Erschienen in:
01.12.2014 | Einführung zum Thema
Vernachlässigtes Kind
verfasst von:
Prof. Dr. R. Berner, Prof. Dr. K. von Klitzing
Erschienen in:
Monatsschrift Kinderheilkunde
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Ausgabe 12/2014
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Auszug
„Die Vernachlässigung der Vernachlässigung: Warum machen wir aus einem Berg einen Maulwurfshügel?“, so lautete die Überschrift eines Kommentars von Dominic McSherry [
1] in der Zeitschrift
Child Abuse and Neglect. Der Autor wollte in provozierender Weise ausdrücken, dass wir in unserer klinischen Arbeit die häufigste Misshandlungsform, nämlich die Vernachlässigung, mitunter nicht ausreichend im Auge haben und vielmehr dazu tendieren, uns mehr mit „spektakulären“ Fällen von körperlicher Gewalt und sexuellem Missbrauch zu beschäftigen. Es kann nicht darum gehen, die Bedeutung von verschiedenen Formen der Kindesmisshandlung gegeneinander auszuspielen, zumal es ja meistens große Überschneidungen gibt. Kinder, die körperlich misshandelt wurden, weisen oft auch Zeichen von Vernachlässigung auf. Aber auf die für die Entwicklung des Kindes oft mit schwerwiegenden Folgen behaftete chronische Kindesvernachlässigung reagieren wir meist mit Unsicherheit und ohne wirkliches Handlungskonzept. Gerade in den Kliniken und Jugendämtern, deren Mitarbeiter häufig unter sehr viel Stress und am Rande der Überforderung arbeiten, wird meist intensiv reagiert, wenn beispielsweise eine außerordentliche, durch körperliche Gewalt hervorgerufene Verletzung eines Kindes auffällt, aber auch zu wenig auf das chronische Leid langfristig vernachlässigter Kinder eingegangen. …