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Erschienen in: Der Hautarzt 9/2016

Open Access 03.08.2016 | Itraconazol | Leitthema

Tinea im Genitalbereich

Eine diagnostische und therapeutische Herausforderung

verfasst von: Assoc. Prof. G. Ginter-Hanselmayer, M.D., P. Nenoff, W. Kurrat, E. Propst, U. Durrant-Finn, S. Uhrlaß, W. Weger

Erschienen in: Die Dermatologie | Ausgabe 9/2016

Zusammenfassung

Die pubogenitale Tinea oder auch Tinea genitalis ist eine zwar insgesamt seltene Form einer Dermatophytose, sie wird jedoch aktuell zunehmend häufiger diagnostiziert. Betroffen sind der Mons pubis, jedoch auch die äußeren Genitalorgane bis zum Penisschaft und den Schamlippen sowie die Leisten. Neben einer oberflächlichen erythrosquamösen Form der pubogenitalen Tinea kommen überwiegend stark entzündlich verlaufende Dermatomykosen des Genitalbereiches im Sinne einer Tinea genitalis profunda bis hin zum Kerion Celsi vor. Insgesamt 30 Patienten im Alter von 14 bis 63 Jahren mit einer pubogenitalen Tinea werden hier beschrieben, darunter 11 Männer und 19 Frauen. Der Hauptteil der Patienten stammte aus Graz in Österreich, nur 2 Patienten aus Deutschland (Sachsen und Insel Sylt). Erreger waren überwiegend zoophile Dermatophyten, am häufigsten Microsporum (M.) canis (11), gefolgt von Trichophyton (T.) interdigitale (9), T.-Spezies von Arthroderma benhamiae (2) und Tverrucosum (2). Anthropophile Erreger waren Trubrum (6) und Ttonsurans (1). Anamnestisch sollte immer nach Haustieren, sportlichen Aktivitäten und Reisen gefragt werden. Genitalrasur und eine gleichzeitig bestehende Tinea pedis und Onychomykose sind disponierende Faktoren. Die Behandlung erfolgte außer bei den 3 schwangeren Patientinnen immer systemisch antimykotisch. Die systemische antimyzetische Therapie erfolgte vorzugsweise mit Itraconazol oder Terbinafin, in einem Einzelfall mit Fluconazol. Griseofulvin wurde nicht verwendet, v. a. auch deshalb, weil dieses klassische systemische Antimykotikum in Österreich nicht mehr zugelassen ist. Bei fehlendem Ansprechen musste im Einzelfall auch ein Wechsel der antimykotischen Behandlung von Itraconazol auf Terbinafin vorgenommen werden.
Unter dem Begriff „pubogenitale Tinea“ wird eine Infektion des Mons pubis (Schamberg, Venushügel), der Leistenbeugen, der Perigenitalregion sowie der angrenzenden Oberschenkel definiert (subsumiert).
Die klinischen Erscheinungsbilder können dabei von einer superfiziellen Tinea (sog. Tinea circinata) bis zu tiefen Formen im Sinne einer Tinea profunda (Kerion Celsi) infolge einer Infektion des Haarfollikels reichen. Zur letzteren Form zählt die pathogenetisch bislang noch immer nicht gesicherte Beschreibung des Granuloma Majocchi. Das Erregerspektrum wird von zoophilen Dermatophyten – in erster Linie Trichophyton (T.) interdigitale (ehemals T. mentagrophytes) sowie Microsporum (M.) canis – dominiert, jedoch auch T. rubrum kann bei zugrunde liegender Tinea pedum und Onychomykose eine Genitalmykose als sog. Autoinokulationsphänomen verursachen.
Dia diagnostische Fehlerquote ist hoch, die klinischen Erscheinungsbilder werden häufig in ihrer Entität verkannt (Tinea incognita) und als bakterielle Infektionen interpretiert. Das Repertoire der mykologischen Diagnostik wie Nativpräparat und Kulturverfahren, fakultativ eine histopathologische Untersuchung, detektiert in den meisten Fällen den Erreger.
Zur Heilung ist in fast allen Fällen einer pubogenitalen Tinea eine systemische antimyzetische Therapie indiziert. Der Einsatz von Terbinafin wird vorzugsweise bei Infektionen durch Trichophyton Spezies empfohlen, bei Infektionen durch M. canis haben sich die Triazole, bevorzugt Itraconazol, von Vorteil erwiesen. Als additive Maßnahmen sind topische Antimykotika zur Beschleunigung der Heilung und Verhinderung einer möglichen Transmission angezeigt. Der Verdacht auf das Vorliegen einer Genitalmykose ist bei Haustierkontakten, dem Vorliegen einer Tinea an extragenitalen Lokalisationen – v. a. bei Fuß- und Nagelmykosen sowie bei jedmöglicher kosmetischer Intervention zur Schamhaarentfernung in Erwägung zu ziehen.

Eigene Patienten

Im Zeitraum von 2009 bis 2016 kamen 30 Patienten mit dem Erscheinungsbild einer pubogenitalen Mykose zur Beobachtung, davon waren in der Mehrzahl das weibliche Geschlecht (n = 19) und 11 männliche Patienten betroffen (Tab. 1). Das von dieser Infektion bevorzugte Lebensalter entfiel in der Mehrzahl (mit statistischer Signifikanz) auf das jugendliche und mittlere Lebensalter (Altersdurchschnitt 32,8 Jahre). Bei 23 Patienten war die Infektion durch einen zoophilen Erreger verursacht, bei 7 Patienten fand sich eine anthropophile Spezies, wodurch die Dominanz von vom Tier übertragenen Dermatophyten ersichtlich wird (Tab. 2).
Tab. 1
Pubogenitale Mykose: Patientendaten
Patienten (Anzahl)
n = 30
Geschlecht
11 Männer, 19 Frauen
Alter
14 bis 63 Jahre
Altersdurchschnitt
32,8 Jahre
Tab. 2
Pubogenitale Mykose: ursächliche Erreger
Zoophile Erreger
Anzahl der Isolate
Trichophyton interdigitale
9
Microsporum canis
11
Trichophyton Spezies von Arthroderma benhamiae
2
Trichophyton verrucosum
1
Anthropophile Erreger
Trichophyton rubrum
6
Trichophyton tonsurans
1

Klinik

Die Manifestation der pubogenitalen Infektion durch Dermatophyten zeigt eine breite Varianz und reicht von superfiziellen Formen im Sinne einer zirzinären Tinea zu profunden follikulär gebundenen Infektionen unter dem Aspekt von zystischen und massiv dolenten Knoten sowie Plaquebildung mit teils regionär reaktiv vergrößerten schmerzhaften Lymphknoten in den Leistenbeugen. Die Manifestation von hochentzündlichen und schmerzhaften Infektionen war in erster Linie durch zoophile Erreger wie T. interdigitale – zoophile Form (ehemals T. mentagrophytes), T. verrucosum und T. Spezies von Arthroderma benhamiae, aber auch M. canis verursacht und am Schamhügel lokalisiert, während Infektionen durch anthropophile Erreger – in fast allen Fällen T. rubrum – sich hauptsächlich unter dem Erscheinungsbild erythematosquamöser Tinea-Herde mit zirzinärer Struktur manifestierten. Bei den pubogenitalen Erscheinungsbildern durch T. rubrum konnte in allen Fällen als Ausgangspunkt der Infektion eine okkulte Tinea pedis bzw. Onychomykose, aber auch eine T.-rubrum-Infektion beim Partner, übertragen durch Sexualkontakte, ermittelt werden.

Erregerspezifische Aspekte

Microsporum canis

M. canis wird fast ausschließlich beim weiblichen Geschlecht – bei 2 bestand eine Gravidität – als Erreger der pubogenitalen Mykose angetroffen (9 weibliche Patienten: Alter 14 bis 51 Jahre/2 männliche: 18 und 27 Jahre). Bei 6 Patienten konnte anamnestisch ein Kontakt mit jungen Katzen, Mäusen oder Ratten eruiert werden, bei 5 Patienten waren andere Körperstellen oder ein Familienmitglied wie der männliche Partner, die Mutter und einmal ein Kind am Kapillitium ebenfalls von einer Tinea durch Mcanis betroffen. Bei 3 Patientinnen war die Genitalregion nach Rasur haarlos. Eine 32-jährige Frau zog sich die Infektion während einer Schiffsreise in Ägypten im Rahmen einer kosmetischen Haarentfernung mittels „sugaring“ zu, ein Katzenkontakt war zusätzlich zu erheben. Eine andere 43-jährige Frau führte die Infektion auf einen Tierkontakt mit Mäusen beim Schlafen in einer Jurte während einer Mongolei-Reise zurück.

Klinik

Bei 7/11 der Genitalmykosen durch M. canis manifestierte sich die Infektion als klassisches Erscheinungsbild einer Tinea circinata, d. h. anulär begrenzte randständig schuppende Erytheme (Abb. 1). Bei 4 der 11 Patientinnen zeigte sich ein hochentzündliches Erscheinungsbild mit schmerzhaften Plaques follikulär gebundener Papeln sowie Pusteln, teils als druckdolente Knoten imponierend. Als Trigger für diese dramatische Manifestation war bei 2 dieser solchermaßen Betroffenen das Entfernen der Haare im Genitalbereich mittels Rasur zu erheben (Abb. 2 und 3).

Kasuistik: 14-jährige Patientin mit Tinea profunda des Mons pubis durch Mcanis

Als jüngste Patientin kam eine 14-jährige Schülerin zur Beobachtung, die seit 8 Monaten an schmerzhaften Hautveränderungen im Bereich des Mons pubis mit Übergreifen auf die Perigenital- sowie die Oberschenkelregion litt. Die anamnestischen Erhebungen ergaben keinerlei Hinweise auf eine mögliche Pathogenese. Klinisch präsentierte sich die pubogenitale Mykose als putrid sezernierende, disseminierte, follikulär gebundene derbe Papeln auf einem plaqueförmigen lividen Erythem. Verschiedene Therapieversuche mit Antibiotika als auch systemisch sowie topisch verabreichte Steroide, eine Mikrowellen- als auch Ultrarotbehandlung führten zu keiner Besserung, weshalb eine stationäre Abklärung veranlasst wurde. Die bakteriologischen Kultivierungsversuche sowie die mykologische Nativdiagnostik und auch Kulturdiagnostik waren wiederholte Male negativ, ebenso der Skabiesbefund und der Herpestest. Die feingewebliche Untersuchung von Probebiopsien zeigte das Bild einer abszedierenden Follikulitis und Perifollikulitis, Pilzelemente ließen sich auch nicht mittels Periodic-Acid-Schiff-Reaktion (PAS-Färbung) demonstrieren. Zur Diagnose führte letztendlich ein Kultivierungsversuch eines Biopsiezylinders auf Sabouraud-Glukose-Agar. Der sich darauf entwickelnde mikro- und makroskopisch nicht zu spezifizierende Kulturrasen konnte mithilfe molekularer Methoden (Polymerasekettenreaktion [PCR] und Restriktionsfragmentlängenpolymorphismus [RFLP]) als glabröse Variante von M. canis identifiziert werden. Unter 5‑wöchiger Itraconazol-Therapie konnte eine komplette Abheilung mit narbigen Residuen erzielt werden (Tab. 1; Abb. 4).

Trichophyton interdigitale

Bei den durch T. interdigitale (ehemals T. mentagrophytes) betroffenen Patienten von gleicher Geschlechtsverteilung (betroffen waren 4 Frauen und 5 Männer) zeigte sich bei 7 dieser 9 Patienten eine ausgeprägte tiefe Trichophytie mit der Ausbildung von extrem schmerzhaften kirschgroßen Knoten bis zu handtellergroßen Plaques und reaktiver Lymphadenopathie (Abb. 5a, b und 6). Dieses ausgeprägte Infektionsbild erforderte bei 3 Patienten Berufskarenz unter Einhaltung von Bettruhe und langzeitige systemische antimyzetische Therapie unter stationären Bedingungen. Bei 2 Patienten konnte nach Einleiten derselben eine -id-Reaktion beobachtet werden. Bei mehr als der Hälfte der Betroffenen handelte es sich um eine Tinea incognita – d. h., das Wesen des Krankheitsbildes wurde verkannt, Vorbehandlungen mit Antibiotika und Steroiden waren erfolgt. Tierkontakte (je 1‑mal zu einer Katze sowie einem Hund) waren 3‑mal eruierbar. Ein 18-jähriger junger Mann – Taxifahrer von Beruf – mit multilokulärer Abszessbildung auch außerhalb der Genitalregion zog sich die Infektion durch Erwerb kleiner Meerschweinchen in einer Zoohandlung zu. Da beide seiner Kolleginnen Tinea-Herde durch denselben Erreger im Bereich beider Oberschenkel zeigten, ist eine Transmission über das Lenkrad oder die Ledersitze des Taxis anzunehmen – Sexualkontakte wurden negiert (Abb. 7).

Kasuistik eines 35-jährigen Patienten mit therapierefraktärer Tinea genitalis profunda durch Trichophyton interdigitale

Ein 35-jähriger Patient hatte seit Ende März 2015 Hautveränderungen im Schambereich mit zunehmender Schmerzhaftigkeit. Im April 2015 erfolgte stationär eine chirurgische Behandlung mit Inzision, die mikrobiologische Untersuchung erbrachte keinen Bakteriennachweis. Da die Abszessoperation sowie eine vorab durchgeführte orale Antibiotikabehandlung nicht zu einer Besserung führten, stellte sich der Patient in der dermatologischen Ambulanz der Nordseeklinik auf der Insel Sylt vor.
Der Mann wies am Unterbauch, rechts am Mons pubis, übergehend auf den Penisschaft Zeichen einer schmerzhaften, massiv entzündlichen, follikulär gebundenen, eitrigen Hautinfektion auf (Abb. 8a). Man sah ein randbetontes, unregelmäßig begrenztes, lividrotes und erhabenes großflächiges Areal mit Papeln, Pusteln, Krusten und Knotenbildung.
Eine Probeexzision erfolgte, die PAS-Färbung war positiv, histologisch wurde eine Dermatomykose diagnostiziert. Eine aus Gewebe durchgeführte Pilz-PCR erbrachte den Nachweis von T.-interdigitale-DNA. Aus der parallel aus dem Gewebe angesetzten Pilzkultur war ebenfalls Tinterdigitale (zoophiler Stamm) nachweisbar. Anamnestisch ließ sich jedoch keine tierische Infektionsquelle ermitteln.
Behandelt wurde zunächst für 6 Wochen mit Itraconazol 200 mg/Tag. Lokal kam Ciclopiroxolamin-haltige Creme zur Anwendung, später wurde auf eine Flupredniden-21-acetat- und Miconazolnitrat-haltige Creme umgestellt. Zentral waren die lividroten knotigen Infiltrationen rückläufig, das Areal begann zu verkrusten. In der Peripherie traten immer noch Pusteln auf (Abb. 8b). Wegen fehlender Wirkung wurde auf Terbinafin 250 mg umgestellt und für 10 Wochen behandelt, auch wegen der anhaltenden Schmerzen und Dysästhesien. Die nach Therapie zur Kontrolle durchgeführten Pilzkulturen waren 2‑mal negativ. Eine Nachbehandlung des immer noch entzündlichen und narbigen Areals mit Clobetasol-haltiger Creme für 8 Wochen schloss sich an. Noch 10 Monate nach Therapie war eine deutliche postinflammatorische rötliche Hyperpigmentierung erkennbar.

Trichophyton rubrum

Genitalmykosen durch T. rubrum konnten bei 6 Patienten (je 3 Frauen und Männer) im mittleren Erwachsenenalter (Alter 43 bis 63 Jahre) beobachtet werden. Bei 5/6 Patienten lag eine Tinea pedum mit begleitender Onychomykose der Zehennägel bei den Betroffenen selbst oder deren Partnern vor, somit ist es naheliegend, die Genitalmykose als „Autoinokulationsphänomen“ zu interpretieren. Die Hälfte der Patienten – 2 der betroffenen Frauen als auch 1 männlicher türkischer Staatsangehöriger – praktizierten den kosmetischen Ritus der Genitalrasur. Auch bei diesen Patienten wurde die Pathogenese der genitalen Hautveränderungen langzeitig verkannt, d. h., das Erscheinungsbild wurde durch den Einsatz von Steroiden und Antibiotika teilweise maskiert („Tinea incognita“). Genitalmykosen durch T. rubrum traten als klassische Tinea in Form erythematosquamöser randbetonter Herde oder aber als infiltrierte follikelbetonte Plaques in Erscheinung (Abb. 9 und 10).

Trichophyton verrucosum

Bei einer 24-jährigen Studentin entwickelten sich äußerst schmerzhafte und putrid sezernierende Follikulitiden im Bereich des Mons pubis. Beidseits inguinal fanden sich schmerzhaft vergrößerte Lymphknoten. Angesichts der ausgeprägten Entzündungserscheinungen war eine stationäre Behandlung unumgänglich. Der im Kulturisolat sich entwickelnde Dermatophyt konnte als T. verrucosum identifiziert werden und wurde in häuslicher Umgebung auf einem Bauernhof erworben. Unter 5‑wöchiger Terbinafin-Therapie konnte eine Abheilung der Trichophytie unter Hinterlassung narbiger Residuen erzielt werden (Abb. 11).

Trichophyton tonsurans

Bereits 2 Jahre, seit einem Thailand-Aufenthalt, bestand ein „juckender Ausschlag“ im Intimbereich bei einem 22-jährigen jungen Mann. Unter der Anwendung von topischen Steroiden kam es immer wieder zur Rückbildung der Entzündungsherde. Der Patient rasierte die Genitalregion. Klinisch zeigte sich ein von follikulär gebundenen Papeln besetztes Erythem im Bereich des mittleren Unterbauches als auch des Mons pubis. Unter 4‑wöchiger Therapie mit Terbinafin p. o. konnte eine erfolgreiche Restitutio ad integrum erzielt werden. Der ursächliche Myzet (T. tonsurans) wurde mittels molekularer Methoden identifiziert und wahrscheinlich in Thailand erworben.

Trichophyton Spezies von Arthroderma benhamiae

Bei einer 35-jährigen Krankenschwester kam es, begleitet von starkem Juckreiz und Schmerzattacken, zum Auftreten einer palpatorisch fluktuierenden hochentzündlichen bretthart infiltrierten Plaque im Bereich des Mons pubis, begleitet von Haarverlust und ausgeprägt reaktiv vergrößerten Lymphknoten in beiden Leistenbeugen (Abb. 12). Das sich dramatisch entwickelnde Erscheinungsbild wurde vonseiten der konsultierten Chirurgen als Phlegmone interpretiert und unter intravenöser antibiotischer Abschirmung eine Inzision geplant. Im Rahmen der präoperativen Diagnostik – wiederholte bakteriologische Abstriche erwiesen sich als negativ – konnten nativ-mikroskopisch Pilzelemente in den vom Mons pubis entnommenen Haarwurzeln gefunden werden. Im Kulturverfahren auf Sabouraud-Glukose-Agar entwickelte sich ein Dermatophyt, der als Trichophyton Spezies von Arthroderma benhamiae identifiziert werden konnte. Dieser neu in Deutschland und Europa aufgetretene zoophile Dermatophyt wurde durch den Erwerb von kleinen Meerschweinchen in einer Zoohandlung zugezogen. Die Behandlung der Patientin erwies sich als äußerst langwierig und erforderte eine 2‑monatige Gabe von Terbinafin, begleitet von einem mehrmonatigen Krankenstand, anfänglich unter stationären Bedingungen.
Eine 34-jährige Patientin, im 6. Monat schwanger, erstgebärend, hatte Kontakt zu Meerschweinchen. In der Folge entwickelten sich an der Innenseite der Oberschenkel und im äußeren Schamlippenbereich stark entzündliche, zum Teil furunkelartige Hautveränderungen. Aus Hautschuppen und einem Abstrich war mit der Dermatophyten-PCR DNA von Trichophyton Spezies von Arthroderma benhamiae nachweisbar, kulturell wurde die Spezies-Diagnostik bestätigt (Abb. 13a, b). Das Isolat (Labor Mölbis, Stamm Nr. 209346/2014) wurde der Stammsammlung des Centraalbureau voor Schimmelcultures (CBS) in Utrecht (Niederlande) hinzugefügt. Der Pilz ist dort unter der Nummer CBS 139074 hinterlegt und kann erworben werden. Außerdem wurde die DNA-Sequenz des Stammes dem National Center for Biotechnology Information (NCBI) in Bethesda, Maryland, eingereicht und ist jetzt in der Datenbank des NCBI unter der Nummer KU257464 zu finden [14].
Die topische Therapie erfolgte mit einer Fluprednidenacetat und Miconazol enthaltenden Creme. Eine systemische antimykotische Therapie erfolgte wegen der Schwangerschaft nicht. Nach Rückgang der Entzündung wurde auf Ciclopiroxolamin-haltige Creme umgestellt. Zum Baden kam eine adstringierende Lösung (enthält Phenol-Methanal-Harnstoff-Polykondensat) zur Anwendung. Die Tinea genitalis et corporis heilte vollständig ab.

Diagnostik

Die ätiologische Abklärung von Hautveränderungen in der äußeren Genitalregion, betreffend den Unterbauch, den Schamhügel sowie die Vulva als auch die Leistenbeugen, beginnt immer mit der klinischen Suspektion und dem Versuch, Untersuchungsmaterial zu gewinnen. Die mikrobiologische Diagnostik umfasst die mikroskopische Nativ-, d. h. Sofortdiagnostik sowie Kulturverfahren und bei Bedarf die Entnahme von Hautbiopsien für die histologische Untersuchung. Zur mikroskopischen Untersuchung eignen sich Schuppen sowie Haarwurzeln bzw. Haarstümpfe, die zur Visualisierung von Pilzelementen in ausreichender Menge entnommen werden müssen. Der Nachweis von Pilzelementen ist nicht in allen Fällen möglich und bedarf einer intensiven, d. h. manchmal einer längerzeitigen mikroskopischen Analyse.
Im Weiteren sollte das fachgerecht entnommene Untersuchungsmaterial zum Zwecke einer Erregerkultivierung auf konventionelle Nährböden, wie z. B. Sabouraud-Glukose-Agar oder Grütz-Kimmig-Agar, inokuliert und über eine Zeitdauer von zumindest 2 bis 3 Wochen (bei Verdacht auf Tverrucosum 5 bis 6 Wochen) belassen werden. Sollte das Kulturisolat eine Erregerbestimmung von Gattung und Art nach mikroskopischen sowie phänotypisch makroskopischen Kriterien nicht gewährleisten, sind molekulare Verfahren wie konventionelle PCR-Analysen angezeigt. Als Ultima Ratio ist die Entnahme von Probebiopsiematerial zur histologischen Untersuchung mittels HE-Färbung und einer pilzspezifischen PAS-Färbung indiziert. Erfahrungsgemäß lassen sich Pilzelemente in der feingeweblichen Analyse trotz intensiver Musterung der Schnitte nicht immer visualisieren – ein dem erfahrenen Histopathologen bekannter Umstand. Bei Versagen aller dieser mykologisch diagnostischen Maßnahmen sollte ein kultureller Züchtungsversuch mit dem Biopsat nicht unversucht bleiben – diese Maßnahme allein konnte in einigen Fällen, in denen der Erregernachweis sowohl nativ-mikroskopisch als auch kulturell und histologisch versagte, ein Kulturwachstum erbringen.

Therapie

Zur Heilung der pubogenitalen Mykose ist der systemischen Therapie mit Antimykotika der Vorzug zu geben – sowohl bei längerer Bestandsdauer der Infektion, jedoch in jedem Fall einer myzetischen Infektion des Haarfollikels. Die Wahl des Antimykotikums sollte in Abhängigkeit von der Gattung des ursächlichen Dermatophyten erfolgen – bei Trichophyton Spezies ist Terbinafin, bei Microsporum Spezies Itraconazol oder Griseofulvin der Vorzug zu geben (Tab. 3 und 4). Die Therapiedauer wird sowohl vom klinischen Erscheinungsbild als auch dem Therapieverlauf bestimmt und liegt erfahrungsgemäß zwischen 3 Wochen bis zu 2 Monaten. Bei Genitalinfektionen durch T. rubrum wird angesichts der Autoinokulationsgenese auch eine Therapie einer fakultativ zugrunde liegenden Onychomykose mit dem Ziel der Heilung derselben anzustreben sein (Tab. 5). Bei Vorliegen einer Gravidität muss auf eine systemische Therapie in aller Regel verzichtet und eine Heilung mittels langzeitiger konsequenter Lokaltherapie versucht werden.
Tab. 3
Pubogenitale Mykose durch Microsporum canis: Therapie
Geschlecht
Alter (Jahre)
Antimykotikum
Therapiedauer
W
18
Itraconazol
5 Wochen
W
32
Itraconazol
?
W
44
Terbinafin
4 Wochen
W
14
Itraconazol
5 Wochen
W
35
Itraconazol
2 1/2 Wochen
W (Gravidität)
32
Topische Therapie
W (Gravidität)
32
Topische Therapie
W
19
Terbinafin
Itraconazol
4 Wochen
4 Wochen
W
51
Itraconazol
2 Wochen (kein Follow-up)
M
18
Itraconazol
4 Wochen
M
27
Terbinafin
3 Wochen (kein Follow-up)
W weiblich, M männlich
Tab. 4
Pubogenitale Mykose durch Trichophyton interdigitale: Therapie
Geschlecht
Alter
Antimykotikum
Therapiedauer
M
48
Terbinafin
?
M
30
Terbinafin
4 Wochen
W
34
Terbinafin
6 Wochen
W
21
Terbinafin
Itraconazol
2 Wochen
?
M
18
Terbinafin
6 Wochen
W
37
Itraconazol
Terbinafin
10 Tage
2 Monate
W
24
Terbinafin
? (kein Follow-up)
W
29
Terbinafin
4 1/2 Wochen
M
35
Itraconazol
Terbinafin
4 Wochen
6 Wochen
W weiblich, M männlich
Tab. 5
Pubogenitale Mykose durch Trichophyton rubrum: Therapie
Geschlecht
Alter
Antimykotikum
Therapiedauer
M
48
Fluconazol
150 mg/Woche – 2 Monate
M
34
Terbinafin
3 Monate
M
46
Terbinafin
3 Monate
W
45
Terbinafin
3 Wochen
W
35
Terbinafin
3 Wochen
W
63
Itraconazol
Terbinafin
2 Wochen
1 Woche
W weiblich, M männlich
Als flankierende Maßnahmen sollten in allen Fällen einer pubogenitalen Mykose eine Kürzung der Schamhaare aus therapeutischer Indikation und die langzeitige Applikation von Antimykotika aus der Gruppe der Allylamine, Azole oder die Substanz Ciclopiroxolamin empfohlen werden. Die Dauer sowie die Beendigung der Therapie sollten in Abhängigkeit von regelmäßigen mykologischen Laborkontrollen erfolgen. Die Möglichkeit einer Transmission der genitalen Infektion über sexuelle Kontakte muss bedacht werden [13]. Nicht zuletzt durch die meist zu spät initiierte orale antimykotische Behandlung kann es zu narbiger Abheilung im Sinne einer Pseudopelade Brocq kommen [7].

Diskussion

Das Erscheinungsbild der genitalen Tinea kann äußerst vielgestaltig sein in Abhängigkeit vom ursächlichen Dermatophyten, der Bestandsdauer der Infektion, sowie von fakultativ bereits erfolgten Therapiemaßnahmen. Vor allem der Einsatz von topischen Kortikosteroiden kann zur Maskierung der Dermatophytose im Sinne einer Tinea incognita führen. Klinisch kann sich eine Dermatophyteninfektion im Bereich der äußeren Genitalregion – bevorzugt des Schamhügels und auch an der Vulva beim weiblichen Geschlecht und in den Leistenbeugen bei Männern – unter dem klassischen Erscheinungsbild einer Tinea circinata, d. h. als gyriert figurierte erythematosquamöse Läsion in Erscheinung treten. Bei Infektion des Haarfollikels entwickeln sich Papeln entsprechend einer Follikulitis mit Perifollikulitis bis hin zur profunden Trichophytie im Sinne eines Kerions. Letztere Infektionen werden hauptsächlich durch zoophile Dermatophyten verursacht und können sich als äußerst schmerzhafte, knotige sowie plaqueförmige Infiltrate mit reaktiv vergrößerten Lymphknotenschwellungen präsentieren.
Entsprechend der klinischen Variabilität des Erscheinungsbildes ist differenzialdiagnostisch ein breites Repertoire von genitalen Affektionen wie Arthropodenreaktionen, Parasitosen (ekzematisierte Pediculosis pubis sowie Skabies), bakterielle Infektionen mit oder ohne Follikelbindung (Abszesse, Furunkel, Erysipel, Phlegmone), virale Infektionen (Herpes) sowie eine Reihe anderer erythematosquamöser Dermatosen (Ekzeme, Psoriasis, seborrhoische Dermatitis) bis hin zum Haarverlust im Rahmen einer Alopezie zu hinterfragen. Zur Klärung der Diagnose ist die konsequente und unter Umständen Wiederholung des mikrobiologisch diagnostischen Procedere unerlässlich.

Pubogenitale Tinea – erregerbezogene Reflexion und Literatur

Microsporum canis

Das zoophile M. canis kann sich als hochkontagiöser Dermatophyt auch in der Genitalregion als klassisch zirzinäre Tinea, aber auch als abszedierende Tinea profunda manifestieren. Letztere Formen erscheinen durch jedmögliche Art der kosmetischen Schamhaarentfernung getriggert, die dem Erreger wohl eine Invasion durch Penetration in den Haarfollikel erlaubt. Bei mehr als der Hälfte der Betroffenen lässt sich anamnestisch ein Kontakt mit jungen Katzen erheben – diese wurden zumeist in einer Zoohandlung erworben. Immer wieder sind Angehörige der Patienten von einer M.-canis-Infektion betroffen. Diese Aspekte unterstreichen die Bedeutung der Haustier-, Partner- und Familienanamnese.
Margolis et al. [11] haben bereits im Jahr 1998 über das Vorkommen einer auf topische Antimykotika sowie Steroide therapieresistenten tiefen Trichophytie der Vulva bei einer 39-jährigen Frau berichtet. Die Diagnose der Infektion war durch den histopathologischen Nachweis von Pilzelementen im Haarfollikel sowie im Haarschaft evident. In der tiefen Dermis als auch im Subkutangewebe beschrieben die Autoren eine akute granulomatöse Entzündung, die dem Erscheinungsbild eines trichophytischen Granuloms zugeordnet wurde. Die Entwicklung dieser histologischen Entität führen die Autoren auf die topische Immunsuppression infolge der erfolgten Steroidapplikation zurück. Das auf Agar inokulierte Abstrich- als auch Biopsiematerial ließen einen Dermatophyten-Kulturrasen entstehen, der als M. canis spezifiziert werden konnte.

Trichophyton interdigitale

Infektionen durch das zoophile T. interdigitale (ehemals T. mentagrophytes) manifestieren sich in aller Regel als schmerzhafte, follikelgebundene Pusteln, Knoten oder zystenartig formierte Plaques in der Genitalregion – sowohl im Bereich des Mons pubis als auch der Leistenbeugen – und können von einer ebenfalls schmerzhaften reaktiven Lymphadenopathie begleitet sein. Im Rahmen der Infektion durch den hochvirulenten Erreger sind v. a. nach Einleitung einer systemischen antimykotischen Therapiemaßnahme sog. -id-Reaktionen (syn. Mykid), d. h. ein vorübergehendes „flair-up“ eines Exanthems, möglich. Differenzialdiagnostisch lässt das an die Möglichkeit einer Arzneimittelreaktion auf das verordnete Antimykotikum denken.
Häufig gestaltet sich die Anamnese der Tinea genitalis gegenstandslos, weshalb die wahre Natur der entzündlichen Genitalveränderungen oft verkannt wird. Die Läsionen werden als bakterielle Infektion interpretiert und erfolglos mit Antibiotika behandelt. Eine exakte und wiederholte mykologische Diagnostik sowie die histopathologische Untersuchung sollten immer angestrebt werden.
Die histopathologische Untersuchung sollte immer angestrebt werden
In der Literatur finden sich mehrere Beobachtungen profunder Infektionen durch T. mentagrophytes in der Genitalregion. Die Betroffenen wurden überwiegend mit Antibiotika und Steroiden teils über längere Zeit behandelt [1, 2, 4, 8]. Bei einer 19-jährigen Patientin wurde bereits in einer vor 15 Jahren publizierten Kasuistik die Rasur der Genitalregion als pathogenetischer Trigger der Tinea genitalis profunda vermutet [3]. Die Möglichkeit der Manifestation einer tiefen Trichophytie unter dem Bild eines Granuloma trichophyticum Majocchi wurde von Chang et al. [6] als Folge eines jahrelangen Steroidabusus bei einer 23-jährigen Patientin beschrieben.
Die Annahme, dass das anthropophile T. rubrum nur selten zu einer Infektion des Haarfollikels führt, muss angesichts der von uns beobachteten Patienten relativiert werden. Bei jeder der durch T. rubrum verursachten Genitalmykosen konnte als pathogenetisch ursächlicher Umstand eine zugrunde liegende Onychomykose (4/6 Patienten) oder eine von den Betroffenen praktizierte Genitalrasur (3/6 Patienten) anamnestisch eruiert werden.
Ein ungewöhnliches Erscheinungsbild einer profunden pubogenitalen Tinea durch T. rubrum unter der Ausbildung von Pseudozysten wurde von Kobayashi et al. [9] im Jahr 2006 bei einer 57-jährigen Japanerin beschrieben. Die Entwicklung dieser ungewöhnlichen Infektion wurde auf die medikamentöse Immunsuppression der Patientin durch Steroide und Azathioprin zur Behandlung einer Autoimmunhepatitis und die vorliegende Pilzinfektion ihrer Fingernägel zurückgeführt. Wegen der Hepatopathie wurde die Patientin über ein ganzes Jahr mit Fluconazol behandelt, eine Heilung konnte erzielt werden. Ein weiterer Fall der Entwicklung eines Granuloma trichophyticum Majocchi wurde im Rahmen einer Immunsuppression bei einem nierentransplantierten 68-jährigen Patienten beobachtet. Auch bei diesem Patienten fand sich als Infektionsrisiko eine zugrunde liegende Onychomycosis pedum [5].

Granuloma trichophyticum Majocchi

Mit dem Terminus „Granuloma trichophyticum Majocchi“ wird klinisch das Erscheinungsbild einer tiefen granulomatösen Trichophytie benannt. Histopathologisch sieht man das Bild eines dermalen granulomatösen Entzündungsinfiltrats mit Abszessformation, in dem Myzelstrukturen und Sporen enthalten sein können. Die Pathogenese des Granuloma Majocchi ist nicht gesichert. Die Entstehung wird durch Verlagerung von Keratin – ausgehend von einer superfiziellen Tinea der Epidermis –, begleitet von ausgeprägten entzündlichen Veränderungen, in die tiefere Dermis erklärt. Als häufigster Erreger eines Granuloma trichophyticum wird T. rubrum beschrieben. Das Auftreten eines Majocchi-Granuloms wird selten beobachtet und üblicherweise nur bei Vorliegen einer schweren Immunsuppression – bei Patienten nach Organtransplantation, Chemotherapie oder bei hämatologischen Malignomen – gesehen. Die erstmalige klinische Beobachtung dieser granulomatösen Entität wurde bei Frauen nach Beinhaarrasur an den Unterschenkeln gefunden und die Entstehung im Rahmen von rasurbedingten Mikrotraumata interpretiert.

Bedeutung der Genitalrasur

Das vermehrte Auftreten von pubogenitalen Mykosen im Rahmen der kosmetisch vorgenommenen Genitalhaarrasur ist evident und dürfte pathogenetisch das Eindringen von myzetischen Mikroorganismen in den Haarfollikel und somit eine Infektion begünstigen. Der Vollzug einer Schamhaarrasur bzw. auch die Epilation – ob durch Nassrasur, Waxing- oder Sugaring-Verfahren – wird seit Jahren wohl als modebedingtes, sophistisches Ritual vermehrt beobachtet und als Vermittlung von Jugendlichkeit und Virginität interpretiert. Offen bleibt nach wie vor die Sinnhaftigkeit und Bedeutung der Schambehaarung – die Schöpfung der Natur hat wohl ihre Gründe?!

Pubogenitale Mykose – eine sexuell übertragene Infektion?

Neben der schon lange bekannten Infektion durch Dermatophyten in den Leistenbeugen beim männlichen Geschlecht, im amerikanischen Sprachgebrauch als Tinea cruris bezeichnet (eigentlich Tinea inguinalis), besteht im Rahmen der pubogenitalen Mykose naturgegeben natürlich die Möglichkeit der Transmission der myzetischen Infektion über sexuelle Kontakte. Eine solcherart erworbene Genitalinfektion – „sexually transmitted infection“ (STI) – sollte daher immer anamnestisch beleuchtet und hinterfragt werden. In der Literatur findet sich die erste solcherart übertragene pubogenitale Mykose in einem Bericht von Molenberg et al. [12] bei einem Ehepaar. Als Erreger konnte T. mentagrophytes nachgewiesen werden.
Die Autorengruppe um Luchsinger et al. [10] hinterfragten bei 7 Patienten die Manifestation einer Tinea genitalis als fraglich neue Art einer sexuell übertragenen Infektion. Die zum Teil schweren Infektionsbilder waren bei allen Patienten nach sexuellen Kontakten im Rahmen einer Reise nach Südostasien aufgetreten. Bei 6 der 7 Patienten (davon 2 Frauen und 5 Männer) wurde als ursächlicher Erreger T. interdigitale gefunden, 5 der 7 Patienten praktizierten eine Schamhaarrasur. Fünf der betroffenen Patienten waren durch die ausgeprägten Entzündungsherde in der Genitalregion zeitweise nicht arbeitsfähig, 2 der Betroffenen benötigten eine Hospitalisation.
In Deutschland ist mit dem gehäuften Auftreten einer Tinea genitalis zu rechnen
Aktuell ist in Deutschland mit dem gehäuften Auftreten einer meist stark entzündlichen und oft eitrig abszedierenden Tinea genitalis zu rechnen. Die Infektionen treten nach einem Auslandsaufenthalt in Thailand auf, Erreger ist meist Tinterdigitale (zoophile Stämme?). Die Infektionen werden offenbar durch (sexuellen) Kontakt zu Prostituierten erworben (eigene Patienten in Sachsen und persönliche Mitteilung von OA Dr. med. Viktor Czaika, Hautklinik der Charité Berlin). Im Einzelfall tritt auch eine auf gleichem Wege erworbene Tinea barbae profunda durch Tinterdigitale auf. Zur Weiterübertragung des in Thailand erworbenen Erregers in Deutschland kommt es scheinbar auch in Fitnessclubs.

Fazit für die Praxis

  • Die zunehmende Manifestation der pubogenitalen Mykose kann als neue Tinea-Entität (auch Tinea genitalis) interpretiert werden und stellt eine neue „life-style-disease“ dar.
  • Betroffen sind v. a. Jugendliche und das mittlere Erwachsenenalter mit einer Präferenz des weiblichen Geschlechts.
  • Die zum Teil sehr ausgeprägten und von Juckreiz und Schmerz flankierten Entzündungserscheinungen werden bei ca. drei Viertel der Betroffenen durch hochvirulente zoophile Myzeten verursacht, die Möglichkeit anthropophiler Erreger muss jedoch v. a. bei Zugrundeliegen einer anderweitigen Tinea, insbesondere einer Onychomykose in Betracht gezogen werden.
  • Das Praktizieren einer kosmetischen Schamhaarrasur, Sexualkontakte und auch die Haltung von Haustieren müssen als infektionsbahnende Umstände anamnestisch in Betracht gezogen werden.
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Einhaltung ethischer Richtlinien

Interessenkonflikt

P. Nenoff erhielt Vortragshonorare von Almirall Hermal, Beiersdorf, Biogen, Galderma, MSD und Pfizer. Außerdem hält er Aktien von Pfizer und Sanofi-Pasteur. G. Ginter-Hanselmayer, W. Kurrat, E. Propst, U. Durrant-Finn, S. Uhrlaß und W. Weger geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Dieser Beitrag beinhaltet keine von den Autoren durchgeführten Studien an Menschen oder Tieren. Alle Patienten, die über Bildmaterial oder anderweitige Angaben innerhalb des Manuskripts zu identifizieren sind, haben hierzu ihre schriftliche Einwilligung gegeben. Im Falle von nicht mündigen Patienten liegt die Einwilligung eines Erziehungsberechtigten oder des gesetzlich bestellten Betreuers vor.
Open Access. Dieser Artikel wird unter der Creative Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz (http://​creativecommons.​org/​licenses/​by/​4.​0/​deed.​de) veröffentlicht, welche die Nutzung, Vervielfältigung, Bearbeitung, Verbreitung und Wiedergabe in jeglichem Medium und Format erlaubt, sofern Sie den/die ursprünglichen Autor(en) und die Quelle ordnungsgemäß nennen, einen Link zur Creative Commons Lizenz beifügen und angeben, ob Änderungen vorgenommen wurden.

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Metadaten
Titel
Tinea im Genitalbereich
Eine diagnostische und therapeutische Herausforderung
verfasst von
Assoc. Prof. G. Ginter-Hanselmayer, M.D.
P. Nenoff
W. Kurrat
E. Propst
U. Durrant-Finn
S. Uhrlaß
W. Weger
Publikationsdatum
03.08.2016
Verlag
Springer Berlin Heidelberg
Erschienen in
Die Dermatologie / Ausgabe 9/2016
Print ISSN: 2731-7005
Elektronische ISSN: 2731-7013
DOI
https://doi.org/10.1007/s00105-016-3848-5

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