Immer weniger intrapartale Totgeburten

In den vergangenen zwei Dekaden ist in Norwegen die Inzidenz von Totgeburten bei termingerechten Entbindungen um fast 90% gesunken. Risikofaktoren sind etwa eine assistierte vaginale Geburt, vorhergehende Kaiserschnitte sowie eine intrapartale Sectio. Das Wichtigste in Kürze zu dieser Studie finden Sie am Ende des Artikels. Totgeburten während der Entbindung sind in Industrieländern recht selten und werden daher kaum untersucht. Die allumfassenden skandinavischen Register bieten die Gelegenheit, auch solch seltenen Ereignisse zu analysieren. Forschende vom Uniklinikum Oslo haben dies für Totgeburten getan, die während einer termingerechten Entbindung auftreten. Deren Inzidenz ist in Norwegen seit dem Beginn dieses Jahrhunderts drastisch zurückgegangen, was die Gynäkologinnen und Gynäkologen um Dr. Gulim Murzakanova vor allem auf eine bessere intrapartale Versorgung zurückführen. In die Analyse flossen Angaben zu über einer Million termingerechter Entbindungen (37. bis 44. Woche) aus den Jahren 1999 bis 2018 ein. Ausgeschlossen wurden Entbindungen von Kindern mit Fehlbildungen. Als intrapartale Totgeburten definierten Murzakanova und Mitarbeitende Fälle, bei denen zu Beginn der Wehen noch ein Herzschlag des Fetus erkennbar war. Etwa 60% aller Entbindungen fanden in Kliniken mit weniger als 3000 Geburten im Jahr statt. Im Laufe der Zeit nahm das Alter der Mütter zu, so waren zwischen 1999 und 2003 nur 47% 30 Jahre oder älter, zwischen 2014 und 2019 bereits 55%. Der Anteil der Mütter mit 40 oder mehr Jahren stieg in dieser Zeit von 2,0% auf 3,5%; der Anteil der im Ausland geborenen Mütter erhöhte sich über die beiden Dekaden von 17% auf 30%. Kontinuierlich zurück ging hingegen der Tabakgenuss der Mütter, dafür versechsfachte sich die Prävalenz von Frauen mit Gestationsdiabetes (von 0,7% auf 4,6%). Die Wehen wurden zu Beginn des Jahrhunderts bei rund 11% induziert, diese Rate verdoppelte sich im Laufe der Zeit. Verbesserte intrapartale Versorgung Im gesamten Untersuchungszeitraum fanden Murzakanova und Mitarbeitende lediglich 95 Totgeburten bei termingerechten Entbindungen, was einer Inzidenz von rund 93 auf 1 Million Entbindungen entspricht. Für die Perioden von 1999 bis 2004 und von 2004 bis 2008 kommen sie auf eine Inzidenz von rund 150, zwischen 2009 und 2013 waren es noch 60, ab 2014 nur noch 20 Totgeburten auf 1 Million termingerechter Entbindungen. Die Inzidenz ist damit innerhalb von 20 Jahren um 87% zurückgegangen – trotz der Zunahme von Geburtsrisikofaktoren wie höherem mütterlichem Alter und Gestationsdiabetes. Für solche Risikoschwangerschaften ergab sich zu Beginn des Jahrhunderts noch eine mehr als verdoppelte Totgeburteninzidenz (270 versus 100/Million), später verschwand der Zusammenhang aber – heute lässt sich praktisch kein signifikant erhöhtes Risiko mehr für intrapartale Totgeburten bei Risikoschwangerschaften feststellen. Drei Viertel der Totgeburten traten während einer assistierten vaginalen Entbindung auf. Aber auch hierfür schwächte sich der Zusammenhang im Laufe der Zeit ab. Über den gesamten Zeitraum ergab sich ein rund achtfach erhöhtes Risiko für eine Totgeburt, verglichen mit einer spontanen vaginalen Entbindung. Um den Faktor zehn war die Inzidenz bei einem intrapartalen Kaiserschnitt erhöht, kein besonders Risiko zeigte sich hingegen bei einer geplanten Sectio. Vorhergehende Kaiserschnitte sowie Entbindungen mit einem zu hohen oder zu geringen Geburtsgewicht gingen jeweils mit einem rund verdoppelten Risiko für Totgeburten einher. Ein weiterer Risikofaktor war die Entbindung in einer kleinen Klinik: Für Krankenhäuser mit weniger als 3000 Geburten ergab sich ein um 67% erhöhtes Risiko für Totgeburten bei der Entbindung. Eine Erklärung für den Rückgang der Totgeburteninzidenz könnte eine bessere assistierte vaginale Entbindung sein. Diese wird häufig bei einer fetalen Hypoxie oder Asphyxie eingeleitet, den Hauptursachen für den Tod bei der Entbindung. Offenbar werden Todesfälle damit heute öfter vermieden. Dies hänge wohl auch damit zusammen, dass der fetale Herzschlag während der Entbindung inzwischen standardmäßig überwacht werde. Hinzu komme eine verbesserte Weiterbildung in gynäkologischer Notfallmedizin, berichten die Gynäkologinnen und Gynäkologen um Murzakanova. Das Wichtigste in Kürze Frage: Wie häufig sind Totgeburten bei termingerechten Entbindungen? Antwort: Norwegen kommt in den beiden vergangenen Dekaden auf eine Inzidenz von 93 pro Million Entbindungen. Die Inzidenz ist seit 1999 von rund 150 auf zuletzt nur noch 20 pro Million Entbindungen gesunken – ein Rückgang um 87%. Bedeutung: Totgeburten bei termingerechten Entbindungen treten in Norwegen kaum noch auf, dies wird vor allem auf eine verbesserte intrapartale Versorgung zurückgeführt. Einschränkung: Reine Registeranalyse.

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