Erschienen in:
28.05.2019 | Überaktive Blase | Leitthema
Sakrale Neuromodulation bei unter- und überaktivem Detrusor – quo vadis?
Prinzipien und Entwicklungen
verfasst von:
F. Girtner, Prof. Dr. M. Burger, PD Dr. R. Mayr
Erschienen in:
Die Urologie
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Ausgabe 6/2019
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Zusammenfassung
Hintergrund
Die sakrale Neuromodulation (SNM) wird seit fast 40 Jahren bei Patienten mit therapierefraktärer überaktiver Blase („overactive bladder“, OAB), nichtobstruktiver Harnretention und fäkaler Inkontinenz eingesetzt. Sie ist von der sakralen Vorderwurzelstimulation zu unterscheiden, welche ausschließlich bei Querschnitt-bedingten Blasenfunktionsstörungen angewandt wird.
Wirkungsweise
Die Funktionsweise der SNM ist nicht abschließend geklärt. Sie beruht jedoch u. a. auf der Aktivitätsmodulation afferenter Neurone in Miktionszentren des Sakralmarks, des Hirnstamms sowie des Großhirns. Dadurch werden vorzeitige Detrusorkontraktionen unterdrückt, die Harndrangsensation verzögert und die Koordination der Blasenentleerung verbessert.
OP- & Stimulationstechnik
Die korrekte Elektrodenplatzierung erfolgt anhand motorischer Reaktionen. Der endgültigen Implantation des Neurostimulators geht eine teils mehrwöchige Testphase voraus, in der mittels eines externen Aggregats optimale Stimulationsparameter ermittelt werden. Nach endgültiger Implantation können jährliche Geräteüberprüfungen mit telemetrischen Feinjustierungen den Behandlungserfolg optimieren.
Indikationen und Erfolge
Bei der Behandlung der therapierefraktären OAB und nichtobstruktiven Harnretention sind Erfolgsraten von >70 % zu verzeichnen, welche für mehr als 5 Jahre anhalten können. Die SNM kann auch effektiv bei fäkaler Inkontinenz und chronischer Obstipation eingesetzt werden.
Kontraindikationen und Risiken
Als Risikogruppen gelten Kinder, Schwangere und Patienten, die regelmäßig MRT-Untersuchungen benötigen. Hier sollte möglichst auf den Einsatz der SNM verzichtet werden. Wichtige Komplikationen der SNM stellen Fremdkörperinfektionen, technische Probleme wie Elektrodendislokation oder Batterieerschöpfung sowie Schmerzen dar. Hier kann gegebenenfalls eine operative Revision notwendig werden.
Schlussfolgerung
Eine zukünftige Ausweitung der Indikationen im deutschen Gesundheitswesen auf das chronische Beckenbodenschmerzsyndrom, die erektile Dysfunktion sowie weitere gastrointestinale Erkrankungen erscheint plausibel. Technische Weiterentwicklungen werden das Nutzen-Risiko-Verhältnis der sakralen Neuromodulation weiter verbessern.