In der Literatur wird speziell der Einfluss von Temperatur auf das psychische Wohlbefinden diskutiert. Im Rahmen einer rezenten systematischen Übersichtsarbeit wurde der Einfluss von Temperatur und Hitze auf die mentale Gesundheit bestätigt – die deutlichsten Effekte zeigten sich auch hierbei in einem erhöhten Suizidrisiko [
50]. An extrem heißen Tagen wurde überdies ein Anstieg psychiatrischer Patienten (u. a. bipolare Störung, Schizophrenie, Demenz) in Notaufnahmen festgestellt [
21,
50,
52,
54]. Zugrunde liegende biologische Mechanismen zum Einfluss meteorologischer Faktoren auf psychische Erkrankungen sind bisher weitgehend unbekannt. Patienten mit psychotischen Störungen scheinen per se wärmeempfindlich zu sein. So zeigten Daten von Shiloh et al. [
47] sowie Chong und Castle [
8], dass Schizophreniepatienten eine veränderte Thermoregulation aufweisen. Darüber hinaus erhöht eine Reihe psychopharmakologischer Medikamente die psychische Empfindlichkeit bei psychiatrischen Patienten [
23,
29,
48], wobei ein zusätzlicher Alkoholkonsum diesen Effekt verstärkt [
12]. Im Blick auf die Ätiopathogenese von Suizid beruhen die meisten Erklärungsansätze auf dem Diathese-Stress-Modell. Demnach werden Vulnerabilitätsfaktoren (Diathese) angenommen, die durch externe Stressoren bei prädisponierten Personen aktiviert werden und zu suizidalen Verhaltensweisen führen können [
28,
37,
46]. Neben biopsychosozialen Faktoren finden zunehmend weitere Umweltfaktoren Berücksichtigung. In diesem Zusammenhang könnten Wettervariablen auf vielfältige Weise Einfluss auf das multifaktorielle Phänomen Suizidalität haben. So geht etwa nächtliche Hitze mit einer reduzierten Schlafqualität einher [
34,
39] – dies kann sich bekanntermaßen negativ auf die individuelle mentale Gesundheit auswirken [
2,
45]. Nach einer Analyse von über 600 Mio. Nachrichten auf der Internetplattform Twitter, wiesen Tweets in überdurchschnittlich heißen Monaten signifikant häufiger depressiv konnotierte Signalwörter auf [
6]. Zusätzlich zu einzelnen meteorologischen Stressoren wird davon ausgegangen, dass der Klimawandel sowohl kurz- als auch langfristig auf unterschiedlichen Ebenen die psychische Gesundheit negativ beeinflussen kann [
2,
3,
17,
19,
42]. So wird etwa mit Erhöhung der mittleren Monatstemperatur um 1°C eine Zunahme der Suizidrate in den USA um 0,7 % und in Mexiko um 2,1 % prognostiziert [
6]. Es wird mit 9000 bis 40.000 zusätzlichen Suiziden infolge des Klimawandels bis 2050 in den USA und Mexiko ausgegangen [
6].