Erschienen in:
01.02.2014 | Leitthema
Tiefe Hirnstimulation bei Sucht, Anorexie und Zwang
Rationale, klinische Ergebnisse und ethische Implikationen
Erschienen in:
Der Nervenarzt
|
Ausgabe 2/2014
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Zusammenfassung
Hintergrund
Das bei Bewegungsstörungen etablierte Verfahren der tiefen Hirnstimulation (THS) wird seit fast 15 Jahren auch hinsichtlich seines Nutzens zur Behandlung psychiatrischer Indikationen untersucht. Unlängst erfolgte die CE-Zertifizierung bzw. Zulassung der THS im Rahmen der therapieresistenten Zwangsstörung.
Ziel der Arbeit
Ziel dieser Arbeit ist es, die aktuelle Datenlage zur Anwendung der THS bei der therapieresistenten Zwangsstörung zu referieren. Zusätzlich sollen erste experimentelle Arbeiten zum potenziellen Nutzen der THS bei stoffgebundener Abhängigkeit und Anorexia nervosa dargelegt werden, da beide Entitäten Überlappungen zur Zwangsstörung aufweisen.
Material und Methoden
Die Übersicht stützt sich auf eine selektive stichwortgebundene Literaturrecherche in PubMed unter Berücksichtigung einschlägiger Referenzen und eigener Arbeiten.
Ergebnisse
Zur Behandlung therapieresistenter Zwangsstörungen liegen Ergebnisse aus Studien vor, die zwar nur kleine Fallzahlen umfassten, jedoch teilweise methodisch gute Untersuchungsabläufe beinhalteten. Dabei sind deutliche Besserungsquoten (sog. „full-response“) hinsichtlich des primären Zielsymptoms dokumentiert, wenngleich sich nicht bei allen Patienten durch die THS eine Besserung der Beschwerden ergab. Zur THS bei stoffgebundener Abhängigkeit und Anorexia nervosa liegen bisher nur ganz rudimentäre klinische Daten vor, die allenfalls auf einen potenziellen Nutzen hindeuten.
Diskussion
Die vorliegenden Daten zum klinischen Nutzen der THS bei Zwangsstörungen sind ermutigend und eröffnen neue Perspektiven bei der Behandlung therapieresistenter Patienten. Dabei muss aber stets bedacht werden, dass viele Aspekte wie Wirkmechanismus, Prädiktoren und Langzeitnebenwirkungsprofil noch unvollständig oder gar nicht bekannt sind. Bei der THS bei stoffgebundener Abhängigkeit und Anorexia nervosa handelt es sich bisher um einen experimentellen Ansatz, der noch nicht bewertet werden kann. Klinische Studien sollten für alle drei Indikationen noch stets den Goldstandard für die THS darstellen.