Viewpoint: „Primary Health Care“ und globale Gesundheitsinitiativen

Bis vor kurzem war die Diskussion über „Primary Health Care“ (PHC), das Konzept der primären Gesundheitsfürsorge in Entwicklungsländern, fast vollständig aus der akademischen und gesundheitspolitischen Diskussion verschwunden. Ist PHC endgültig abgelöst durch neue Initiativen oder gibt es neue Chancen für PHC mit weit reichenden Konsequenzen für die Gesundheitsversorgung auf globaler Ebene?

Der folgende Text ist als „Advocacy-Beitrag“ zu verstehen, der einerseits die komplexer werdende Architektur der Entwicklungszusammenarbeit und ihre Integrationsprobleme in nationale Gesundheitspolitiken aufzeigen, andererseits aber auch auf Chancen und Potenziale mit Blick auf eine aufkeimende neue PHC-Bewegung hinweisen möchte.

Die Kontroverse um das Konzept von PHC vs. selektiver bzw. vertikaler Programmansätzen wurde z. T. sehr ideologisch geführt, ohne die Vor- und Nachteile beider Ansätze in Wert zu setzen. Die „millenium development goals“ (MDG) haben zwar einige Grundelemente des PHC-Ansatzes, aber leider nicht die PHC-Prinzipien aufgegriffen. Parallel zur Umsetzung der MDG erleben wir eine Multiplikation von globalen Gesundheitsinitiativen („global health initiatives“, GHI). Um die MDG zu erreichen, sind zusätzliche finanzielle Mittel unabdingbar. Die internationalen Stiftungen und Gesundheitsinitiativen haben gezeigt, dass es möglich ist, durch politische Advocacy-Arbeit auf höchster Ebene und mit intensiver Medienpräsenz erhebliche finanzielle Mittel einzuwerben. Es besteht allerdings Sorge, dass die finanzkräftigen GHI-Gesundheitssysteme unterminieren und schwächen. Die Frage ist, inwieweit GHI und deren Mittel auch Gesundheitssystemen insgesamt und langfristig angelegten PHC-Ansätzen zugute kommen und ob Nachhaltigkeit sichergestellt werden kann.