Erschienen in:
01.09.2009 | In eigener Sache
Von Fall zu Fall
Kasuistiken in „Intensivmedizin und Notfallmedizin“
verfasst von:
Prof. Dr. R. Riessen
Erschienen in:
Intensivmedizin und Notfallmedizin
|
Ausgabe 6/2009
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Auszug
Sind Kasuistiken oder „case reports“ im Zeitalter der evidenzbasierten Medizin, Leitlinien und „standard operation procedures“ (SOP) überhaupt noch zeitgemäß? Offensichtlich ja, denn die Zahl der publizierten Kasuistiken steigt Jahr für Jahr. Auch wurden in den letzten Jahren zahlreiche überwiegend internetbasierte Open-Access-Zeitschriften wie u. a. das „British Medical Journal Case Reports“ und das „Cases Journal“ aus der Taufe gehoben, die sich allein der Publikation von Kasuistiken widmen [
1,
2,
3]. Der Wert von Kasuistiken ist nicht unumstritten, aber Kenner der Medizingeschichte führen an, dass von Hippokrates bis zur Gegenwart am Anfang unzähliger Entdeckungen und Entwicklungen in der Medizin die Beschreibung einzelner Fälle und kleiner unkontrollierter Fallserien stand, z. B. bei der ersten Anwendung von Penicillin oder der Erstbeschreibung von Aids [
4]. Seltene Nebenwirkungen von Medikamenten werden oft erst durch Fallbeschreibungen aufmerksamer Kliniker publik [
5]. Auch die Anwendung eines neuen Medikaments auf der Basis von individuellen pathophysiologischen Überlegungen über die eingegrenzten zugelassenen Indikationen hinaus wird oft erst in Kasuistiken berichtet und bildet dann die Grundlage für weitere kontrollierte Studien. Gerade in der Intensivmedizin kann unter bestimmten Bedingungen die Beobachtung einer raschen und tiefgreifenden Besserung des Patienten nach einer neuartigen therapeutischen Maßnahme eine valide Beobachtung darstellen, die nicht unbedingt einer randomisierten Kontrollgruppe bedarf [
6]. …