07.04.2020 | Leitthema | Ausgabe 5/2020
Open Access
Traditionelle Chinesische Medizin (TCM) – vom Mythos zur Evidenz
- Zeitschrift:
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Bundesgesundheitsblatt - Gesundheitsforschung - Gesundheitsschutz
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Ausgabe 5/2020
- Autoren:
- Prof. Dr. med. Carl-Hermann Hempen, Dr. Josef Hummelsberger
Zusammenfassung
Die Traditionelle Chinesische Medizin (TCM) ist heute das umfassendste, weltweit am weitesten verbreitete traditionelle Medizinsystem.
Ursprünglich erschien die TCM in unserem westlichen Kontext als ein seltsames, mythologisches Gebilde, jedoch wurde durch die Überwindung der sprachlichen Hürden ein Verständnis möglich. Physiologie, Diagnostik und die klinische Anwendung wurden anwendbar und validierbar.
Im Jahr 1998 wurde durch das US-amerikanische National Insitute of Health erstmals eine Konsensuskonferenz zur Akupunktur durchgeführt. Seither werden Akupunktur und die TCM allgemein durch methodologisch gute Studien erforscht. Für die Akupunktur gibt es bereits Evidenz für die Wirksamkeit über Schmerztherapie und Allergie hinaus. Auch werden die Wirkmechanismen der Akupunktur bspw. durch Studien mit funktioneller Magnetresonanztomographie (fMRT) besser verstanden.
Auch für die chinesische Arzneitherapie (TCA) gibt es für einige Bereiche positive Metaanalysen und Studien. Hier besteht aber noch in großem Umfang Forschungsbedarf. Es zeigen sich Chancen für die Entwicklung neuer Medikamente und Rezepturen für die (Begleit‑)Behandlung im Bereich von Infekten, Autoimmunkrankheiten, Krebs, Stoffwechsel- sowie dermatologischen und gastrointestinalen Krankheiten.
Für die weitere Evaluierung der TCM, aber auch für eine integrative, kritische Anwendung in der Praxis der TCM ist eine fundierte Ausbildung von Ärzten dringend erforderlich, eine weitere Institutionalisierung ist für die Patientensicherheit und Orientierung geboten.
Die TCM scheint aus der Grauzone des rein Mystischen herausgetreten zu sein, sie kann Chancen für eine bessere Patientenversorgung bieten. In vielen Teilen besteht und wächst die Evidenz für TCM, es ist aber weiter dringend umfassende Forschung erforderlich. Diese sollte unabhängig gefördert werden.