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2016 | Buch

Transfusionsassoziierte Pharmakotherapie

herausgegeben von: Günter Singbartl, Kai Singbartl

Verlag: Springer Berlin Heidelberg

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Über dieses Buch

Das vorliegende Buch beschreibt diejenigen Substanzen, die für eine den Blutverlust mindernde und somit Blut/-präparate sparende Pharmakotherapie zur Verfügung stehen. Es schließt damit die pharmakologische Lücke in der Konzipierung eines individuellen, an patienten- und operationsspezifischen Gegebenheiten orientierten Transfusionskonzeptes und zeigt die transfusionsassoziierte Pharmakotherapie als integrativen Bestandteil eines individuellen Transfusionskonzeptes auf. Das Werk wendet sich an transfundierende Ärzte aller Fachgebiete, Transfusionsverantwortliche, Transfusionsbeauftragte und Qualitätsbeauftragte Hämotherapie.

Der Inhalt

Eisen

Erythropoese-stimulierende Pharmaka

Antifibrinolytika - Tranexamsäure, Aprotinin

Fibrinogen – Fibrin

Desmopressin

Rekombinanter Faktor VIIa

Inhaltsverzeichnis

Frontmatter
1. Eisen
Zusammenfassung
Eisen ist ein essentielles Spurenelement, wichtig vor allem für die Hämoglobinsynthese. Eisenmangel mit und ohne Anämie stellt perioperativ einen Risikofaktor für Morbidität und Mortalität dar und sollte vor elektiven Operationen diagnostiziert und behandelt werden. Eisensubstitution ist wirksamer vor als nach einer Operation, weil die postoperative Zytokinausschüttung den Erythropoietin- und Eisenstoffwechsel hemmen kann. Eine perioperative Eisensubstitution wird aktuell in vielen Studien untersucht, wobei die Datenlage bisher sehr heterogen ist und wenig signifikante Aussagen zulässt. Orale Eisentherapie ist nur bei akutem Eisenmangel oder begleitend bei der Eigenblutgewinnung vor der OP gut wirksam. Postoperativ ist die Eisenabsorption einige Zeit gehemmt und eine Eisensubstitution wenig effektiv. Eine intravenöse Eisensubstitution in hoher Dosierung (1000 mg – mit und ohne rHuEPO) sollte mit besonderer Sorgfalt eingesetzt werden (sehr selten anaphylaktische Reaktionen).
Peter Nielsen
2. Erythropoese stimulierende Pharmaka (ESP)
Zusammenfassung
Die perioperative Therapie mit Erythropoese stimulierenden Pharmaka (ESP) zur Vermeidung von allogenen Bluttransfusionen vermeidet Komplikationen, verkürzt die Verweildauer, verringert die Wiederaufnahmerate und ist kostendeckend, wenn sie differenziert als individuelles Hämotherapiekonzept für den jeweiligen Patienten etabliert und eingesetzt wird. Sie kann nicht nur bei elektiven und bei lang vorgeplanten Operationen effektiv und sicher durchgeführt werden, sondern auch mit wesentlich kürzerer Vorbereitungszeit, und ist, wie uns die Fallberichte der Zeugen Jehovahs lehren, auch eine zusätzliche Option bei Notfalleingriffen. Sie ist sicher und unbedenklich, wenn die Pharmakologie der ESP sowie der Hämoglobin-Indikationsbereich von 10–13 g/dL beachtet und eine medikamentöse Thromboseprophylaxe durchgeführt werden. Nicht empfohlen ist sie als generelles Programm für jeden Patienten, für die Anämie beim kritisch Kranken auf der Intensivstation und bei der Anämie des Frühgeborenen. Die Evidenzlage für die einzelnen in diesem Kapitel gegebenen Daten wird aus der 2015/2016 zu erwartenden AWMF Leitlinie ’präoperative Anämie’ klar ersichtlich sein.
Thomas Frietsch
3. Antifibrinolytika–Tranexamsäure und Aprotinin
Zusammenfassung
Tranexamsäure (TXA) gewinnt mit zunehmend restriktiverer Transfusionsindikation an Bedeutung. Die randomisierte CRASH-2-Studie an > 20.000 Traumapatienten zeigt eine Reduktion der Mortalität um absolute 1,5% infolge Senkung der blutungsbedingten Letalität; die Letalitätsrate sonstiger Ursachen bleibt unverändert. Wichtig ist eine frühzeitige TXA-Gabe binnen 1 h n. d. Trauma. Meta-Analysen über verschiedene operative Fachgebiete hinweg belegen eine Minderung von Blutverlust/Transfusionsbedarf um relative 30–40%. Topische (Orthopädie) und i.-v.-Gabe erweisen sich als gleich wirksam.
Daten von TXA bei pädiatrischen/juvenilen Patienten sind spärlich. Die Ergebnisse deuten auf eine Minderung von Blutverlust und/oder Transfusionsbedarf hin. Der Einsatz von TXA in der Kindertraumatologie wird aus den Daten der CRASH-2-Studie abgeleitet.
Eingeschränkte Nierenfunktion bedingt abhängig vom Kreatinin-Wert eine Dosisreduktion; eingeschränkte Leberfunktion bedarf keiner Dosisanpassung.
Guenter Singbartl, Kai Singbartl, Hannes Todt, Ehrenfried Schindler, Klaus Martin, Peter Tassani-Prell
4. Fibrinogen (FI)
Zusammenfassung
Das Hauptsubstrat der Gerinnung ist Fibrinogen (FI). Bei akuter Blutung ist es zumeist der erste Gerinnungsfaktor, der kritische Grenzwerte erreicht (150–200 mg/dl). FI kann hervorragend mittels point-of-care-tauglicher viskoelastischer Methoden (Thrombelstographie oder Thrombelastometrie) monitiert werden. Die Substitution kann mittels Frischplasma, Cryopräzipitat oder Fibrinogenkonzentrat erfolgen. Frischplasma ist nicht besonders effektiv, mit einer erhöhten Morbidität, insbesondere bei kritisch Kranken, sowie mit Volumenbelastung assoziiert. Cryopräzipitat wird in einigen europäischen Ländern nicht angeboten. Die Gabe von Fibrinogenkonzentrat wird in verschiedenen Leitlinien empfohlen. Als Akut-Phase-Protein kann FI physiologischerweise bei Entzündungsprozessen, schweren Verletzungen sowie nach großen Operationen in kurzer Zeit auf über 1000 mg/dl ansteigen; wobei hier Fibrinogenspaltprodukte anti-inflammatorische und sogar antibakterielle Eigenschaften haben.
Dietmar Fries, Mirjam Bachler, Martin Hermann
5. Desmopressin
Zusammenfassung
Die Einsatzmöglichkeiten von Desmopressin (DDAVP) sind sehr vielfältig, z. B. in der Prophylaxe und der Therapie von Blutungen. Prophylaktische Gaben von DDAVP sind besonders bei Patienten mit von-Willebrand-Syndrom und milder Hämophilie A möglich.
Der therapeutische Einsatz von DDAVP bei Thrombozytenfunktionsstörungen mit klinisch manifester Blutung wird entsprechend internationaler und nationaler Leitlinien empfohlen. Die aktuelle ESA-Leitlinie empfiehlt DDAVP für z. B. erworbenes von-Willebrand-Syndrom (vWS) sowie beim angeborenen dem vWS oder angeborenen Thrombozytenfunktionsstörungen.
Das thromboembolische Risiko liegt bei indikationsgerechter Anwendung unter 0.001 %, dieses wird auch in Kombination mit z. B. Tranexamsäure nicht signifikant gesteigert. Bei älteren Patienten/fortgeschrittener Herzkrankheit/fortgeschrittene Niereninsuffizienz sollte DDAVP mit Vorsicht angewendet werden. DDAVP ist in einem hämostaseologischen multimodalen Gesamtkonzept sinnvoll einsetzbar.
Jürgen Koscielny
6. Rekombinanter Faktor VIIa
Zusammenfassung
Rekombinanter aktivierter Faktor VII (rFVIIa) ist ein Gerinnungsenzym, das nach hochdosierter intravenöser Gabe eine massive Thrombinbildung (Thrombinburst) induziert und dadurch hämostyptisch wirkt. Für diese Wirkung essentiell sind ausreichend hohe Plasmaspiegel der Gerinnungsfaktoren X, V und II sowie von Fibrinogen und eine ausreichend hohe Thrombozytenzahl. Eine Hypothermie und eine azidotische Stoffwechsellage sind weitere Faktoren, die zu einer Einschränkung der rFVIIa-Wirkung führen können. Vor der Gabe von rFVIIa sollten deswegen entsprechende Korrekturmaßnahmen eingeleitet werden.
Zugelassene Indikationen für rFVIIa umfassen die Prophylaxe und Therapie von Blutungen bei Patienten mit hereditärem Faktor-VII-Mangel, angeborener Hämophilie A/B mit hochtitrigem Hemmkörper, Auto-AK gegen Faktor VIII oder IX, Thrombasthenie Glanzmann. Durch die Behandlung mit rFVIIa wird das Risiko für arterielle thromboembolische Ereignisse leicht erhöht. Deswegen sollte die Indikationsstellung für die rFVIIa-Gabe bei Patienten mit arteriellen Gefäßerkrankungen besonders restriktiv gestellt werden. Eine absolute Kontraindikation gegen die rFVIIa-Gabe besteht bei bedrohlichen Blutungen nicht.
RCTs konnten bei orthotoper Lebertransplantation oder herzchirurgischen Eingriffen keine Vorteile für rFVIIa belegen. Eine erste kleinere RCT bei Traumablutung senkte die Morbidität, eine größere Nachfolgestudie konnte diesen Vorteil nicht bestätigen. Ähnliches gilt auch für Patienten mit intrazerebraler Blutung. Ein Überlebensvorteil konnte in einer Folgestudie für dieses Patientenkollektiv nicht belegt werden.
Basierend auf den Ergebnissen großer klinischer Studien wird rFVIIa als Ultima-ratio-Therapie bei therapierefraktären Blutungen eingesetzt. Allerdings wird aufgrund der erhöhten Inzidenz von arteriellen thromboembolischen Komplikationen unter rFVIIa eine sorgfältige Abwägung zwischen möglichem klinischen Nutzen und der assoziierten Komplikationsrate gefordert.
Die Dosierung beträgt 90 μg/kg; ggf. Repetitionsdosis nach 2 h. Der Ausschluss eines Heparineffekts ist Voraussetzung für klinische Wirksamkeit: Fibrinogen ≥100–150 mg/dl, Thrombozyten ≥50.000/nl, pH ≥7,2.
Bernd Pötzsch, Oliver Grottke
Backmatter
Metadaten
Titel
Transfusionsassoziierte Pharmakotherapie
herausgegeben von
Günter Singbartl
Kai Singbartl
Copyright-Jahr
2016
Verlag
Springer Berlin Heidelberg
Electronic ISBN
978-3-662-47258-3
Print ISBN
978-3-662-47257-6
DOI
https://doi.org/10.1007/978-3-662-47258-3

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