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Erschienen in: Zentralblatt für Arbeitsmedizin, Arbeitsschutz und Ergonomie 1/2022

Open Access 23.11.2021 | Originalien

Visuelle Leistungen von Leistungssportlern im Vergleich zu Nicht‑/Freizeitsportlern

verfasst von: Theresa Koppelwiser, Dr. med. Sabine Darius, Irina Böckelmann

Erschienen in: Zentralblatt für Arbeitsmedizin, Arbeitsschutz und Ergonomie | Ausgabe 1/2022

Zusammenfassung

Visuelle Fähigkeiten und Adaptationsreserven im Bereich der Blickmotorik sind mögliche Einflussfaktoren auf die sportliche Leistung. Sie sind für das Erreichen sportlicher Erfolge von Bedeutung und stehen deshalb im Fokus der Forschung. Ziel der Arbeit war es zu untersuchen, ob Leistungssportler bessere visuelle Leistungen aufweisen als Nicht‑/Freizeitsportler und ob es Unterschiede zwischen Individual- und Mannschaftssportlern gibt.
In einer Querschnittsstudie wurden die periphere Wahrnehmung, Stereosehen und das afferente dynamische Sehen bei 61 Männern und 61 Frauen im Alter zwischen 14 und 59 Jahren getestet. Entsprechend ihrer sportlichen Aktivität erfolgte die Einteilung in die Kontrollgruppe (Nicht‑/Freizeitsportler; n = 42) und Leistungssportler (n = 80) mit mehr als 4‑mal Training pro Woche über mehr als 3 Jahre in den Untergruppen Individualsport (n = 37) und Mannschaftssport (n = 43). Gruppenunterschiede wurden mit dem Mann-Whitney-U-Test bzw. Kruskal-Wallis-Test geprüft.
Die Ergebnisse weisen lediglich vereinzelt signifikante Unterschiede hinsichtlich der visuellen Fähigkeiten auf. Die Leistungssportler haben mit durchschnittlich 74,3 ± 55,2 Winkelsekunden eine bessere Tiefensehschärfe als die Kontrollgruppe mit 97,2 ± 79,8 Winkelsekunden (p < 0,05). Die periphere Wahrnehmung ist bei Leistungssportlern tendenziell besser im Vergleich zu Nicht‑/Freizeitsportlern. Rund 2,5 % der Leistungssportler waren fehlsichtig mit einem Visus unter 0,63. Die vorliegende Arbeit verdeutlicht die Notwendigkeit, die Sehleistung der Sportler zu testen, um z. B. die Konsequenzen für ein gezieltes sportartspezifisches Training dieser Funktionen zu ziehen.
Hinweise
Diese Arbeit enthält Teile der Promotionsarbeit von Theresa Koppelwiser. Die Arbeit wurde im Februar 2021 an der Medizinischen Fakultät der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg eingereicht.
Die Leistungsfähigkeit der Sportler1 ist nicht nur das Resultat von Kraft- oder Ausdauertraining bzw. mentaler Vorbereitung, sie ist in einigen Sportarten auch von visuellen (Sinnes‑)Leistungen abhängig [1].
Definiert wird die individuelle sportliche Leistungsfähigkeit als das Leistungspotenzial eines Sportlers, eine bestimmte Aufgabe optimal in der höchstmöglichen Belastungsstufe zu erfüllen [2]. Im täglichen (leistungs)sportlichen Training werden üblicherweise Muskelkraft und Ausdauer gestärkt, und diese auch an die jeweiligen sportartspezifischen Anforderungen angepasst – das Training des visuellen Systems (Augen, Sehnerven und zugehörige Hirnareale) bleibt jedoch oft außen vor. Dabei kommt dem Sehvermögen eine besondere Bedeutung im Kontext der sportlichen Leistung zu [1]. Rund 80 % der Umweltinformationen werden über das visuelle System aufgenommen [3]. Zum Sehvermögen als Gesamtheit aller Funktionen des Sehorgans, über die (nicht nur) ein Sportler verfügen sollte, gehören neben dem Visus (Sehschärfe) auch ein ausreichend großes Gesichtsfeld (zentrales und peripheres Sehen, periphere Wahrnehmung) sowie Stereosehen (räumliches Sehen; [3]). Unter peripherer Wahrnehmung wird das Erkennen von Objekten in extrafovealen Bereichen verstanden. Gegenstände oder Personen werden hierbei nicht von der Fovea centralis fixiert und scharf gesehen, sondern in der Peripherie der Netzhaut wahrgenommen, wo es aufgrund der Abnahme der Zapfen zu unscharfem Sehen kommt. Das räumliche Sehen (Stereosehen) bezeichnet die Fähigkeit zur Wahrnehmung von Unterschieden in der räumlichen Anordnung von Gegenständen. Dieses ermöglicht das richtige Abschätzen von Entfernungen [3].
Gutes Sehvermögen ist unter anderem wichtig, um das Gleichgewicht zu halten oder auch die Bewegungen zu koordinieren, wie in Studien an Tennisspielern oder auch in Gleichgewichtsstudien an sehbehinderten Sportlern gezeigt werden konnte [4, 5]. Darüber hinaus ist ein ausreichendes Stereosehen für eine optimale sportliche Leistung erforderlich [6]. In dieser Studie wurde gezeigt, dass die Freiwurfleistung im Basketball von einem intakten Stereosehen abhängig ist. Die Spieler zeigten eine schlechtere Treffergenauigkeit, wenn das sensorisch dominante Auge verdeckt oder unscharf war. Im Vergleich zu einer Gruppe von Personen ohne sportlichen Hintergrund zeigten Basketballspieler eine bessere Leistung in mehreren visuellen Fähigkeiten [7]. Um die visuelle Leistungsfähigkeit für sportartspezifische Bedürfnisse zu optimieren, ist eine differenzierte Analyse der visuellen Anforderungen nötig. So ist für Mannschaftsportler wie beispielsweise Handballer, Fußballer oder Volleyballer neben einem guten Visus ein gutes peripheres Sehvermögen wichtig, um sowohl Ball als auch eigene Mitspieler und Gegner auch aus dem Augenwinkel heraus erkennen und beobachten zu können [8]. In einigen Studien konnte bei Sportlern ein größeres Gesichtsfeld [9] und eine bessere Tiefensehschärfe im Vergleich zu Nichtsportlern nachgewiesen werden. Studien, in denen das räumliche Sehen und andere visuelle Leistungen von Mannschafts- und Individualsportlern direkt miteinander verglichen werden, fehlen jedoch. Ein weiterer Faktor, der eine wichtige Rolle gerade in schnellen Ballsportarten wie Handball oder in Rückschlagspielen wie Tennis oder Badminton spielt, ist das Bewegungssehen bzw. das dynamische Sehen [10]. Die Erfolgsquote im Sport steht in Zusammenhang mit gutem dynamischen Sehen. Spitzensportler verfügen über eine bessere dynamische Sehschärfe, die durch Training verbessert werden kann [11]. Jedoch hat im Bereich des (Leistungs‑)Sports die visuelle Leistungsdiagnostik noch immer einen sehr geringen Stellenwert [12]. Forderungen nach gezieltem Training, um Leistungsreserven zu erschließen, wurden bis heute nicht umgesetzt. Die Erkenntnisse aus dem Vergleich zwischen Sportlern verschiedener Sportarten können dazu beitragen, die visuellen Leistungen sportspezifisch steigern zu können.
In Studien wurde gezeigt, dass ca. 30 % aller Sportler bzw. 20 % der Leistungssportler fehlsichtig sind [10, 13]. In einer anderen Studie waren 16,4 % der Sportler fehlsichtig, aber nur ein Viertel der Spieler, die eine Sehkorrektur benötigen, nutzten diese auch tatsächlich [14].
Die visuellen Leistungen eines Sportlers zu erkennen und eventuelle Defizite zu korrigieren, könnte zu mehr sportlichem Erfolg sowohl auf Elite- als auch auf Amateurebene führen [15].
Inwiefern sich die visuellen Leistungen von Leistungssportlern von denen der Freizeitsportler unterscheiden, ist bisher noch wenig untersucht. Ebenso fehlt in der Literatur ein Vergleich der visuellen Fähigkeiten von Mannschaftssportlern und Individualsportlern.
Ziel dieser Studie ist die Untersuchung der Sehleistung von Leistungssportlern im Vergleich zu Freizeitsportlern. Besonderer Fokus wird dabei auf die visuellen Leistungen der Leistungssportler getrennt nach Mannschafts- und Individualsportart gelegt. Damit soll langfristig ein Beitrag zur Trainingsoptimierung insbesondere im Leistungssport geleistet werden. Die vorliegende Arbeit untersuchte folgende Hypothesen:
1.
Die visuellen Leistungen von Leistungssportlern, bezogen auf das periphere Sehen, das räumliche Sehen und das afferente dynamische Sehen, sind besser als die der Nicht‑/Freizeitsportler.
 
2.
Mannschaftssportler verfügen über ein besseres räumliches Sehen und über ein größeres peripheres Gesichtsfeld im Vergleich zu Individualsportlern und zu Nicht‑/Freizeitsportlern.
 

Probanden und Methodik

Studiendesign

In einer Querschnittsstudie wurden im Labor des Bereichs Arbeitsmedizin in einer störungsfreien Umgebung und unter standardisierten Bedingungen (vergleichbare Raumtemperatur und -beleuchtung, gleiche Tageszeit) die visuellen Leistungen freiwilliger Probanden untersucht. Nach Aufklärung der Probanden über Ziel und Ablauf der Studie, über die Freiwilligkeit der Teilnahme sowie über die Einhaltung des Datenschutzes erfolgten die Anamneseerhebung und die Sehtests.
Von allen Probanden lag eine schriftliche Einwilligung vor. Grundvoraussetzung für die Teilnahme jugendlicher Probanden (z. B. Leistungssportler an Sportschulen) war darüber hinaus die schriftliche Einverständniserklärung der Eltern bzw. der Erziehungsberechtigten. Die Ethikkommission der Otto-von-Guericke-Universität an der Medizinischen Fakultät hatte der Durchführung der Studie zugestimmt (Reg.-Nr. 188/13).

Rekrutierung der Probanden

In Sportvereinen sowie im universitären Bereich konnten durch Verteilung von Flyern sowie Aufrufe auf geeigneten Medienplattformen insgesamt 133 Probanden für diese Studie gewonnen werden. Gezielt wurde in den Sportarten Fechten und Handball rekrutiert, Sportler anderer Sportarten ergänzten die Stichprobe. Die Unterteilung der Leistungssportler erfolgte unter folgenden Gesichtspunkten: Leistungssportler aus den Bereichen Handball, Fußball, Volleyball und Wasserball dienten als Vertreter für eine Mannschaftsportart. Individualsportler kamen aus den Bereichen Fechten, Schwimmen und Ringen.
Die Leistungssportler betrieben mindestens seit 3 Jahren diese Sportart, trainierten mindestens 4‑mal in der Woche und nahmen an Wettkämpfen bzw. Landes- oder Bundesligen teil.
Nicht‑/Freizeitsportler dienten als Kontrollgruppe. Sie betrieben entweder gar keinen Sport (Nichtsportler) oder hobbymäßig Joggen, Nordic Walking, Yoga, Fitness oder Pilates mit einer Intensität von ein bis maximal zwei kleinen Sporteinheiten pro Woche seit maximal 2 Jahren (Freizeitsportler).
Alle Teilnehmer waren gesund. Nicht durch optische Hilfsmittel ausgleichbare Augenerkrankungen sowie die Einnahme von Psychopharmaka führten zum Ausschluss der Probanden aus der Studie.

Variablen und Messinstrumente

Die soziodemographischen Daten wurden mittels eines selbstentwickelten Fragebogens erhoben. Erfragt wurden zunächst das Alter und das Geschlecht; dazu wurden Art und Dauer der sportlichen Tätigkeit erfasst. Da der Konsum von Alkohol und Nikotin einen negativen Einfluss auf das Sehvermögen hat [3], wurde dieser ebenfalls abgefragt. Gefragt wurde nach der Häufigkeit des Alkoholkonsums (wie oft pro Woche/Monat) und nach der Menge (in Glas) und Art (Bier, Wein, Schnaps) des konsumierten Alkohols pro Trinksituation. Entsprechend der Antworten des Probanden konnte der Alkoholkonsum in Gramm/Woche berechnet werden. Beim Nikotinkonsum wurde unterschieden zwischen Nichtrauchern, aktuellen und ehemaligen Rauchern. Die durchschnittliche Menge gerauchter Tabakwaren wurde in „pack years“ (py; 1 py = 20 Zigaretten/Tag und Jahr) umgerechnet.

Sehschärfe

Die Visusbestimmung (Überprüfung der Sehschärfe) der Probanden fand monokular und binokular am standardisierten Einblickgerät Rodatest 302 der Firma Vistec AG (Olching) statt. Dabei sind zur Bestimmung der Sehschärfe mindestens 3 von 5 Landoltringen der entsprechenden Visusstufe richtig zu erkennen. Ein binokularer Nah- oder Fernvisus unter 0,63 galt als Ausschlusskriterium für die Studie, um eine gute Sehschärfe und damit die Interpretation der Ergebnisse zu gewährleisten. Dieses Kriterium wurde in Anlehnung an die im Sehtestgerät zur Verfügung stehenden Sehtafeln gewählt. Der Visus ergibt sich als Quotient aus Prüfentfernung und Normalentfernung [16]. Eine Sehhilfe zur Korrektur von Fehlsichtigkeiten durfte bei allen Tests verwendet werden.

Periphere Wahrnehmung

Zur Erfassung der peripheren Wahrnehmung wurde ein automatisiertes und standardisiertes Verfahren der Wiener Testbatterie Verkehr (Fa. Schuhfried GmbH, Österreich) genutzt. Dieses Verfahren wird routinemäßig in der Verkehrsmedizin zur Überprüfung des peripheren Gesichtsfeldes verwendet (z. B. bei Führerscheinanwärtern zum Führen von Kraftfahrzeugen mit besonderer Verantwortung wie beispielsweise LKW- oder Taxifahrern). Auf seitlichen Displays werden links und rechts vom Probanden Lichtreize (Punkte) mit voreingestellter Geschwindigkeit bewegt. In bestimmten Abständen erscheinen kritische Reize (senkrechte Linie), auf die der Proband durch Betätigen eines Fußpedals so schnell wie möglich reagieren muss. Das Gesichtsfeld des Probanden ist umso größer, je weiter entfernt ein Signal noch richtig wahrgenommen wurde. Eine gleichzeitig zu lösende Trackingaufgabe, die über einen frontalen Monitor präsentiert wurde, diente als Fixationskontrolle. Der Proband musste eine sich bewegende Kugel mit einem über Drehregler zu steuernden Fadenkreuz einfangen. Dadurch wurde sichergestellt, dass der Proband mit geradeaus gerichtetem Blick die Lichtreize nur aus dem Augenwinkel heraus wahrnehmen konnte. Zur Berechnung des Blickwinkels wurde der Abstand des Kopfes zum Bildschirm mittels Kamera überwacht. Bei zu großer Entfernung erfolgte eine Korrektur der Sitzposition. Erfasst wurden das gesamte Gesichtsfeld sowie der Blickwinkel rechts/links in Winkelgrad, die Trackingabweichung in Millisekunden, die Anzahl der Treffer rechts/links und die Anzahl ausgelassener Reaktionen.

Räumliches Sehen

Für die Überprüfung des räumlichen Sehens (querdisparates Tiefensehen) wurde zum einen das Einblickgerät Rodatest 302 der Firma Vistec AG (Olching) sowie zum anderen der Random-Dot-Test (Fa. Vision Assessment Corporation, Il, USA) verwendet. Im Einblickgerät Rodatest wurden unter standardisierten Leuchtdichtebedingungen 4 Stereosehstufen (600, 200, 100 und 35 Winkelsekunden [60 Winkelsekunden = 1 Winkelminute, 60 Winkelminuten = 1°]) geprüft. Bei dem anschließenden Random-Dot-Test wurde dem Probanden eine Sehtafel in Buchformat vorgelegt, worauf Flächen mit zufällig verteilten Punkten zu sehen sind, die in bestimmten Bereichen lateral gegeneinander versetzt angeordnet sind und so eine Querdisparation ermöglicht wird. Mit diesem Test wird das Stereosehen unter Verwendung einer Polarisationsbrille bei gleichmäßiger Raumausleuchtung detaillierter erfasst mit Stufen von 500, 250, 125 und 63 Winkelsekunden (Teil 1). Dieser erste Teil besteht aus Prüffeldern mit geometrischen Figuren, eine zweite Testreihe beinhaltet Kreissymbole verschiedener Querdisparation in 12 Stufen von 400 bis hin zu 12,5 Winkelsekunden (Teil 2). Dabei entspricht eine kleinere Zahl der besseren Sehleistung. Die zwei verschiedenen Verfahren wurden gewählt, da zum einen das Einblickgerät standardisierte Leuchtbedingungen gewährleistet und zum anderen der Random-Dot-Test eine sehr feine Abstufung erlaubt und ein Deckeneffekt verhindert werden kann. Ein Stereosehvermögen von 100 Winkelsekunden gilt als gut, wobei es hier keine Normwerte gibt [17].

Dynamisches Sehen

Das dynamische Sehen (die afferente dynamische Sehleistung) wurde mit dem rechnergestützten Düsseldorfer Test für dynamisches Sehen von Wist [18] erfasst. Dabei wird ein Sehzeichen (Landolt-Ring) zentral auf einem Computerbildschirm in einem Zufallspunktmuster erzeugt. Der Landolt-Ring wird dadurch sichtbar, dass sich die Bildpunkte kurzfristig durch Bewegung vom ruhenden Untergrund abheben, das Sehzeichen wird erst durch Bewegungskontrast sichtbar. Bewegungskontrast wird als Verhältnis der bewegten Pixelanteile innerhalb des Landolt-Rings zu den stationären Pixelanteilen im Hintergrund des Landolt-Rings definiert. Ein maximaler Bewegungskontrast ist gegeben, wenn 100 % der Pixel im Hintergrund stationär sind, während sich 100 % der Pixel im Ring bewegen. In dem hier verwendeten Standardtest wurden entweder 100, 50, 30 oder 20 % der Pixel im Landolt-Ring kurz in Bewegung versetzt, der Hintergrund blieb mit 100 % der Pixel stationär. Durch die sogenannte dynamische Figur-Grund-Abhebung entsteht das Sehzeichen, was in etwa vergleichbar mit einer Enttarnung durch Bewegung ist. Die Richtung der Landolt-Ring-Öffnung variiert zwischen oben, unten, rechts und links.
Die Antworten in den unterschiedlichen Prozentsätzen wurden für die Datenanalyse differenziert mit höherer Wichtung von niedrigeren Bewegungskontrasten gewertet. Damit wird die Trennschärfe des Tests besser dargestellt, und das Leistungsmaß der Probanden kann ermittelt werden. Es wurde das Leistungsmaß (Pw) nach Schrauf unter Zuhilfenahme folgender Formel verwendet [19]:
$$Pw=100-\sqrt{[1(100-p1)^2+2(100-p2)^2+3,3(100-p3)^2+5(100-p4)^2]}\colon 11,3$$
Die Werte p1, p2, p3 und p4 geben den Prozentsatz der richtigen Antworten entsprechend für 100, 50, 30 und 20 % des Bewegungskontrasts wieder. Bei der Auswertung wurden die Variablen der Summen der richtigen Antworten für 100 %, 50 %, 30 % und 20 % Bewegungskontrasts in Prozent separat für die jeweiligen Öffnungen des Landoltringes berücksichtigt. Zusätzlich wurde die Summe aller richtigen Antworten insgesamt angegeben und das Leistungsmaß nach Schrauf (PW) berechnet.

Statistik

Für die statistische Auswertung der Daten wurde das Programm SPSS, Version 26, (IBM, Armonk, NY, USA) verwendet.
Nach deskriptiver Auswertung der Daten wurden die Parameter mittels Kolmogorow-Smirnow-Test und Shapiro-Wilk-Test auf Normalverteilung geprüft und Gruppenunterschiede unter besonderer Beachtung des Alters als Kovariate berechnet. Da die Daten nicht normal verteilt waren, kam der Mann-Whitney-U-Test für den Vergleich der Leistungssportler mit der Kontrollgruppe bzw. der Kruskal-Wallis-Test für den Vergleich der Individual‑, Mannschafts- und Nicht‑/Freizeitsportler zur Anwendung.
Das Signifikanzniveau für Testentscheidungen wurde auf <5 % festgelegt.

Ergebnisse

Soziodemografische Daten

Von den 133 für die Studie rekrutierten Probanden im Alter zwischen 14 und 59 Jahren wurden nach Anwendung von Ausschlusskriterien 122 Probanden in die Auswertung eingeschlossen. Neun Probanden wurden aufgrund einer unzureichenden Sehschärfe (Visus <0,63) und 2 Probanden wegen Gesichtsfeldausfällen ausgeschlossen. Insgesamt beteiligten sich 80 Leistungssportler (49 Männer, 31 Frauen) im Alter von 21,6 ± 10,1 Jahren. Diese Gruppe wurde noch einmal unterteilt in Mannschaftssportler (n = 43; 28 Männer, 15 Frauen; 19,9 ± 7,4 Jahre alt) und Individualsportler (n = 37; 21 Männer, 16 Frauen; 23,6 ± 12,3 Jahre alt). In der Kontrollgruppe befanden sich 42 Nicht‑/Freizeitsportler (11 Männer, 31 Frauen, 28,9 ± 12,6 Jahre alt).
Die Einteilung der Probanden in die einzelnen Sportgruppen ist in Tab. 1 dargestellt. Die Leistungssportler und insbesondere die Mannschaftssportler waren signifikant jünger als die Kontrollgruppe. Aufgrund dessen wurde das Alter als Kovariate mit in die statistischen Berechnungen einbezogen. Die Daten zur Altersverteilung und zum Visus sind Tab. 2 zu entnehmen.
Tab. 1
Aufteilung der Probanden entsprechend der sportlichen Aktivität in die Gruppen
 
Kontrollgruppe (n = 42)
Leistungssport (gesamt) (n = 80)
Individualsport (n = 37)
Mannschaftssport (n = 43)
pχ2
Anzahl
Sport/Woche
Kein Sport
21
0
0
0
<0,001
1- bis 2‑mal/Woche
21
0
0
0
4‑mal/Woche
0
52
20
32
>4-mal/Woche
0
28
17
11
Trainingsjahre
Kein Sport
21
0
0
0
<0,001
<2 Jahre
21
0
0
0
3–5 Jahre
0
7
2
5
>5 Jahre
0
73
35
38
Tab. 2
Soziodemografische Charakteristika der jeweiligen Gruppen
Variablen
Kontrollgruppe
Leistungssport (gesamt)
Individualsport
Mannschaftssport
pMann-Whitney‑U
pKruskal-Wallis
n = 42
n = 80
n = 37
n = 43
Alter (Jahre)
M ± SD
29,4 ± 12,6
21,5 ± 10,1
23,6 ± 12,3
19,9 ± 7,4
<0,001
<0,001
Median (Min–Max)
24,5 (14–59)
18 (14–57)
18 (14–55)
18 (14–57)
95 % KI
25,4–33,5
19,3–23,8
19,5–27,7
17,6–22,1
Alkoholkonsum (g/Woche)
M ± SD
4,6 ± 6,2
5,2 ± 8,7
3,8 ± 6,2
6,3 ± 10,3
0,307
0,254
Median (Min–Max)
2,4 (0–31,6)
1,3 (0–45,9)
0 (0–22,3)
1,5 (0–45,9)
95 % KI
2,6–6,6
3,3–7,2
1,8–5,9
3,2–9,5
Nikotinkonsum („pack years“)
M ± SD
1,9 ± 5,5
1,0 ± 3,9
1,4 ± 5,0
0,7 ± 2,5
0,009
0,024
Median (Min–Max)
0 (0–30,0)
0 (0–28,0)
0 (0–28,0)
0 (0–15,0)
95 % KI
0,1–3,5
0,1–1,9
−0,27 bis 3,1
−0,1 bis 1,4
M Mittelwert, SD Standardabweichung, KI Konfidenzintervall
Die Verteilung von Männern und Frauen in den Probandengruppen war nicht signifikant verschieden, darum wurden keine weiteren Aufteilungen in Geschlechtergruppen mehr vorgenommen.
Der durchschnittliche Alkoholkonsum war in allen zu vergleichenden Gruppen annähernd gleich, sodass ein mögliches Ungleichgewicht zwischen den Gruppen im Rahmen der visuellen Leistungsüberprüfung ausgeschlossen werden konnte. Die Nicht‑/Freizeitsportler rauchten etwas mehr als die Leistungssportler (p < 0,05; Tab. 2).

Sehschärfe

Alle in die Auswertung einbezogenen Probanden erreichten die erforderlichen binokularen Nah- und Fernvisuswerte von ≥0,63. Die Visuswerte zwischen den Sportgruppen waren vergleichbar (Tab. 3).
Tab. 3
Kennwerte zur Sehschärfe der Probanden in den jeweiligen Gruppen
Variablen
Kontrollgruppe
Leistungssport (gesamt)
Individualsport
Mannschaftssport
pMann-Whitney‑U
pKruskal-Wallis
n = 42
n = 80
n = 37
n = 43
Fernvisus
M ± SD
1,2 ± 0,1
1,2 ± 0,1
1,2 ± 0,1
<0,001
0,604
0,846
Median (Min–Max)
1,25 (1,0–1,25)
1,25 (0,8–1,25)
1,25 (0,8–1,25)
1,25 (0,8–1,25)
95 % KI
1,18–1,24
1,18–1,23
1,16–1,24
1,17–1,24
Nahvisus
M ± SD
1,2 ± 0,14
1,2 ± 0,09
1,2 ± 0,08
0,254
0,286
0,511
Median (Min–Max)
1,25 (0,63–1,25)
1,25 (0,63–1,25)
1,25 (0,8–1,25)
1,25 (0,63–1,25)
95 % KI
1,16–1,25
1,20–1,25
1,20–1,25
1,19–1,25
M Mittelwert, SD Standardabweichung, KI Konfidenzintervall

Periphere Wahrnehmung

Beim Test zur peripheren Wahrnehmung wiesen die Freizeitsportler zwar mit 174,7 ± 13,9 Grad ein geringeres Gesichtsfeld auf im Vergleich zu den Leistungssportlern und insbesondere zu den Mannschaftsportlern (178,1 ± 13,3 Grad bzw. 178,9 ± 9,5 Grad), jedoch waren diese Unterschiede mit p = 0,053 nicht signifikant (Tab. 4). Laut Referenzwerten des Herstellers war das Gesichtsfeld aller Probanden im Normbereich.
Tab. 4
Ergebnisse der peripheren Wahrnehmung
Variablen
Kontrollgruppe
Leistungssport (gesamt)
Individualsport
Mannschaftssport
pMann-Whitney‑U
pKruskal-Wallis
N = 42
N = 80
N = 37
N = 43
Gesichtsfeld binokular (Grad)
M ± SD
174,7 ± 13,9
178,1 ± 13,3
177,3 ± 16,7
178,9 ± 9,5
0,053
0,100
Median (Min–Max)
177,3 (130,9–198,5)
180,1 (118,3–201,6)
179,8 (118,3–201,6)
180,7 (142,7–190,8)
95 % KI
170,2–179,1
175,1–181,1
171,5–183,0
175,9–181,9
Gesichtsfeld rechts (Grad)
M ± SD
87,1 ± 8,8
89,3 ± 6,7
89,0 ± 7,8
89,7 ± 5,7
0,108
0,157
Median (Min–Max)
88,8 (61,0–100,0)
90,0 (61,0–100,5)
89,9 (61,0–100,5)
90,3 (69,7–97,9)
95 % KI
84,3–89,9
87,8–90,8
86,4–91,5
87,9–91,5
Gesichtsfeld links (Grad)
M ± SD
87,6 ± 6,4
88,8 ± 7,6
88,2 ± 10,0
89,3 ± 4,7
0,070
0,181
Median (Min–Max)
88,1 (67,1–99,2)
90,5 (53,8–102,8)
90,1 (53,8–102,8)
90,9 (77,1–95,9)
95 % KI
85,5–89,6
87,1–90,5
84,8–91,7
87,8–90,8
Tracking-Abweichung (ms)
M ± SD
8,1 ± 3,3
7,4 ± 3,0
7,1 ± 2,2
7,6 ± 3,6
0,033
0,094
Median (Min–Max)
6,7 (4,9–18,7)
6,1 (4,2–17,9)
6,2 (4,5–11,5)
5,8 (4,2–17,9)
95 % KI
7,1–9,3
6,7–8,1
6,3–7,8
6,5–8,8
Anzahl der Treffer rechts
M ± SD
14,5 ± 4,1
15,0 ± 3,8
15,5 ± 4,1
14,7 ± 3,8
0,460
0,406
Median (Min–Max)
13 (8–20)
16 (7–20)
13 (7–20)
15 (7–20)
95 % KI
13,1–15,8
14,1–15,9
14,1–16,8
13,5–15,8
Anzahl der Treffer links
M ± SD
14,2 ± 3,8
14,9 ± 3,7
15,3 ± 3,6
14,5 ± 3,8
0,296
0,441
Median (Min–Max)
14,5 (8–20)
15 (7–20)
15 (7–20)
15 (7–20)
95 % KI
13,0–15,4
14,1–15,8
14,1–16,5
13,3–15,7
Anzahl ausgelassener Reaktionen
M ± SD
10,6 ± 6
9,2 ± 6,7
8,5 ± 6,6
9,8 ± 6,7
0,244
0,340
Median (Min–Max)
12 (0–22)
9 (0–23)
8 (0–21)
9 (0–23)
95 % KI
8,4–12,7
7,6–10,7
6,2–10,5
7,7–11,9
M Mittelwert, SD Standardabweichung, KI Konfidenzintervall

Räumliches Sehen

Die Ergebnisse der Testung zum räumlichen Sehen (querdisparates Tiefensehen) sind in Tab. 5 dargestellt.
Tab. 5
Räumliches Sehen
Variablen
Kontrollgruppe
Leistungssport (gesamt)
Individualsport
Mannschaftssport
pMann-Whitney‑U
pKruskal-Wallis
N = 42
N = 80
N = 37
N = 43
Stereosehen Rodatest (Winkelsekunden)
M ± SD
50,7 ± 89,7
50,1 ± 43,5
59,4 ± 54,4
43,6 ± 29,9
0,207
0,114
Median (Min–Max)
35 (35–600)
35 (35–200)
35 (35–200)
35 (35–200)
95 % KI
22,1–79,4
41,0–60,9
40,7–78,1
34,2–52,9
Stereosehen Random-Dot-Test Teil 1 (Winkelsekunden)
M ± SD
97,2 ± 79,8
74,5 ± 55,2
82,6 ± 79,8
67,4 ± 16,1
0,002
0,006
Median (Min–Max)
63 (63–500)
63 (63–500)
63 (35–500)
63 (35–125)
95 % KI
71,7–122,8
61,8–87,2
55,2–110,0
62,4–72,5
Stereosehen Random-Dot-Test Teil 2 (Winkelsekunden)
M ± SD
22,2 ± 15,9
17,6 ± 7,1
17,1 ± 6,1
18,1 ± 7,9
0,154
0,345
Median (Min–Max)
16 (13–100)
16 (13–50)
16 (13–40)
16 (13–50)
95 % KI
17,1–27,3
16,0–19,3
15,0–19,2
15,6–20,5
In der räumlichen Tiefensehschärfe von 600 bis 35 Winkelsekunden (Test am Rodatestgerät) bestand zwischen Leistungssportlern und den Freizeitsportlern kein signifikanter Unterschied, auch nicht zwischen Einzel- und Mannschaftsportlern.
Im Random-Dot-Test zeigte sich in der 1. Teiltestung ein signifikanter Unterschied (p < 0,01) zwischen den Probandengruppen mit einer besseren Sehleistung der Mannschaftssportler. Die Probanden der Kontrollgruppe verfügten sowohl im direkten Vergleich zu Individualsportlern als auch gegenüber den Mannschaftsportlern (p = 0,006) über ein geringeres räumliches Sehvermögen. In der zweiten, feiner abgestuften Teiltestung verschwanden die Gruppenunterschiede, obwohl rein deskriptiv die Kontrollgruppe die schlechteren Leistungen erbrachte.

Dynamisches Sehen

Im Düsseldorfer Test zum afferenten dynamischen Sehen gab es innerhalb der Probandengruppen nur einen tendenziellen Unterschied bezüglich der dynamischen Sehleistung. Die Summen der richtigen Antworten bei der Ringöffnung nach links ergab einen tendenziellen Unterschied mit p = 0,077 zwischen den Freizeitsportlern mit 99,2 % richtigen Antworten und den Leistungssportlern mit 99,7 % richtigen Antworten.
Alle anderen Messparameter der dynamischen Sehleistung waren zwischen den zu vergleichenden Gruppen annähernd gleich. Alle Probanden erkannten nahezu 100 % der gezeigten Landolt-Ringe in den jeweiligen Kontraststufen. Das Leistungsmaß nach Schrauf zeigte ebenfalls keine Gruppenunterschiede.

Diskussion

Die hier vorgelegte Studie hatte das Ziel, visuelle Fähigkeiten von Leistungssportlern verschiedener Sportarten mit denen von Nicht‑/Freizeitsportlern zu vergleichen. Zusätzlich wurden die Leistungssportler in Individual- oder Mannschaftssportler unterteilt. Bezogen auf die erste Hypothese konnte in dieser Studie jedoch nicht belegt werden, dass Leistungssportler bessere visuelle Leistungen als Nicht‑/Freizeitsportler zeigen. Lediglich in einer der 3 Teiltestungen zum räumlichen Sehen, in der 1. Teiltestung des Random-Dot-Tests, wiesen die Leistungssportler ein signifikant besseres räumliches Sehen als die Kontrollgruppe auf. Im Gegensatz dazu waren bei der detaillierteren 2. Teiltestung im Random-Dot-Test nur noch tendenzielle, aber keine signifikanten Leistungsunterschiede feststellbar. In der Studie von Zhu et al. [20] zeigten Tischtennisspieler ein besseres räumliches Sehen als die Kontrollgruppe. In unserer Laborstudie war ein vergleichbares Ergebnis nicht zu erzielen.
Die Leistungssportler zeigten sowohl beim Testen der peripheren Wahrnehmung als auch des afferenten dynamischen Sehens rein deskriptiv betrachtet die zwar besseren Leistungen im Vergleich zu den Nicht- bzw. Freizeitsportlern, jedoch waren die Unterschiede nicht statistisch signifikant. Eventuell ist die Probandenzahl mit 42 Freizeitsportlern und 80 Leistungssportlern insgesamt zu gering. Ein weiterer Erklärungsansatz ist, dass die Unterschiede in der sportlichen Aktivität nicht gravierend genug waren. Die Einteilung nach Nicht‑/Freizeit- und Leistungssport erfolgte nach eigenem Ermessen, was hier als Limitation der Studie anzusehen ist. Eine striktere Unterscheidung in reine Nichtsportler und in Leistungssportler (Profisportler), die mindestens 5 Trainingseinheiten/Woche absolvieren, wäre möglicherweise besser gewesen. Allerdings ist es aufgrund eines häufigen Mangels an genauen Beschreibungen über die Anzahl von Trainingseinheiten und -jahren in der Fachliteratur sowie der Fülle an unterschiedlichen Einteilungskriterien nur schwer möglich, Vergleiche mit anderen Studien zu ziehen. Des Weiteren ist der fehlende signifikante Unterschied möglicherweise auch damit zu erklären, dass in dieser Studie Sportler mit breitem visuellen Anforderungsprofil einbezogen wurden. In weiterführenden Studien sollte dies Berücksichtigung finden, und es sollten nur Sportler ausgewählter, spezifischer Sportarten rekrutiert werden.
In einer Untersuchung von Boden et al. [21] wurde die räumliche Sehschärfe von Baseball- und Softballspieler mit der von Nicht-Ballspielern verglichen. Die Baseballspieler, die seit mindestens 3 Jahren in organisierten Spielen aktiv waren, zeigten signifikant bessere Ergebnisse. Jedoch blieben die Trainingseinheiten außerhalb der Spiele unkommentiert und auch über eventuelle sportliche Aktivitäten der Nicht-Ballspieler wurden keine Angaben gemacht, sodass diese Studie nicht mit der hier vorliegenden Studie vergleichbar ist.
Gao et al. [9] testeten die periphere Sehleistung von 86 Ballsportlern im Vergleich zu 60 Nichtsportlern. Im Gegensatz zu unserer Studie fanden sie ein signifikant größeres peripheres Gesichtsfeld der Sportler. Möglicherweise sind die Ballsportarten gesondert zu betrachten und die in der hier vorliegenden Untersuchung durchmischte Sportartenzugehörigkeit ein Grund für die gegensätzlichen Ergebnisse.
Die Studie deckte – eher als unerwartetes Nebenergebnis – ein sehr wichtiges Detail auf: Zwei aufgrund eines binokularen Visus <0,63 sowie mehrerer Gesichtsfeldausfälle im Vorfeld aus der Studie ausgeschlossene Probanden gehörten der Leistungssportgruppe an. Dies entspricht bei 80 Leistungssportlern einem Prozentsatz von 2,5 %. Trotz jahrelangem, regelmäßigem Training und Wettkampfteilnahme sind diese Defizite der visuellen Leistungsfähigkeit weder den Sportlern selbst noch den Trainern bisher aufgefallen. Dies unterstreicht, wie wichtig eine visuelle Leistungsdiagnostik nicht nur im Leistungssport, sondern auch im Breitensport ist. Eine deutlich erhöhte Unfallgefahr kann durch gutes Sehen minimiert sowie die sportliche Leistung verbessert werden [10]. Auch im Spitzensport gibt es eine hohe Zahl an Fehlsichtigen, die ihren Sport ohne Sehhilfe ausüben [13]. Daher sind regelmäßige Sehtests auch aus unfall- und verletzungsprophylaktischer Sicht dringend notwendig, um Defizite möglichst frühzeitig aufzeigen und optisch korrigieren zu können [5].
Durch okulomotorische Übungen kann die dynamische Sehschärfe bei Sportlern verbessert werden [22]. Ergebnisse einer Studie von Bonato et al. aus dem Jahr 2020 deuten darauf hin, dass visuelles Training die sportliche Leistung verbessern kann [23]. Eine bessere Sehschärfe und eine kurze Wahrnehmungszeit können nicht nur leistungssteigernd wirken, sondern auch das Risiko einer möglichen Verletzung reduzieren [24].

Limitationen

Aufgrund der in dieser Studie selbst definierten Einteilung in Leistungssportler und Nicht‑/Freizeitsportler und der Uneinigkeit in der Literatur bezüglich klarer Grenzen hinsichtlich der sportlichen Aktivität sind die hier gefundenen Ergebnisse nicht zu verallgemeinern. Es sind vielmehr weitere Forschungsarbeiten zu diesem Themengebiet zu fordern. Dabei sollten in Abhängigkeit von der visuellen Leistung geeignete methodische Designs hinsichtlich der sportlichen Aktivität genutzt werden, um mögliche Kausalitäten auch valide nachweisen zu können.
Auch ist die Auswahl der Sportler nicht optimal gewählt, eine weniger heterogene Gruppe unter den Individualsportlern (Fechter, Ringer, Schwimmer) wäre besser gewesen. Im Bereich des Leistungssports war dies schwierig umzusetzen, da eine ausreichend hohe Probandenzahl aus einzelnen Sportarten nicht rekrutiert werden konnte. Zukünftige Studien sollten sich auf einige wenige Sportarten konzentrieren.

Fazit für die Praxis

  • Diese Studie liefert erste Hinweise zu ausgewählten Sehleistungen von Leistungssportlern im Vergleich zu Freizeitsportlern.
  • Leistungssportler zeigten im Vergleich zu Freizeitsportlern bei gleicher Sehschärfe zum Teil ein besseres räumliches Sehen sowie tendenziell ein besseres dynamisches Sehen.
  • Innerhalb der Leistungssportler gab es keine signifikanten Unterschiede in den Sehleistungen zwischen Individual- und Mannschaftssportlern.
  • Sportler mit visuellen Defiziten sollten möglichst frühzeitig identifiziert werden, um ihnen eine Bestkorrektur der Sehleistung (Brille, Kontaktlinsen) vorzuschlagen und somit sowohl die sportlichen Leistungen zu verbessern als auch Verletzungen vorzubeugen.
  • Zudem könnten in zukünftigen Studien auch motorische und kognitive Fähigkeiten geprüft werden, da möglicherweise nicht nur visuelle Fähigkeiten bei der erfolgreichen Ausübung der jeweiligen Sportart eine Rolle spielen.

Einhaltung ethischer Richtlinien

Interessenkonflikt

T. Koppelwiser, S. Darius und I. Böckelmann geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Alle beschriebenen Untersuchungen am Menschen oder an menschlichem Gewebe wurden mit Zustimmung der zuständigen Ethikkommission, im Einklang mit nationalem Recht sowie gemäß der Deklaration von Helsinki von 1975 (in der aktuellen, überarbeiteten Fassung) durchgeführt. Von allen beteiligten Patienten liegt eine Einverständniserklärung vor.
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Fußnoten
1
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Literatur
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Metadaten
Titel
Visuelle Leistungen von Leistungssportlern im Vergleich zu Nicht‑/Freizeitsportlern
verfasst von
Theresa Koppelwiser
Dr. med. Sabine Darius
Irina Böckelmann
Publikationsdatum
23.11.2021
Verlag
Springer Berlin Heidelberg
Erschienen in
Zentralblatt für Arbeitsmedizin, Arbeitsschutz und Ergonomie / Ausgabe 1/2022
Print ISSN: 0944-2502
Elektronische ISSN: 2198-0713
DOI
https://doi.org/10.1007/s40664-021-00449-3

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