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08.11.2022 | Online-Artikel

Vitamin-B12-Mangel: Patientenfälle aus der Praxis

Ein Diabetes-Patient klagt über Gangunsicherheit. Ein Patient mit „empfindlichem“ Magen bemerkt einen Leistungsknick. Wie würden Sie vorgehen? Und welche Hindernisse können bei der Vitamin-B12-Supplementation nach Gastrektomie auftreten? Lesen Sie hier Fallbeispiele aus der Praxis.

Patientenbeispiel: Vitamin-B12-Mangel unter Metformin-Therapie

Aktuelle Anamnese:

Der 68-jährige Rentner Peter S. klagt über Kribbeln in den Beinen, das überwiegend nachts auftritt, sowie Gangunsicherheit.

Vorgeschichte:

Bei Herrn S. ist seit zwei Jahren ein Diabetes mellitus bekannt. Dieser wird seit der Diagnose mit Metformin 1000 mg (1-0-1) und einem DPP4-Hemmer therapiert. Aufgrund der Kribbelsymptomatik nimmt der Patient seit einigen Monaten Pregabalin 150 mg täglich ein.

Diagnose:

Bei der Labordiagnostik fällt eine hyperchrome, makrozytäre Anämie auf. Zudem besteht ein Vitamin-B12-Defizit (Gesamt-Vitamin-B12: 183 pmol/l) sowie ein Folsäure-Mangel.

Therapie und Verlauf:

Injektionen lehnt Herr S. ab. Daher wird eine hochdosierte orale Substitution mit zweimal täglich 1000 µg Vitamin B12 (B12 Ankermann®) und eine Substitution mit 5 mg Folsäure täglich eingeleitet.

Nach drei Wochen berichtet der Patient über eine deutliche Besserung der Kribbelparästhesien, labordiagnostisch ergibt sich eine signifikante Besserung des Blutbilds. Pregabalin wird abgesetzt und die Vitamin-B12-Dosis auf einmal täglich 1000 µg reduziert. Die Folsäure-Dosis bleibt unverändert.

Nach acht Wochen ist das Kribbeln in den Beinen fast vollständig verschwunden, das Blutbild hat sich normalisiert. Nun wird die Substitution reduziert auf zweimal 1000 µg Vitamin B12 pro Woche, Folsäure wird auf zweimal wöchentlich 5 mg reduziert.

Nach sechs Monaten sind der klinische und laborchemische Befund komplett unauffällig. Kribbelparästhesien und Gangunsicherheit haben sich vollständig zurückgebildet. Die Substitution mit Vitamin B12 und Folsäure wird beibehalten, ebenso die Metformintherapie, von der der Patient weiterhin profitiert.

Patientenbeispiel: Wolfgang M., „empfindlicher Magen“, Leistungsknick und neurologische Auffälligkeiten

Aktuelle Anammese: 

Wolfgang M., ein 67-jähriger Handwerker im Ruhestand (Ex-Raucher), klagt über eine unklare Gewichtsabnahme von 4 kg (aktuell 72 kg bei 178 cm), deutlich beeinträchtigtes Allgemeinbefinden, „Leistungsknick“ beim Treppensteigen, Taubheitsgefühl in Händen und Füßen, „Kribbeln“ in den Füßen, Engegefühl um die distalen Unterschenkel und zunehmende Blässe. Zudem bestehe eine Gangunsicherheit, die sich vor allem im Dunkeln bemerkbar mache und schon mehrfach zu Stürzen geführt habe. Die Beschwerden nehmen seit sechs Monaten zu.

Vorgeschichte: 

Seit ca. 25 Jahren ist bei dem Patienten ein „empfindlicher Magen“ bekannt, der zunächst mit Ranitidin behandelt wurde. Vor etwa zehn Jahren wechselte der Patient auf Pantoprazol 40 mg täglich. Ein Typ-2-Diabetes, der seit fünf Jahren bekannt ist, wird mit zweimal täglich 850 mg Metformin behandelt und ist gut kontrolliert (HbA1c-Wert: 6,9%). 
Gastroskopie: Chronisch-atrophische Gastritis.
Laborwerte: Hämoglobin 12,3 g/dl, MCV 102 fl, Vitamin B12 im Serum 98 pg/ml (Labor-Normwert 180-880 pg/ml), Folsäure 7 ng/ml (Normwert 3-15 ng/ml), Holo-Transcobalamin 37 pmol/l (Labor-Normwert >50 pmol/l), Anti-Parietalzell-Antikörper pathologisch, Anti-Intrinsic-Factor-Antikörper grenzwertig.
Klinisch-neurologische und elektrophysiologische Untersuchung: Schwere sensomotorische Polyneuropathie der Beine, funikuläre Myelose mit deutlicher Hinterstrangleitungsstörung.

Therapie: 

Der Patient hat eine Spritzenphobie und lehnt eine parenterale Vitamin-B12-Substitution ab. Daher erfolgt eine orale Behandlung mit zweimal täglich 1 mg Cyanocobalamin über zwei Wochen, anschließend eine Dauermedikation mit 1 mg Cyanocobalamin täglich. Pantoprazol wird schrittweise reduziert und schließlich abgesetzt.

Verlauf: 

Bereits zwei Wochen nach Therapiebeginn ergibt die Laborkontrolle eine Normalisierung des Vitamin-B12-Serumspiegels auf 225 pg/ml. Nach sechs Monaten liegt der Wert bei 380 pg/ml und das Holo-Transcobalamin liegt jetzt im Normalbereich (66 pmol/l). Nach einem Monat zeigt Wolfgang M. eine gebesserte Gangsicherheit, nach drei Monaten ist eine Besserung des Allgemeinbefindens und der körperlichen Leistungsfähigkeit festzustellen [6].

Patientenbeispiel: Vitamin-B12-Mangel nach totaler Gastrektomie

Vorgeschichte:

Ein 45-jähriger Ingenieur, der als Seemann an Bord eines Handelsschiffes arbeitet, muss sich wegen eines Karzinoms einer totalen Gastrektomie unterziehen. Da bei gastrektomierten Patienten kein Intrinsic Factor (IF) mehr gebildet wird, ist eine lebenslange Substitution von Vitamin B12 erforderlich. Diese erfolgt zunächst durch intramuskuläre Injektionen (etwa alle vier Wochen).

Aktuelle Fragestellung: 

Engmaschige Vitamin-B12-Injektionen sind an Bord des Schiffes nicht möglich. Der Patient fragt nun nach alternativen Therapiemöglichkeiten, die sich besser mit seiner Berufstätigkeit auf See vereinbaren lassen.

Weitere Therapie und Verlauf:

Die Therapie wird auf 1.000 µg Vitamin B12 per os (B12 Ankermann®) täglich umgestellt. Diese Behandlung lässt sich gut in den Berufsalltag des Patienten integrieren. Durch die hohe Dosierung kann ein ausreichender Anteil des Vitamin B12 (ca. 1–5 % der freien Wirkstoffmenge) über passive Diffusion unabhängig vom Intrinsic Factor aufgenommen werden. Die orale Vitamin-B12-Substitution führt zu stabilen, im Referenzbereich liegenden Vitamin-B12-Werten im Blut (s. Abb.) [10]. Der niedrignormale Wert nach der ersten Seefahrt unter oraler Vitamin B12-Therapie resultierte aus einer ungeplanten Verlängerung der Seereise, wegen der für gewisse Zeit kein Vitamin B12 eingenommen werden konnte.

 


Informieren Sie sich über Risikogruppen, Diagnose und Therapie des Vitamin-B12-Mangels.

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