„Auch postmenopausale Frauen können spenden, der Uterus springt wieder an“

Prof. Dr. Sara Brucker aus Tübingen hat die erste Uterustransplantation in Deutschland durchgeführt. Wie das genau ablief, berichtete sie auf dem FOKO. Für Brucker war die Uterustransplantation ein logischer Schritt für ihre Patientinnen mit Vaginaaplasie, die sie in ihrem Zentrum mit dem größten Kollektiv von Patientinnen mit einem Mayer-Rokitansky-Küster-Hauser-Syndrom (MRKH) weltweit mit einer Neovagina versorgen konnte. „Wir haben den Mädchen ohne Vagina und Uterus ermöglicht, zur Frau zu werden, nun können wir ihnen auch den Weg von der Frau zur Mutter eröffnen.“ In Schweden wurden bislang neun Uterustransplantationen vorgenommen (davon acht bei MRKH-Patientinnen). Nach zwölf Monaten funktionierten sieben Uteri, fünf Lebendgeburten nach IVF waren bisher der Erfolg. Bis es auch in Tübingen zur Uterustransplantation kam, war es ein langer Weg. „Wir waren mit einem Team in Schweden und haben selbst viel an Tieren geübt“, erzählte Brucker. Bis zur ersten Transplantation wurden 100 Spender-Empfänger-Paare gescreent. In der Regel ist die Lebendspenderin die Mutter. „Auch postmenopausale Frauen können spenden, der Uterus springt wieder an“, sagte Brucker. Die Anforderungen sind aber so, dass nur wenige Lebendspenderinnen überhaupt infrage kommen. Folgende Voraussetzungen müssen für eine Uterus-Lebendspenderin erfüllt sein: Spende erfolgt freiwillig Spenderin „passt“ zu Empfängerin (HLA-Match) abgeschlossene Familienplanung Alter unter 65 Jahre normale Zervixbefunde im Abstrich in der Krebsfrüherkennungsuntersuchung in den letzten sechs Jahren normale Uterusfunktion (keine Blutungsstörungen, keine Myome, normale Schwangerschaften, keine Extrauterin-Graviditäten oder mehrfache Aborte) normale Gefäßversorgung (Angio-MRT) keine Krebserkrankung oder HPV > 5 Jahre keine chronischen Infektionen (HIV, Tuberkulose, Hepatitis) keine anderen schweren Erkrankungen (inklusive Hypertonie, Adipositas, Nikotinabusus) Die Zustimmung von Ethikkommission, Ärztekammern und Transplantationsgremien musste eingeholt werden, denn Spenderin und Empfängerin, aber auch der potenzielle Nachwuchs gehen erhebliche und zum Teil derzeit noch nicht kalkulierbare Risiken ein (siehe Tabelle). Risiken Spenderin und Empfängerin allgemeine Operationsrisiken (Laparotomie, Blutung, Bluttransfusion, Op-Dauer) psychische Belastung Spenderin Nachlassen der ovariellen Funktion? reduzierte Lebensqualität? Empfängerin Risiken der Immunsuppression (Infektionen, Hypertonie, Diabetes, Krebserkrankungen etc.) Abstoßungsreaktion Schwangere Präeklampsie (v.a. bei einseitiger Nierenagenesie) Infektionen Gestationsdiabetes Abstoßungsreaktion Risiken der Sektio (und der Hysterektomie nach ein bis zwei Schwangerschaften) Kind Fehlgeburt/Totgeburt Frühgeburt, niedriges Geburtsgewicht Fehlbildungen? Der Eingriff selbst bedeutete einen sehr großen Aufwand mit einem multidisziplinären Team. „Mehr als 40 Kollegen in zwei Operationssälen waren an unserer ersten Transplantation beteiligt“, berichtete sie. Bisher hat sich der Aufwand gelohnt: Der am 14. Oktober 2016 von der Mutter zu ihrer 23-jährigen Tochter transplantierte Uterus hat seine Funktion aufgenommen. „Die Patientin hat das erste Mal in ihrem Leben eine Menstruation“, freute sich Brucker. Der Weg zum eigenen Kind führt nun frühestens ein Jahr nach der Transplantation über In-vitro-Fertilisation (IVF) und Embryonentransfer, denn der Uterus wird ohne Adnexe übertragen. Die Schwangerschaft ist auch unter Immunsuppression ohne Risiken möglich, wird aber engmaschig überwacht. Die Geburt erfolgt immer per Sectio und spätestens nach der zweiten Geburt folgt die Hysterektomie, um die Uterusempfängerin von der Immunsuppression zu befreien. Die Kosten schätzt Brucker auf nicht wesentlich mehr als die einer Nierentransplantation plus einer IVF. Die Universitätsklinik Tübingen hat ein entsprechendes Entgelt für neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden (NUB) eingereicht. Einen Wermutstropfen gab es aber doch: Die zweite Uterustransplantation konnte nicht erfolgreich durchgeführt werden. Der Spenderuterus ließ sich nicht perfundieren und wurde der Spenderin damit umsonst entnommen. Basierend auf: Symposium: Pro- und Kontra-Diskussionen, Fortbildungskongresses, 9.-11. März 2017 in Düsseldorf

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