Erschienen in:
07.08.2017 | Originalien
Therapieabbruch als Prädiktor erneuter Straftaten
Legalbewährung von Patienten nach Unterbringungen gemäß § 64 StGB
verfasst von:
Dr. J. Querengässer, J. Bulla, K. Hoffmann, T. Ross
Erschienen in:
Der Nervenarzt
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Ausgabe 1/2018
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Zusammenfassung
Hintergrund
Die Deliktrückfälligkeit von Patienten, die gemäß § 64 StGB untergebracht sind, beträgt drei Jahre nach Bewährungsentlassung rund 50 %. Für Patienten mit Therapieabbruch und anschließender Verbüßung der Resthaft ist die Rückfallquote unbekannt.
Fragestellung
Handelt es sich bei einem Therapieabbruch um einen Risikofaktor für erneute Straftaten?
Methoden
Die Entlassjahrgänge 2010 und 2011 aller Patienten mit regulärem bzw. vorzeitigem Therapieende, die in Baden-Württemberg nach § 64 StGB untergebracht waren (n > 300), wurden anhand von BZR-Auszügen katamnestisch nachverfolgt. Ermittelt wurde der Risikozeitraum in Freiheit sowie die Dauer zwischen Klinik- bzw. Haftentlassung und dem ersten Rückfalldelikt. Die Deliktschwere wurde anhand von Sanktionsart, Einschlägigkeit und Ausmaß an Gewalt geschätzt.
Ergebnisse
In allen Maßen zeigten sich hochsignifikante Gruppenunterschiede: 48 % der Patienten mit Therapieabbruch wurden innerhalb eines Jahres rückfällig, 73 % innerhalb von drei Jahren. Der Schweregrad weiterer Straftaten war in dieser Gruppe wesentlich höher („odds ratio“ je >3,8). Auch innerhalb der Gruppe der Bewährungsentlassenen wurde fast jeder zweite Patient innerhalb von drei Jahren mit Delikten rückfällig.
Diskussion
Bei ehemaligen Patienten gemäß § 64 StGB, deren Therapie vorzeitig beendet wurde, handelt es sich um eine Hochrisikogruppe, deren Rückfallwahrscheinlichkeit allenfalls von jugendlichen Intensivtätern übertroffen wird. Adäquate Konzepte zum Umgang mit dem Risikofaktor Therapieabbruch sollten entwickelt werden.