Über die Inzidenz von Schenkelhals- (SH) und pertrochantären Frakturen des Femurs bestehen unterschiedliche Angaben je nachdem, in welcher Stellung ein Spital steht. Umfragen im Rahmen von Vorträgen bestätigen meist, dass selbst Traumazentren lediglich 1 bis 2, maximal 3 Frakturen pro Jahr sehen. Somit ist davon auszugehen, dass die Erfahrung in der Behandlung solcher Frakturen eher gering ist [
3]. Unsere Klinik liegt im Einzugsgebiet mehrerer großer Skigebiete und deckt auch generell für die Frakturversorgung eher komplexer Frakturen beim Kind eine Region von ca. 1,3–1,4 Mio. Einwohnern ab. Die pertrochantären oder Delbet-Typ-4-Frakturen haben einen Anteil von nur 10 % an den Frakturen des proximalen Femurs und sind somit für den Behandler eine Seltenheit [
6]. Wir behandeln in unserem Zentrum pro Jahr ca. 1000 Frakturen bei Kindern zwischen 1 und 16 Jahren. Hierbei handelt es sich bei im Schnitt 3 bis 4 Frakturen um solche des proximalen Femurs, und lediglich 1 dieser Frakturen ist eine pertrochantäre Fraktur. Pertrochantäre Femurfrakturen werden wie andere Frakturen dieser Region in der Regel mit einer offenen Reposition mit interner Fixierung (ORIF) mittels Platten oder Schraubenosteosynthese versorgt [
3]. Jedoch erlaubt die extraartikuläre Lage dieser Frakturen und das damit verbundene, im Vergleich zu den Schenklhalsfrakturen praktisch fehlenden Risiko (0 %) für eine avaskuläre Nekrose (AVN) [
4,
5] auch ein Vorgehen mittels geschlossener Reposition und Stabilisierung. Eine Option der Behandlung dieser Frakturen beim Kind < 6 bis 8 Jahre ist die Ruhigstellung im Becken-Bein-Gips während 4 bis 6 Wochen. Dislozierte Frakturen müssen vor einer Ruhigstellung reponiert werden. Diese Reposition kann akut, aber auch durch eine Extension während 1 bis 2 Wochen erreicht werden. Ein großer Nachteil der konservativen Behandlung sind die Notwendigkeit wöchentlicher radiologischer Kontrollen und die damit verbundene hohe Strahlenbelastung des Kindes sowie die völlige Immobilisation im Becken-Bein-Gips [
1]. Eine alternative Behandlung dieser Frakturen ist die geschlossene Reposition und Osteosynthese mittels minimal-invasiver, elastisch-stabiler intramedullärer Nagelung (ESIN), durch die eine übungsstabile Versorgung dieser Frakturen auch beim Kind < 6 bis 8 Jahre erreicht werden kann. Die Technik der ESIN für Schaftfrakturen des Femurs, in den 1980er-Jahren durch die Nancy-Gruppe um Métaizeau und Prévot erstmals publiziert [
2], ist heute eine der Standardtechniken für diese Brüche. Für den in dieser Technik geübten Operateur ist jedoch unter der Beachtung einiger Besonderheiten auch eine Ausweitung der Indikation auf die proximalen, metaphysären Brüche des Femurs, die pertrochantären Frakturen, möglich. Aus Stabilitätsgründen sollte diese Versorgungstechnik nicht bei größeren/älteren Kindern angewendet werden.