Schwimmen, bis die Schulter schmerzt: Wer ist gefährdet?

Schulterschmerzen sind bei Leistungsschwimmern weit verbreitet – und sie können das Ende einer Schwimmkarriere bedeuten. Welche Sportler besonders von Präventionsmaßnahmen profitieren dürften, lässt eine Studie aus Belgien erkennen. Das Wichtigste in Kürze zu dieser Studie finden Sie am Ende des Artikels. Woche für Woche viele Kilometer im Wasser kraulend zurückzulegen, bedeutet wegen der repetitiven Schulterrotationen und der hauptsächlich vom Oberkörper ausgehenden Schubkraft eine enorme Belastung für das Schultergelenk und das umgebende Gewebe. Viele Leistungsschwimmer leiden daher an Schulterschmerzen, wie Sportmediziner der Universität Antwerpen berichten. Um gefährdete Schwimmer früh zu erkennen und ihnen eine gezielte Prävention anbieten zu können, haben Stef Feijen und Kollegen in einer prospektiven Studie nach entsprechenden Risikofaktoren gesucht. Nach ihren Daten sind es vor allem vier Faktoren, mit denen sich das Auftreten von Schulterschmerzen vorhersagen lässt: das Verhältnis von akuter zu chronischer Belastung durch das Schwimmtraining, das Wettkampfniveau, die Kraftausdauer der hinteren Schulter und die Position der eintauchenden Hand beim Kraulen. Für die Studie hatten Feijen et al. 201 Leistungsschwimmer im Alter von 10 bis 40 (im Mittel 13) Jahren bis zu fünfmal im Abstand von sechs Monaten körperlich untersucht und beim Schwimmen beobachtet; 72 Sportler schieden allerdings vorzeitig aus. Bei 42 Teilnehmern traten Schulterschmerzen neu auf; das entsprach einer Inzidenz von etwa 30%. Einen unabhängigen Einfluss auf das Risiko, Schulterschmerzen zu entwickeln, hatten von einer Vielzahl untersuchter Faktoren letztlich nur die vier oben genannten. Riskant: Plötzliche Erhöhung des Trainingsvolumens Als besonders wichtig erwies sich das Verhältnis von akuter zu chronischer Belastung (ACWR): Jeder Anstieg um eine Einheit erhöhte die Odds Ratio um den Faktor 4,13. Dieser Befund stütze die Ansicht, so Feijen et al., dass eine plötzliche Erhöhung des Trainingsvolumens das Verletzungsrisiko von jugendlichen Schwimmern erhöht. Beim Wettkampfniveau zeigte sich im Vergleich mit der Vereinsebene letztlich nur für die Regionalliga ein signifikanter Unterschied: Wer dort antrat, hatte ein geringeres Risiko für Schulterschmerzen (OR 0,19). Die Studienautoren vermuten, dass Schwimmer, die sich nur auf Vereinsebene an Wettkämpfen beteiligen und daher weniger regelmäßig trainieren, bei einer plötzlichen Steigerung der ACWR stärker verletzungsanfällig sind. In Einklang mit Untersuchungen, wonach mittlerer und unterer Teil des M. trapezius, M. infraspinatus und M. suprapinatus beim Kraulen besonders beansprucht werden, war eine höhere Kraftausdauer der hinteren Schulter mit einer geringeren Wahrscheinlichkeit für Schulterschmerzen verbunden (OR 0,95 pro Anstieg um 1 Punkt). Vorteil durch Fehlhaltung? Überraschend war die Beobachtung, dass eine Fehlhaltung der Hand im Hinblick auf die Entwicklung von Schulterschmerzen einen Vorteil bedeutete. Die Hand nicht in einer Linie vor dem Kopf zwischen den Schultern, sondern etwas seitlich davon ins Wasser zu bringen, war mit einem reduzierten Risiko assoziiert (OR 0,37). Aus diesen vier Einflussfaktoren haben die belgische Ärzte ein Modell berechnet, das die Entwicklung von Schulterschmerzen voraussagen kann. Eine interne Validierung ergab mit einer AUC (area under the receiver operating charachteristic curve) von 0,71 eine „gute“ Diskriminierungsfähigkeit, so Feijen, zwischen Schwimmern, die später Probleme mit der Schulter entwickelten, und Schwimmern, die davon verschont blieben. Das Modell müsse aber noch extern überprüft werden. Das Wichtigste in Kürze Frage: Welche Leistungsschwimmer sind besonders gefährdet, Schulterschmerzen zu entwickeln? Antwort: Bei im Verhältnis hoher akuter zu chronischer Belastung ist das Risiko erhöht. Reduziert ist es bei hoher Kraftausdauer der hinteren Schulter, in der Regionalliga und bei einer Fehlhaltung der eintauchenden Hand beim Kraulen. Bedeutung: Die vier Faktoren könnten helfen gefährdete Schwimmer zu identifizieren. Einschränkung: Überwiegend sehr junge Studienteilnehmer (im Mittel 13 Jahre).

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