Tipps für die Tumorschmerz-Therapie

Mithilfe einfacher Regeln lassen sich Tumorschmerzpatienten auf Opioide einstellen. Um Schmerzen von Tumorpatienten zu lindern, stehen genügend Medikamente und Methoden zur Verfügung. Ziel ist es, starke Schmerzen so weit zu reduzieren, dass sich der Patient damit arrangieren kann und dass Verrichtungen des Alltags, so weit es geht, bewältigt werden können. Bei vielen dieser Patienten handelt es sich um Senioren. Das hat für die Auswahl der zu verabreichenden Medikamente Konsequenzen. „Etwa 20 Prozent der über 65-Jährigen haben eine schwere und etwa 70 Prozent eine leichte Niereninsuffizienz“, sagt Norbert Schürmann vom St. Josef Krankenhaus in Moers, Vizepräsident der Deutschen Gesellschaft für Schmerzmedizin e.V. (DGS). Zudem reagiere die Leber empfindlicher auf Sauerstoffmangel als bei jüngeren Menschen und Medikamente würden verzögert verstoffwechselt. Bei entsprechender Komedikation drohen Interaktionen. „Die Patienten dürfen daher nicht zu viele zentral wirksame Medikamente erhalten“, so Schürmann. Denn diese könnten die Immobilität verstärken, Inkontinenz, Tagesmüdigkeit mit erhöhter Sturzgefahr oder Schlafstörungen auslösen. Opioide müssen regelmäßig eingenommen werden Schürmann, der Koautor der DGS-Praxisleitlinie „Tumorschmerz“ ist, empfiehlt, bei Neueinstellung auf ein Opioid mit der Hälfte der Erwachsenendosis anzufangen und dann sehr langsam die Dosis zu steigern. Bei alten Patienten kann etwa mit einem Drittel der Erhaltungsdosis gearbeitet werden, die jüngere Patienten benötigen. „Selbst in niedrigen Dosierungen kommen wir oft mit Einmalgaben täglich aus“, erklärt der Anästhesist und Allgemeinmediziner. Opioide sollen unbedingt regelmäßig eingenommen werden, um gleichmäßige Wirkspiegel über 24 Stunden zu erzeugen. Auf diese Weise werden End-of-dose-Schmerzen verhindert, wie sie bei unzureichender Dosis am Ende des Dosisintervalls auftreten. Gleichmäßige und ausreichend hohe Wirkspiegel führen letztlich zu Einsparungen an Gesamtwirkstoffdosis, die ansonsten mit häufigen Bedarfseinnahmen zustande kommt. Als Präferenzsubstanz nennt die DGS-Praxisleitlinie Hydromorphon. Denn dieser Wirkstoff wird unabhängig von der Nieren- oder Leberinsuffizienz metabolisiert, er kumuliert nicht und löst keine zentralnervösen Störungen aus. „Oxycodon ist ebenfalls ein sehr gutes Präparat, Vorsicht ist allerdings bei schwerer Niereninsuffizienz geboten“, so Schürmanns Erfahrung. Übelkeit und Erbrechen unter Opioidtherapie treten vor allem in den ersten zwei Wochen auf, weshalb bei Neueinstellung prinzipiell die medikamentöse Prophylaxe angezeigt ist. Danach kann sie im Allgemeinen wieder abgesetzt werden. Dauerhaft ist dagegen die Obstipationsprophylaxe indiziert. Schürmann empfiehlt als Alternativen zu Lactulose, die Blähungen verursachen kann, oder zu Macrogol, das Palliativpatienten oft nicht mehr hinunterbekommen, Naloxegol oder Prucaloprid, weil die kleinen Tabletten gut geschluckt werden können. Hautkontakt wird beruhigend Doch was tun, wenn man zu einem Tumorpatienten mit exazerbierten Schmerzen gerufen wird? Schürmann rät davon ab, einfach Analgetika in Tropfenform oder ein neues Opiat zu verschreiben. Mit einer intravenösen Interventionstherapie gelingt es, innerhalb von zehn Minuten starke Schmerzen um bis zu 60 Prozent zu reduzieren. Angst vor einer Ateminsuffizienz muss man dabei nicht haben: „Wir machen das pro Jahr etwa 300 Mal und ich habe noch nie eine Apnoe erlebt“, betont Schürmann. Er titriert 10 mg Morphin oder 2 mg Hydromorphon in 10 ml Lösung mit 1 ml pro Minute. Das begleitende Gespräch mit dem Patienten dient dabei sowohl der permanenten Schmerzmessung anhand der visuellen Analogskala (VAS) als auch der Vigilanzkontrolle. Zusätzlich wirken der verbale und der Hautkontakt beruhigend. Bei einem Schmerzniveau von 3 bis 5 auf der elf-stufigen VAS (0-10) wird die Titration beendet. Anschließend kann die intravenös gespritzte Dosis in die orale Tagesdosis umgerechnet werden, ergänzt um eine Bedarfsmedikation in Höhe von einem Sechstel der Tagesdosis. Diese kann vor körperlichen Aktivitäten, die bekanntermaßen schmerzauslösend sind, etwa das Aufstehen zu Mahlzeiten, vor pflegerischen Maßnahmen oder vor dem Gang zur Toilette, verabreicht werden. Und zwar mindestens 20 Minuten zuvor. Quelle: Ärzte Zeitung

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