Tinnitus und chronische Schmerzen gehen oft Hand in Hand

Zwischen dem Auftreten von Tinnitus und chronischen Schmerzen besteht offenbar eine deutliche Assoziation. Patienten mit Ohrgeräuschen sollten deshalb auch auf etwaige Schmerzen hin untersucht werden, fordern norwegische Mediziner. Das Wichtigste in Kürze zu dieser Studie finden Sie am Ende des Artikels. Dem Zusammenhang zwischen Tinnitus und chronischen Schmerzen ist eine von Jannike Ausland (Norwegisches Institut für Öffentliche Gesundheit, Oslo) geführte Arbeitsgruppe nachgegangen. Im Zuge einer Querschnittuntersuchung analysierten die Forscher die Assoziation anhand der Daten von rund 19.000 Teilnehmern der Tromsø-Studie aus den Jahren 2015 und 2016. Alle Probanden waren 40 Jahre oder älter. Die Prävalenz von Tinnitus, gemäß der weitesten Definition länger als fünf Minuten anhaltend während der vergangenen zwölf Monate, betrug 21%. Wöchentliche und störende Tinnitusbeschwerden gaben knapp 15% der Probanden an. Über chronische, also länger als drei Monate bestehende Schmerzen klagten 61%. Die Assoziation zwischen chronischen Schmerzen und Tinnitus zeigte sich unabhängig von der gewählten Tinnitusdefinition, fiel allerdings umso kräftiger aus, je lästiger der Tinnitus für die Patienten war. Das Chancenverhältnis für länger als fünf Minuten dauernden Tinnitus fiel für Patienten mit chronischen Schmerzen um 64% höher aus (Odds Ratio, OR, 1,64). Für wöchentlichen und hochgradig quälenden Tinnitus stieg das Verhältnis sogar um 144% (OR 2,44). Von den Schmerzcharakteristika zeigte sich eine statistisch signifikante Verbindung zwischen der Zahl der schmerzenden Körperpartien und Tinnitus (OR 1,17). Andere Merkmale der Schmerzen, wie etwa deren Intensität oder Lästigkeit, waren von untergeordneter Bedeutung. Keine Aussage über zeitlichen Zusammenhang Alle Berechnungen waren gegen Einflussfaktoren wie Geschlecht, Alter, Bildungsniveau, Lärmempfindlichkeit und Grad der Besorgtheit (gemessen mit dem Penn State Worry Questionnaire) abgeglichen. Der stärkste Zusammenhang zwischen Tinnitus und chronischen Schmerzen war in der Gruppe der 40- bis 54-Jährigen festzustellen. Im höheren Alter nahm er ab. Eine Aussage dazu, wie sich Schmerzen und Tinnitus im zeitlichen Verlauf zueinander verhalten, war aufgrund des Querschnittdesigns der Studie aber nicht möglich. Empfehlung der Redaktion Tinnitus – Themenseite Tinnitus kann vielfältige Ursachen haben. Betroffene nehmen ein Klingeln, Rauschen, Pfeifen oder Brummen wahr und empfinden das Ohrgeräusch häufig als quälend. Diese Themenseite dreht sich um Ursachen, Diagnostik und Therapie. „Unsere Resultate belegen eine Assoziation zwischen chronischen Schmerzen und Tinnitus“, resümieren Ausland und Kollegen. Dies unterstreiche, wie wichtig es sei, Tinnituspatienten auch auf komorbide Schmerzen zu untersuchen, um eine umfassende Behandlung und Prävention zu erreichen. Grundsätzlich haben Tinnitus und Schmerzen vieles gemeinsam. Bei beiden handelt es sich um subjektive Empfindungen, die von einer Hypersensitivität gegenüber Reizen im jeweiligen sensorischen System begleitet werden. Es ist daher postuliert worden, dass chronischem Tinnitus und chronischen Schmerzen ähnliche neurologische Mechanismen zugrunde liegen. Und es sind auch tatsächlich schon überlappende Veränderungen der Hirnstruktur und -aktivität beobachtet worden, in die übergeordnete Hirnregionen mit kognitiven und affektiven Funktionen einbezogen waren. Bekannt ist auch, dass chronische Schmerzsyndrome oft von Hyperakusis begleitet werden, was Spekulationen auslöste, wonach auditorisches und nozizeptives System im Gehirn konvergieren könnten. Hyperaktivität des einen könnte dann womöglich auf das andere System überspringen. Das Wichtigste in Kürze Frage: Gibt es einen Zusammenhang zwischen chronischen Schmerzen und Tinnitus? Antwort: Chronischer Schmerz und Tinnitus sind statistisch signifikant assoziiert, besonders ausgeprägt im Fall von stark störenden Ohrgeräuschen. Bedeutung: Patienten mit Tinnitus sollten auch auf Schmerzen untersucht werden, um eine optimale Versorgung zu erreichen. Einschränkung: Es handelt sich um eine Querschnittstudie, die als solche keine Erkenntnisse über die zeitlichen Zusammenhänge zwischen Tinnitus- und Schmerzsymptomen erlaubt.

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