Erschienen in:
11.05.2017 | EBM | Fokus
Verhältnis von personalisierter zu evidenzbasierter Medizin
Ergänzung oder Widerspruch?
verfasst von:
Prof. Dr. med. Dr. phil Eva Winkler
Erschienen in:
Forum
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Ausgabe 3/2017
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Zusammenfassung
„Personalisierte Medizin“ ist der Inbegriff der modernen Medizin und Hoffnungsträger für eine substanzielle Verbesserung der Diagnostik, Prävention und Therapie von Tumorerkrankungen. In diesem Beitrag wird ihr Verhältnis zur evidenzbasierten Medizin, unserem bisherigen Standard von guter Medizin, diskutiert. Einerseits werden personalisierte Ansätze häufig evidenzbasierten gegenübergestellt und andererseits erreichen viele biomarkerinformierte Therapieansätze die Klinik, und die Frage ihrer Absicherung durch ausreichende Evidenz stellt sich genauso wie bei allen Innovationen. Zunächst werden Definition, Historie und Verständnis von evidenzbasierter und personalisierter Medizin dargestellt. Die Kernfrage, ob die Mittel der evidenzbasierten Medizin für den Nutzennachweis in stratifizierten und damit immer kleineren Subgruppen ausreichen, wird unter Verweis auf die Notwendigkeit der Weiterentwicklung der Studiendesigns bejaht. Die derzeitige Evidenz wird dahingehend bewertet, dass sie nicht ausreicht, um allein aufgrund der molekularen Identifizierung von behandelbaren Mutationen den Off-label-Gebrauch der entsprechenden zielgerichteten Substanzen in der Routineversorgung zu rechtfertigen. Dieser Einsatz sollte dem Forschungskontext vorbehalten oder auf den individuellen Heilversuch beschränkt bleiben, wenn er z. B. durch ein molekulares Tumorboard gut begründet ist. Insgesamt müssen Therapieansätze der stratifizierenden Medizin ihren Nutzen für die behandelten Patienten nachweisen. Hierfür sind ein Um- und Weiterdenken mit Blick auf effiziente und aussagekräftige Studiendesigns und v. a. einen schwerpunktmäßigen Ausbau der biomarkercharakterisierten klinischen Forschung notwendige Voraussetzung.