empfehlung.
Zur tolerablen ungekühlten Standzeit gibt es in der Literatur unterschiedliche Angaben in Abhängigkeit von der Umgebungstemperatur und den Bedingungen der Milchgewinnung. Steht frische Muttermilch bei Raumtemperatur (15 bis 25 °C), tritt wegen ihrer antiinfektiösen Potenz eine Keimvermehrung nach 4 bis zu ca. 8 h auf [17, 36]; bei höheren Umgebungstemperaturen vermehren sich die Keime schneller. Bei sehr sauber gewonnener Milch und Temperaturen zwischen 15 und 25 °C können 6 bis 8 h tolerabel sein ([12, 21, 33]; Tab. 2). Bei 25 bis 32 °C werden maximal 4 h als Grenze angegeben [10, 23, 27].
4.3 Transport
Empfehlung.
Frische Muttermilch sollte bei 4 bis 6 °C transportiert werden [23, 33]. Um ein Keimwachstum zu verhindern, sollte die Kühlkette während eines Transportes nicht unterbrochen werden (Tab. 2).
Die gekühlten Flaschen mit frischer Muttermilch sollten aufrecht stehend in der Kühltasche (Styroporbox) mit dazwischen gelegten Kühlelementen transportiert werden. Um das Bakterienwachstum gering zu halten, sollte unbedingt eine gut isolierende Kühltasche verwendet werden. Bei der Verwendung von Glasflaschen ist es empfehlenswert, diese wegen der Bruchgefahr zusätzlich einzeln zu umwickeln.
Erläuterungen.
Eine noch bessere Isolierung als mit der Kühltasche kann bei längeren Transportstrecken (Reisen, Arbeitsplatz) mit Styroporboxen und Kühlelementen erreicht werden. Wenn die Kühlkette nicht unterbrochen wird, kann die Milch darin bis zu 24 h bei Temperaturen von 15 °C oder kälter gehalten werden (Tab. 2; [10, 12, 24]).
4.4 Tiefgefroren
Empfehlung.
Ist absehbar, dass die Muttermilch nicht innerhalb bis zu 4 Tagen verbraucht wird, sollte sie sofort zur Bevorratung tiefgekühlt werden (−18 °C oder kälter) [10]. Es gibt zwei Möglichkeiten des Einfrierens:
1.
Für die Verwendung zu Hause kann gekühlte flüssige Muttermilch zu einer Flasche mit schon gefrorener Muttermilch hinzugegeben werden, vorausgesetzt, dass die Flasche sofort wieder in den Tiefkühlschrank kommt.
2.
Muttermilch, die innerhalb von 24 h gesammelt wird, kann in dieser Zeit bei 4 bis 6 °C aufbewahrt werden und sollte dann eingefroren werden.
Muttermilch kann im gefrorenen Zustand bis zu 6 Monate (bis zu 12 Monate akzeptabel) aufbewahrt werden ([5]; Tab. 2).
Tiefgefrorene Milch sollte unterwegs nicht auftauen. Aufgetaute Milch sollte nicht wieder eingefroren werden (Tab. 3).
Tab. 3
Auftauen der Muttermilch
Zustand der Muttermilch | Lagertemperatur | Lagerfrist | Bemerkungen |
|---|---|---|---|
Auftauen | Im Kühlschrank: bei 4 bis 6 °C | Über 12 h hinweg | Schonendste Auftaumöglichkeit |
Bei Raumtemperatur: 15 bis 25 °C | Bis zum aufgetauten Zustand: über 1 bis 4 h hinweg | – | |
Unter fließendem kalten oder lauwarmen Wasser (bis max. 37 °C) | – | Schnelle Auftaumöglichkeit, innerhalb von 2 h zu verbrauchen | |
Nach dem Auftauen | 4 bis 6 °C | Aufgetaute Milch bis zum Verbrauch im Kühlschrank aufbewahren; nach dem Auftauen nicht erneut einfrieren [33] | |
Raumtemperatur: 15 bis 25 °C | 2 h |
Erläuterungen.
Nur Gefrierschränke mit 4‑Sterne-Kältefächern oder separate Tiefkühlgeräte sind ausreichend für längere Gefrierlagerung (über 2 Wochen). Die Gefrierfächer im Kühlschrank (−15 °C) sind lediglich geeignet für eine Aufbewahrung von maximal 2 Wochen ([26]; Tab. 2).
Lagerung bei −18 °C oder kälter für 6 Monate ist empfohlen und bis 12 Monate akzeptabel [10].
Geruch oder Geschmack von gekühlter oder gefrorener Muttermilch kann sich durch Oxidation der Fettsäuren, die eine antimikrobielle Wirkung haben, verändern; dies wird von den Säuglingen jedoch meist akzeptiert [35].
Bei Tiefgefrierlagerung über 3 Monate zeigt sich eine gewisse Hydrolyse der Lipide, die sich in einem leicht seifigen Geschmack der Muttermilch, der von den Kindern (jünger als 3 Monate) jedoch toleriert wird, bemerkbar macht [20]. In einer Studie blieben nach 9 Monaten Makronährstoffe, immunaktive Eiweiße und die Osmolalität unverändert [1].
Tiefgefrorene Milch kann in gut isolierenden Behältern mit Trockeneis über längere Strecken transportiert werden [10].
5. Vorbereitung der Muttermilch zur Fütterung
Empfehlung.
Muttermilchflaschen sollten bei jedem Schritt der Milchgewinnung, Aufbewahrung und bei der Nahrungsgabe sauber behandelt werden, um das Risiko der Sekundärverunreinigung zu reduzieren.
Erläuterungen.
Frische Muttermilch ist immer zu bevorzugen, da sie im Vergleich zu gekühlter oder gefrorener Muttermilch neben dem höchsten Gehalt an verschiedenen Nährstoffen auch eine höhere immunologische Aktivität hat [12]. Eine Gefrierlagerung führt unabhängig von der Temperatur zu einem Abbau der immunologischen Komponenten der Muttermilch, die Schutz vor Kontamination bieten [8].
5.1 Auftauen
Empfehlung.
Gefrorene Muttermilch sollte schonend aufgetaut werden (Tab. 3).
Das Auftauen empfiehlt sich entweder:
Die Milch kann auch schneller unter fließendem kalten oder lauwarmen (bis max. 37 °C) Wasser aufgetaut werden [18] und ist danach innerhalb von 2 h zu verbrauchen.
Ist die Milch aufgetaut, sollte sie generell sofort bis zum Verbrauch im Kühlschrank aufbewahrt werden.
Aufgetaute Muttermilch kann für 2 Tage bei 4 bis 6 °C im hinteren, unteren bis mittleren Bereich des Kühlschranks aufbewahrt werden. Sie sollte jedoch nicht länger als 2 h bei Raumtemperatur (15 bis 25 °C) stehen (Tab. 3).
Erläuterungen.
Muttermilch darf nicht in der Mikrowelle aufgetaut werden, da das den IgA- und Lysozym-Spiegel in der Milch signifikant reduziert und somit die Hemmung des Bakterienwachstums beeinträchtigt (z. B. E.-coli-Bakterien) [27]. Außerdem ist die Erwärmung in der Mikrowelle nicht gleichmäßig und erzeugt „heiße Inseln“, die neben der Zerstörung von wertvollen Inhaltsstoffen auch Verbrühungsgefahr für das Kind bedeuten [9].
Wenn aufgetaute Milch nicht sehr sorgfältig behandelt wird, kann es zu einer Sekundärkontamination kommen [18].
5.2 Erwärmen
Empfehlung.
Falls nötig, sollte die Muttermilchflasche schonend mit lauwarmem Wasser (bis max. 37 °C) erwärmt werden, entweder unter fließendem Wasser, in einem Gefäß (Wasserbad) oder im Flaschenwärmer (keine Mikrowelle!). Es wird eine Anwärmzeit von 15 bis 20 min empfohlen [12]. Dabei sollte die Flasche leicht geschwenkt werden, um das evtl. aufgerahmte Fett zu verteilen [12, 18].
Erläuterungen.
Säuglinge trinken Muttermilch gern körperwarm, aber auch bei Zimmertemperatur [12]. Hitzeeinwirkung (> 37 °C) zerstört wertvolle Bestandteile [12]. Da es zu Bakterienwachstum kommen kann, muss ein Flaschenwärmer jeden Tag gereinigt werden.
Durch das Saugerloch der Flasche wird die Muttermilch mit der Mundflora des Kindes kontaminiert; dies bildet einen idealen Nährboden für das Keimwachstum [12]. Daher sind Reste nach dem Verfüttern zeitnah zu verwerfen.
6. Fazit für die Praxis
-
Aufbewahrung und Transport
-
Frische Muttermilch wird bei 4 bis 6 °C gelagert (und transportiert) und sollte innerhalb von 4 Tagen verbraucht sein. Sie sollte im hinteren, unteren bis mittleren Bereich des Kühlschranks gelagert werden.
-
Ist keine Kühlmöglichkeit vorhanden, sollte Muttermilch möglichst unverzüglich verfüttert werden. Bei sehr sauber gewonnener Muttermilch ist eine Standzeit von 6 bis 8 h bei einer Temperatur von 15 bis 25 °C tolerabel.
-
Ist absehbar, dass die Muttermilch nicht innerhalb bis zu 4 Tagen verbraucht wird, sollte sie sofort zur Bevorratung bei −18 °C oder kälter für 6 Monate (optimal) bis max. 12 Monate (akzeptabel) tiefgefroren werden.
-
Während des Transportes der Muttermilch ist für eine lückenlose Kühlkette zu sorgen (Kühltasche oder Styroporbox mit Kühlelementen).
-
-
Vorbereitung der Muttermilchfütterung
-
Muttermilchflaschen sind bei jedem Schritt der Milchgewinnung, Aufbewahrung und bei der Fütterung sauber zu behandeln, um das Risiko der Sekundärkontamination zu reduzieren.
-
Gefrorene Muttermilch ist schonend und langsam (über 12 h im Kühlschrank) oder bei Raumtemperatur (über 1 bis 4 h) aufzutauen. Bei raschem Bedarf wird Muttermilch unter fließendem lauwarmem Wasser (bis max. 37 °C) aufgetaut (keine Mikrowelle verwenden!).
-
Aufgetaute Muttermilch kann im Kühlschrank (4 bis 6 °C) für 2 Tage aufbewahrt werden. Sie darf nicht wieder eingefroren werden.
-
Muttermilch muss für die Gabe an das Kind nicht zwingend erwärmt werden. Wenn gewünscht, wird sie schonend unter fließendem warmen Wasser auf Körpertemperatur (max. 37 °C) gebracht (keine Mikrowelle verwenden!). Reste einer Muttermilchmahlzeit werden spätestens nach 2 h verworfen.
-
Die schonende Kühllagerung bei 4 bis 6 °C (im hinteren, unteren bis mittleren Bereich des Kühlschranks) sollte angestrebt werden, da jede Behandlung der Muttermilch (Kälte, Hitze) zum Verlust biologisch wirksamer Bestandteile führt.
-
Anzeige
Mitglieder der Nationalen Stillkommission (Berufungsperiode: 01.02.2024–31.01.2027)
Prof. Dr. med. Michael Abou Dakn (Berlin); PD Dr. med. Klaus Abraham (Berlin); Dr. Monika Berns (Berlin); Denise Both (Füssen-Weißensee); Prof. Dr. med. Regina Ensenauer (Vorsitzende der Kommission, Karlsruhe); Dr. med. Ulrike Gitmans (Rhauderfehn); Dr. phil. Claudia Hellmers (Osnabrück); Simone Martina Hock (Freiburg); Dr. med. Cornelia Hösemann (Großpösna); Dr. med. Thomas Kauth (Ludwigsburg); Dr. med. Dieter Knöbl (Karlsruhe); PD Dr. med. Angela Kribs (Köln); Prof. Dr. med. Alfred Längler (Sprecher der Kommission, Herdecke); Simone Lehwald (Emmerthal-Börry); Prof. Dr. oec. troph. Lars Libuda (Paderborn); Dr. med. Maike Manz (Datteln); Prof. Dr. med. Eva Mildenberger (Mainz); Elien Rouw (Bühl); Aleyd von Gartzen (Hannover); Dr. med. Stefan Weichert (Mannheim).
Danksagung
Die Autoren danken Dr. Anna-Kristin Brettschneider für die inhaltliche Prüfung und Mitarbeit bei der Revision der Stellungnahme.
Die Nationale Stillkommission dankt Frau Dr. Skadi Springer für 30 Jahre ehrenamtliches Engagement als Mitglied der Stillkommission und ihren außerordentlichen Einsatz für die Stillförderung.
Einhaltung ethischer Richtlinien
Interessenkonflikt
Die Angaben zum Interessenkonflikt orientieren sich am Formular des International Committee of Medical Journal Editors (ICMJE). S. Springer hat keinerlei Unterstützung für das vorliegende Manuskript erhalten. Sie erklärt, dass für die letzten 36 Monate keinerlei Beziehungen, Tätigkeiten und Interessen, die mit dem Inhalt des Manuskripts im Zusammenhang stehen, offenzulegen sind. M. Berns hat keinerlei Unterstützung für das vorliegende Manuskript erhalten. Sie erklärt, dass für die letzten 36 Monate keinerlei Beziehungen, Tätigkeiten und Interessen, die mit dem Inhalt des Manuskripts im Zusammenhang stehen, offenzulegen sind. E. Mildenberger hat keinerlei Unterstützung für das vorliegende Manuskript erhalten. In den letzten 36 Monaten erhielt sie Zuschüsse oder Verträge (Grant from the Chorzempa Family Foundation to the Mainz University Medical Center, Johannes Gutenberg University Mainz: Grant to employ lactation consultants; Funding of the Neo-MILK-Study, Received by the Mainz University Medical Center, Johannes Gutenberg University Mainz) und Bezahlung oder Honorare für Bildungsveranstaltungen (Chair at a scientific symposium; Chiesi Company). Sie ist Schatzmeisterin der Deutschen Gesellschaft für Perinatale Medizin. E. Rouw hat keinerlei Unterstützung für das vorliegende Manuskript erhalten. In den letzten 36 Monaten erhielt sie Bezahlung oder Honorare für Vorträge, Präsentationen, Referentenbüros, Manuskripterstellung oder Bildungsveranstaltungen (Mitautorin des Buches Gesund Essen von Anfang an – GU Verlag; Online-Webinare Akademie Ottenstein zum Stillen; Stillkurs Bensberg). Sie ist Präsidentin der Academy of Breastfeeding Medicine (ehrenamtlich). Als Gesellschafterin des Deutschen Ausbildungsinstituts für Stillbegleitung erhielt sie Honorare für Stillkurse. A. von Gartzen hat keinerlei Unterstützung für das vorliegende Manuskript erhalten. In den letzten 36 Monaten erhielt sie Bezahlung oder Honorare für Vorträge, Präsentationen, Referentenbüros, Manuskripterstellung oder Bildungsveranstaltungen (Stillkongress 2023 in Berlin, Reisekosten, Honorar für Vortrag + Manuskript + Moderation) und Unterstützung bei der Teilnahme an Meetings und/oder Reisen (Akteursnetzwerk Stillförderung: Reisekosten; Neo-MILK: Reisekosten). Sie bekleidet eine Führungs- oder Treuhandrolle in: Nationale Stillförderung, S. Weichert hat keinerlei Unterstützung für das vorliegende Manuskript erhalten. Er erklärt, dass für die letzten 36 Monate keinerlei Beziehungen, Tätigkeiten und Interessen, die mit dem Inhalt des Manuskripts im Zusammenhang stehen, offenzulegen sind. K. Abraham hat keinerlei Unterstützung für das vorliegende Manuskript erhalten. Er erklärt, dass für die letzten 36 Monate keinerlei Beziehungen, Tätigkeiten und Interessen, die mit dem Inhalt des Manuskripts im Zusammenhang stehen, offenzulegen sind. C. Hösemann hat keinerlei Unterstützung für das vorliegende Manuskript erhalten. Sie erklärt, dass für die letzten 36 Monate keinerlei Beziehungen, Tätigkeiten und Interessen, die mit dem Inhalt des Manuskripts im Zusammenhang stehen, offenzulegen sind. A. Damms hat keinerlei Unterstützung für das vorliegende Manuskript erhalten. Sie erklärt, dass für die letzten 36 Monate keinerlei Beziehungen, Tätigkeiten und Interessen, die mit dem Inhalt des Manuskripts im Zusammenhang stehen, offenzulegen sind. R. Ensenauer hat keinerlei Unterstützung für das vorliegende Manuskript erhalten. Sie erklärt, dass für die letzten 36 Monate keinerlei Beziehungen, Tätigkeiten und Interessen, die mit dem Inhalt des Manuskripts im Zusammenhang stehen, offenzulegen sind.
Anzeige
Für diesen Beitrag wurden von den Autor/-innen keine Studien an Menschen oder Tieren durchgeführt. Für die aufgeführten Studien gelten die jeweils dort angegebenen ethischen Richtlinien.
Open Access Dieser Artikel wird unter der Creative Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz veröffentlicht, welche die Nutzung, Vervielfältigung, Bearbeitung, Verbreitung und Wiedergabe in jeglichem Medium und Format erlaubt, sofern Sie den/die ursprünglichen Autor(en) und die Quelle ordnungsgemäß nennen, einen Link zur Creative Commons Lizenz beifügen und angeben, ob Änderungen vorgenommen wurden. Die in diesem Artikel enthaltenen Bilder und sonstiges Drittmaterial unterliegen ebenfalls der genannten Creative Commons Lizenz, sofern sich aus der Abbildungslegende nichts anderes ergibt. Sofern das betreffende Material nicht unter der genannten Creative Commons Lizenz steht und die betreffende Handlung nicht nach gesetzlichen Vorschriften erlaubt ist, ist für die oben aufgeführten Weiterverwendungen des Materials die Einwilligung des jeweiligen Rechteinhabers einzuholen. Weitere Details zur Lizenz entnehmen Sie bitte der Lizenzinformation auf http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/deed.de.
Hinweis des Verlags
Der Verlag bleibt in Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutsadressen neutral.