13.12.2016 | Suizid | Originalien
Einflussfaktoren auf die Positionierung gegenüber Sterbehilfe
Ergebnisse einer repräsentativen Studie in der Altenbevölkerung
verfasst von:
Mathias Roesinger, Laura Prudlik, Sara Pauli, Ingrid Hendlmeier, Alexander Noyon, Prof. Dr. Martina Schäufele
Erschienen in:
Zeitschrift für Gerontologie und Geriatrie
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Ausgabe 2/2018
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Zusammenfassung
Hintergrund
Ältere Menschen waren bisher keine Zielgruppe von Studien zu Einstellungen gegenüber Sterbehilfe, obwohl sie chronischen Erkrankungen und dem Ende des Lebens am nächsten stehen.
Ziel der Arbeit
Die Haltung der älteren Bevölkerung gegenüber Sterbehilfe und kontrovers diskutierten Argumenten im Kontext von chronischer Erkrankung, Sterbehilfe und Versorgung (z. B. Palliativversorgung) an einer repräsentativen Stichprobe sollte untersucht werden.
Material und Methoden
Die Studie beruht auf der postalischen Befragung einer repräsentativen Zufallsstichprobe von über 65-jährigen Bürgern (n = 3500) einer mittelbadischen Stadt mithilfe eines standardisierten Fragebogens.
Ergebnisse
Es beteiligten sich 1068 Personen (30,5 % Rücklaufquote). Die aktive Sterbehilfe befürworten 74,2 % der Befragten, die Suizidbeihilfe sogar 80,4 %. Eine multiple logistische Regressionsanalyse ergab, dass die Befürwortung mit zunehmender religiöser Glaubensstärke und einem Geburtsort außerhalb der Bundesrepublik Deutschland signifikant abnimmt. Von den Befragten machen sich 53,5 % Sorgen, der eigenen Familie zur Last zu fallen. Personen, die diese Sorge teilen, befürworten beide Sterbehilfeformen signifikant häufiger. Mehr als 40 % der Befragten befürchten, schwer und unheilbar Kranke könnten bei einer Liberalisierung der Sterbehilfe zu einem vorzeitigen Tod gedrängt werden („Slippery-slope“-Argumentation). Diese Befürchtung ist mit einer geringeren Befürwortung von Sterbehilfe verknüpft.
Schlussfolgerung
Die Ergebnisse weisen darauf hin, dass die starke Befürwortung der Legalisierung von Sterbehilfe nicht nur durch den Wunsch nach einem selbstbestimmten Tod motiviert ist, sondern auch durch Befürchtungen und Sorgen. Hieraus resultieren wichtige Implikationen für die Beratung sowie die palliative Behandlung und Pflege.