Schadet die CT-Urografie mehr, als sie nützt?

Patienten mit asymptomatischer Mikrohämaturie zur CT-Urografie zu schicken, könnte ihnen mehr Nachteile als Vorteile bringen. Die Bilanz ist allerdings stark von den Randbedingungen abhängig. Asymptomatische Mikrohämaturie gehört zu den häufigen Befunden in der Arztpraxis. Je nach Definition und untersuchter Patientengruppe liegt die Prävalenz laut Zahlen in der deutschen Leitlinie „Nicht-sichtbare Hämaturie“ zwischen 2,5% und 20%. Die Wahrscheinlichkeit, dass hinter der Mikrohämaturie ein Malignom steckt, ist einerseits deutlich geringer – andererseits aber durchaus gegeben. Es ist daher eine praktisch relevante Frage, wie eine Mikrohämaturie abzuklären, speziell welches bildgebende Verfahren einzusetzen wäre. Die US-amerikanische Leitlinie beispielsweise kürt die CT-Urografie (CTU) zum diagnostischen Goldstandard. Prinzipiell handelt es sich dabei um eine Methode, mit der sich Urothelkarzinome des oberen Harntraktes und Nierenzellkrebs mit hoher Sensitivität detektieren lassen. Das Verfahren setzt die Patienten aber ionisierender Strahlung aus – und zwar wegen des dreiphasigen Untersuchungsgangs sogar einer relativ hohen Dosis. Angesichts der geringen Prävalenzen der abzuklärenden malignen Pathologien ist der Nutzen der CTU gegen den möglichen Schaden jedoch sorgfältig abzuwägen. Unternommen haben diese Abwägung Urologen um Todd Yecies von der Universitätsklinik Pittsburgh. Sie besahen sich die gepoolten Daten von 7532 Patienten mit asymptomatischer Mikrohämaturie. Dabei stießen sie auf eine Prävalenz von Urothelkarzinomen der oberen Harnwege von 0,053% und von Nierenzellkarzinomen von 0,48%. (Malignome der unteren Harnwege wurde nicht berücksichtigt, weil hier die Zystoskopie das Diagnostikum erster Wahl ist.) Die Sonografie hatte eine Sensitivität von 77% für obere Urothel- und von 82% für Nierenzellkarzinome, verglichen mit dem Goldstandard CTU. Die Strahlendosis für die CTU lag bei 31,7 mSv, das Risiko für ein sekundäres Malignom nach einmaliger CTU erreichte gemäß den Kalkulationen von Yecies und Kollegen zwischen 0,265% für Frauen unter 40 und 0,054% für Männer über 70. Risiko sekundärer Malignome überwiegt womöglich Von dieser Grundlage ausgehend, stellten die US-Urologen ihre Modellrechnungen an. Hiernach haben von 100.000 Patienten mit asymptomatischer Hämaturie 53,1 ein oberes Urothelkarzinom und 478,0 Nierenzellkrebs. Insgesamt 98,2 Fälle – 12,2 Urothelkarzinome und 86,0 Nierenzellkarzinome – würden in der Sonografie übersehen und im CTU erkannt. Diesem Gewinn stehen 149 sekundäre Malignome gegenüber, die durch die CTU verursacht werden und wovon 101 tödlich verlaufen. Um gegenüber der Sonografie ein zusätzliches Malignom des oberen Harntrakts zu entdecken, müssten 1018,3 CTU gefahren werden. „Die Studienergebnisse legen nahe, dass das Risiko eines sekundären Malignoms aufgrund der Strahlenbelastung der CTU den diagnostischen Nutzen gegenüber der Sonografie überwiegt“, schreiben Yecies und Mitarbeiter in ihrem Resümee. Anzumerken ist, dass diese Folgerung stark von den Annahmen abhängt. So liegt etwa die für die CTU veranschlagte Strahlendosis von 31,7 mSv an der oberen Grenze der aus der Literatur herauszulesenden Streubreite von rund 8 bis 30 mSv, Niedrig-Dosis-Technik nicht berücksichtigt. Die erwähnte deutsche Leitlinie gibt sich in puncto Bildgebung ohnehin eher zurückhaltend. So heißt es darin: „Nicht-sichtbare Hämaturien rechtfertigen nur im höheren Alter und/oder bei zusätzlichen Risikofaktoren eine abgestufte, standardisierte Diagnostik.“ Empfehlung der Redaktion 05.03.2018 | Harnblasenkarzinom | CME Fortbildung CME: Diagnostik und Therapie des Harnblasenkarzinoms Das Urothelkarzinom der Harnblase zählt zu den häufigsten Malignomen des unteren Harntrakts und nimmt bis zu 7% aller Krebserkrankungen in der westlichen Welt ein. Die CME-Fortbildung informiert über den aktuellen Stand der leitliniengerechten diagnostischen und therapeutischen Möglichkeiten.

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