Inkretinmimetika: Erhöhtes Risiko für Gallenbeschwerden

GLP-1-Analoga scheinen bei Typ-2-Diabetikern das Risiko für Gallenblasen- und Gallengangerkrankungen zu steigern. In absoluten Zahlen ist die Gefahr jedoch eher gering. Der Eingriff in den Inkretinstoffwechsel mit GLP-1-Analoga und DPP-4-Hemmern (Gliptinen) bei Typ-2-Diabetikern ist ein relativ neues Therapieprinzip. Entsprechende Medikamente sind noch nicht allzu lange auf dem Markt, und daher stellt sich die Frage nach Nebenwirkungen, die – weil selten – in den Zulassungsstudien nicht aufgetaucht waren. Da GLP-1 neben seiner antidiabetischen Wirkung auch die Proliferation und funktionale Aktivität von Cholangiozyten verstärkt, wird befürchtet, dass eine inkretinbasierte Therapie an dieser Stelle für Ärger sorgen könnte. Kanadische Forscher haben daher die britische Datenbank „Clinical Practice Research Datalink (CPRD)“ nach Hinweisen auf vermehrte Cholelithiasis-, Cholezystitis-, und Cholangitis-Diagnosen bei Typ-2-Diabetikern mit einer inkretinbasierten Behandlung durchforstet. Sie wurden tatsächlich fündig. Danach scheint sich unter GLP-1-Analoga die Gefahr von Gallenproblemen zu verdoppeln. Bei einer Therapie mit DPP-4-Hemmern ist dies offenbar nicht der Fall. Kein erhöhtes Risiko unter Gliptinen In der CPR-Datenbank, die von Allgemeinärzten gefüttert wird, finden sich Informationen zu 13 Millionen Patienten – rund 8% der britischen Bevölkerung. Das Team um Dr. Jean-Luc Faillie vom Jewish General Hospital in Montreal schaute zudem nach Einträgen in der Klinikdatenbank „Hospital Episodes Statistics (HES)“ mit sämtlichen Informationen zu Klinikeinweisungen und Diagnosen. Auf diese Weise konnten sie erkennen, wie viele Diabetiker mit welcher Therapie aus welchen Gründen in eine Klinik mussten. Die Analyse berücksichtigte Daten von über 71.000 erstmals behandelten Diabetikern ab dem Jahr 2007 – damals wurden in Großbritannien die ersten inkretinbasierten Therapien eingeführt. Patienten mit Insulintherapie wurden von der Analyse ausgeschlossen, da bei ihnen ein fortgeschrittener Diabetes anzunehmen war. Nur ein kleiner Bruchteil der Diabetiker hatte ein GLP-1-Analogon bekommen (693 Patienten), immerhin 3270 Diabetiker einen DPP-4-Hemmer. Im Laufe von 3,2 Jahren kam es zu 853 Klinikaufnahmen aufgrund von Gallenproblemen, darunter befanden sich 563 Gallensteine, 368 Cholezystiden und nur fünf Cholangitiden. Eine Gallenblasenentfernung mussten 75 Patienten erdulden. Zusammen lag die Inzidenz solcher Erkrankungen bei 3,7 auf 1000 Personenjahre. Unter DPP-4-Hemmern betrug sie 3,6 und mit GLP-1-Analoga 6,1 pro 1000 Patientenjahre. Dagegen fanden die Forscher bei Patienten mit zwei oder mehr oralen Nichtinsulinantidiabetika aus anderen Wirkstoffklassen nur eine Inzidenz von 3,3 pro 1000 Personenjahre. Berücksichtigten sie eine Reihe von Variablen wie Alter, Geschlecht und diverse Diabetesrisikofaktoren, so ergab sich für DPP-4-Hemmer keine erhöhte Inzidenz für Gallenprobleme, wohl aber für GLP-1-Analoga: Sie war im Vergleich zu Patienten mit zwei oder mehr Nichtinsulinantidiabetika aus anderen Wirkstoffklassen um 80% erhöht. Zudem zeigte sich ein Dosiseffekt: Bei Patienten mit mehr als 180 Tagesdosen war die Inzidenz verdoppelt. Geringe Ereigniszahlen Allerdings müssen die Resultate unter dem Vorbehalt der niedrigen Ereigniszahlen verstanden werden. So kam es unter der Therapie mit GLP-1-Analoga nur zu 30 Klinikeinweisungen aufgrund von Gallenproblemen – vielleicht etwas wenig, um darauf eine Warnung aufzubauen. Zudem bleibt nach diesen Berechnungen auch unter GLP-1-Analoga nur ein geringes absolutes Risiko für solche Beschwerden: Auf zehn Jahre gerechnet, erkranken 6% der Typ-2-Diabtetiker an ihren Gallenblasen und deren Gängen. Die Forscher um Faillie mahnen ihre ärztlichen Kollegen dennoch zur Vorsicht: Bei Typ-2-Diabetikern unter GLP-1-Analoga sollten sie ein besonderes Augenmerk auf Gallenprobleme legen. Ob GLP-1-Analoga tatsächlich das Risiko für Gallenbeschwerden erhöhen, sollte jedoch in deutlich größeren Analysen eruiert werden.

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