Erschienen in:
17.05.2019 | Telemedizin | Leitthema
Versorgungsforschung in der Intensivmedizin in Deutschland
Status quo und zukünftige Herausforderungen am Beispiel des akuten Lungenversagens
verfasst von:
Dr. S. Blecha, S. Weber-Carstens, T. Bein
Erschienen in:
Die Anaesthesiologie
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Ausgabe 6/2019
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Zusammenfassung
Die Versorgungsforschung (VF) ist ein fachübergreifendes multidisziplinäres Forschungsgebiet, das die Kranken- und Gesundheitsversorgung sowie ihre Rahmenbedingungen beschreibt. In den letzten 20 Jahren trat der VF-Aspekt im Bereich der Intensivmedizin immer mehr in den klinischen Fokus. Die VF untersucht den Einsatz von klinischen Maßnahmen und deren Auswirkungen auf den Patienten unter intensivmedizinischen Alltagsbedingungen. Dieser Beitrag gibt am Beispiel des akuten Lungenversagens („acute respiratory distress syndrome“, ARDS) einen Überblick über den aktuellen Stand der intensivmedizinischen VF in Deutschland. Das ARDS stellt trotz intensivmedizinischer Fortschritte weiterhin ein Krankheitsbild mit einer hohen innerklinischen Mortalität (30–60 %) dar. Überlebende des ARDS weisen langfristige substanzielle Einschränkungen des körperlichen und psychischen Befindens auf. Die Behandlung von ARDS-Patienten ist langwierig, personell aufwendig und komplex. Trotz evidenter Therapieempfehlungen werden diese in der klinischen Routine nur unzureichend umgesetzt. Mithilfe von Qualitätsindikatoren, Benchmarking, Zertifizierung und „Peer-review“-Verfahren kann die Versorgungsqualität der intensivmedizinischen Behandlung im klinischen Alltag erfasst und verbessert werden. Eine immer wichtigere Rolle in der VF spielen die Patientensicherheit und Fokussierung auf das Outcome mit Evaluierung des Patientenwillens. Im Zuge der Etablierung des Innovationsfonds für VF wurden vielversprechende intensivmedizinische Projekte gefördert, um die Behandlungsqualität und die langfristige Prognose von Intensivpatienten zu verbessern. Ein wichtiger Schwerpunkt liegt auf der Ermittlung von Faktoren, die eine langfristige Lebensqualität nach Intensivbehandlung fördern. Durch den Ausbau von Registern und Methoden der Telemedizin in der Intensivmedizin bietet sich die Möglichkeit, die Versorgungsrealität besser zu erfassen, Erfahrungen effektiver zu bündeln und auszutauschen und dadurch (leitliniengerechte) Behandlungsempfehlungen schneller im klinischen Alltag zu etablieren.