Die weltweite jährliche Inzidenz kindlicher Augentraumata wird auf 9 bis 15 Fälle pro 100.000 Einwohner geschätzt [
4]. Diese Unfälle sind bei Kindern die Hauptursache für erworbene monokulare Visusdefizite bis hin zur vollständigen Erblindung [
1]. Kleine Kinder (Alter < 5 Jahre) sind am häufigsten Augentraumata ausgesetzt, welche zu einer Visusminderung führen können [
7]. Auch haben Kinder ein höheres Risiko für bestimmte Arten von Spießungsverletzungen, die bei Erwachsenen selten vorkommen. Spießungen z. B. des weichen Gaumens und des Oropharynx sind Verletzungen, die entstehen, wenn Kinder fallen, während sie Gegenstände halten [
5]. Eine transorbitale Spießungsverletzung durch hölzernen Fremdkörper ist eine seltene klinische Situation [
6,
10]. Derselbe Mechanismus stellt sich auch bei oben beschriebenem Fall dar. Obwohl sich transorbitale Schädel-Hirn-Verletzungen dramatisch darstellen können, sind viele Verletzungen subtil und können zunächst verborgen bleiben [
9,
10]. Intrakranielle Verletzungen können bei geringfügigen periorbitalen Traumata auftreten, ohne dass eine knöcherne Verletzung vorliegt. Die Sklera und die Beweglichkeit des Bulbus schützen ihn vor Gegenständen, die mit geringer Geschwindigkeit auf ihn treffen. Die horizontale Pyramidenform der Orbita lenkt eindringende Objekte zu ihrem Scheitelpunkt hin ab. Der Bulbus wird oft zur Seite geschoben, wenn der Fremdkörper die Orbita durchquert [
10]. Dieses Phänomen gilt möglicherweise nicht für Hochgeschwindigkeitsverletzungen [
2]. Auch hat die Form des Objektes einen klaren Einfluss. Wenn das eindringende Ende des Objektes spitz ist, kann das Ergebnis eine unauffällige, schlitzartige Einstichwunde sein, während ein stumpfes Ende eine Risswunde mit unregelmäßigen, gequetschten Kanten erzeugt. Dies hätte bei oben genanntem Eintrittsweg fatale Folgen mit sich gebracht [
8]. Die Tatsache, dass die Patientin am Ort des Geschehens nicht das Bewusstsein verloren hatte, ist für Spießungen und andere Penetrationen der Schädelhöhle nicht ungewöhnlich [
8]. Letale Folgen nach transorbitalen Verletzungen sind möglich und meist Folge einer verzögerten intrazerebralen Komplikation (infektiös, vaskulär oder neurologisch) [
6]. Bei Spießverletzungen sollte nicht versucht werden, den Gegenstand an der Unfallstelle zu entfernen, da dies zu unkontrollierten Blutungen oder zusätzlichen Gewebeschäden führen kann. Bill beobachtete bereits 1862 einen besseren klinischen Verlauf, wenn Pfeile am Verletzungsort zunächst nicht gezogen wurden [
3]. Der Eintritt über den medialen Kantus scheint der häufigste Eintrittsweg bei transorbitalen Spießverletzungen zu sein [
10]. Der von uns dargestellte Fall stützt die Angaben der Literatur, welche für den angegebenen Eintrittsweg eine hohe Wahrscheinlichkeit für konsekutive kraniale Pathologien beschreibt. Werden intrakranielle Komplikationen nicht erkannt, kann dies zu erheblicher neurologischer Morbidität, Sehverlust und sogar zum Tod führen [
10]. Eine hohe Wachsamkeit und das Wissen um häufig wiederkehrende Verletzungsmuster können helfen, Verzögerungen bei der richtigen Diagnose und Behandlung von penetrierenden orbitokranialen Verletzungen zu vermeiden.