Intubation nach SHT: Wer macht's wie?

In der Praxis der Intubation von Patienten mit Schädel-Hirn-Trauma zeigen sich erhebliche Differenzen zwischen den einzelnen europäischen Ländern. Nicht immer geht es dabei leitlinientreu zu. Wann Patienten mit einem Schädel-Hirn-Trauma (SHT) intubiert werden müssen, ist in der deutschen Leitlinie zum SHT im Erwachsenenalter klar definiert: „Bewusstlose Patienten (Anhaltsgröße Glasgow Coma Scale ≤ 8) sollen intubiert werden und für ausreichende (Be-)Atmung ist zu sorgen“, steht dort zu lesen. Ein Absinken der Sauerstoffsättigung unter 90% sei zu vermeiden. Das Ganze läuft unter der Überschrift: „Maßnahmen am Unfallort – Präklinische Versorgung.“ Die Schwelle von 8 Punkten auf der Glasgow Coma Scale (GCS), ab der von einem schweren SHT auszugehen ist, wird allgemein als Intubationsindikation akzeptiert. Das heißt noch nicht, dass entsprechende Leitlinien auch befolgt würden. Die Adhärenzrate liegt meist bei rund 80%, wobei die in der Literatur angegebenen Raten von 44% bis 92% reichen. Wie es in Europa um die Praxis der endotrachealen Intubation von Patienten mit SHT bestellt ist, hat eine Forschergruppe mit dem Namen CENTER-TBI-Collaborators, angeführt von Benjamin Gravesteijn von der Rotterdamer Erasmus-Universität, untersucht. Beteiligt waren auch mehrere deutsche Zentren, darunter die Berliner Charité. Zu den Finanziers der Studie zählte die Hannelore-Kohl-Stiftung. Beteiligt waren 3843 SHT-Patienten von 45 Zentren in 16 Ländern. 839 Patienten (22%) wurden präklinisch, 483 (13%) in der Klinik intubiert. Wiederum schwankten die Anteile im Tubuseinsatz beträchtlich, im präklinischen Bereich reichte die Spanne von 0% bis 60% für die einzelnen Zentren und von 2% bis 56% für die beteiligten Länder. Für Intubationen in der Klinik lagen die Raten bei 0% bis 73% (Zentren) und 1% bis 41% (Länder). Die Raten für Deutschland bewegten sich im mittleren Bereich, an der Spitze lagen Frankreich bei der präklinischen Intubationsrate und Schweden beim klinischen Anteil. Nicht nur der GCS-Wert entscheidet über die Intubation Verschiedene Faktoren beeinflussten die Wahrscheinlichkeit dafür, ob ein SHT-Patient intubiert wurde oder nicht. Dazu gehörten neben dem (niedrigen) Punktwert auf der GCS das Alter der Patienten (je jünger, desto eher wurden sie intubiert) und das Verletzungsmuster (Verletzungen im Kopf-Hals-Bereich, Gesicht oder am Thorax-/Brustbereich erhöhten die Intubationswahrscheinlichkeit). Wo ein Anästhesist verfügbar war, wurde häufiger intubiert; handelte es sich um intubationsberechtigtes Rettungspersonal, reduzierte das die Intubationshäufigkeit. Ein weiterer wichtiger Faktor waren starre Pupillen. Und es spielte ebenfalls eine Rolle, welches Rettungskonzept verfolgt wurde: „Scoop and Run“, also den Patienten einladen und schnellstmöglich in die Klinik fahren, senkte die Intubationswahrscheinlichkeit im Vergleich zu einer „Stay and Play“-Taktik, die eine umfangreiche Versorgung noch am Unfallort anstrebt. Neben der Glasgow Coma Scale waren es also vor allem bestimmte Merkmale des Patienten und das Verletzungsmuster – wie die Schwere der Läsionen und neurologische Beeinträchtigungen –, die über die Entscheidung zur Intubation mitbestimmten. Interessanterweise hatten 10% der präklinisch intubierten Patienten einen GCS-Wert > 12, ebenso 25% der in der Klinik intubierten. Hingegen hatten 10% der Nichtintubierten einen niedrigeren GCS-Wert. Wie die substanziellen Unterschiede zwischen den einzelnen Ländern und Zentren zu erklären sind, ist unklar, und auch, welche Patienten am meisten von einer endotrachealen Intubation profitieren. Es bedürfe weiterer Studien, so Gravesteijn und Kollegen, um die Nachweislage mit Blick auf die Versorgung von SHT-Patienten zu verbessern.

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