Hintergrund
Frauen in psychosozial und materiell belasteten Lebenslagen stillen seltener und kürzer. Bisher gibt es allerdings kein tiefergehendes Verständnis für die dahinterliegenden Ursachen und Motive.
Ziel der Arbeit
Erstmalige Ermittlung von Lebensrealitäten, Erfahrungen, Bedarfen und Bedürfnissen sowie Wünschen im Kontext von Stillen bei Frauen in belasteten Lebenslagen.
Material und Methoden
Durchführung von zwei leitfadengestützten Fokusgruppendiskussionen (niedriger/mittlerer Sozialstatus und keine/kurze Stilldauer; n = 6 und n = 8). Zusätzliche Durchführung eines Erweiterungsmoduls mit Vergleichsgruppen (16 Telefoninterviews und eine digitale Gruppendiskussion (n = 3)).
Ergebnisse
Mütter in belasteten Lebenslagen weisen eher negativ geprägte Stillerfahrungen auf. Eine externe Stillvorbereitung hat kaum stattgefunden, reale und mediale Vorbilder und Unterstützer*innen sind selten. Objektive Vorteile des Stillens werden vielfach als unzutreffend zurückgewiesen. Die Vergleichsgruppen verfügen i. Allg. über mehr Unterstützer*innen im sozialen und professionellen Umfeld, sind tendenziell offener für fundierte Informationen und äußern sich souveräner im Umgang mit Stillschwierigkeiten oder dem öffentlichen Stillen.
Diskussion
Stillen ist ein emotionales und sensibles Thema. Frauen in belasteten Lebenssituationen sollten bereits in der Schwangerschaft (ggf. auch schon früher) eine umfassende und individuelle Stillberatung und -begleitung erhalten. Das Thema Stillen sollte im gesamten Lebenslauf präsent(er) sein, da eine Stillintention schon sehr früh geprägt wird. Förderlich ist auch ein verstärktes (mediales) Sichtbarmachen von (auch öffentlich) Stillenden. Zudem sollte ein insgesamt stigmasensibler Umgang mit dem Thema Stillen gefördert werden.