Erschienen in:
28.11.2016 | Suizid | Leitthema
Sterbehilfe in (Spiel-)Filmen – Was wird (nicht) gezeigt?
verfasst von:
Dr. Kurt W. Schmidt
Erschienen in:
Bundesgesundheitsblatt - Gesundheitsforschung - Gesundheitsschutz
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Ausgabe 1/2017
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Zusammenfassung
Während in den letzten Jahren über eine Veränderung der bestehenden Rechtslage zur Suizidbeihilfe in Deutschland kontrovers diskutiert wurde, war diese Frage im internationalen Kino längst entschieden. Seit Mitte der 1980er-Jahre haben Filmemacher das Thema vermehrt aufgegriffen und es vorwiegend als Beziehungsdrama inszeniert. Der Kranke bittet eine ihm nahestehende Person um Hilfe. Häufig ist diese Person ein Arzt oder eine Krankenschwester, nicht zuletzt um dadurch das praktische Problem zu lösen, wie der Sterbehelfer an das todbringende Mittel gelangen kann. Zugleich gelingt es dadurch, den Arzt bzw. die Krankenschwester in den dramatischen Konflikt zwischen Berufsethos und persönlicher Verpflichtung zum geliebten Menschen hineinzuzwingen.
Neben den klassischen Krankheitsbildern wie terminale Krebserkrankung kommen in den neueren Sterbehilfefilmen neurodegenerative Erkrankungen und körperliche Behinderungen hinzu. Auch sind es nicht mehr allein ältere Patienten, die Suizidbeihilfe einfordern, sondern vermehrt junge Erwachsene. Neben der Furcht vor unerträglichen Schmerzen wird in den neueren Filmen zunehmend die Sorge vor Pflegebedürftigkeit und subjektiv erlebtem Würdeverlust geäußert. Die Möglichkeiten palliativmedizinischer Versorgung werden in diesen Filmen kaum angesprochen, wobei nicht vergessen werden darf: Spielfilme sind Fiktionen, inszenierte Wirklichkeit, also weder Lehrfilme noch Dokumentationen. Sie müssen und wollen nicht die Wirklichkeit abbilden, sondern Denkräume eröffnen, zugleich an unsere Erfahrungen anknüpfen. Sie nutzen ein hoch emotionales und ethisch umstrittenes Thema, um beim Zuschauer durch die inszenierten Spannungen Gefühle hervorzurufen und zu unterhalten. Ein Spielfilm über Sterbehilfe ist immer auch zugleich „Sterbetainment“.