Eine 50-jährige Asylantin aus Afghanistan kommt zur stationären Aufnahme. Es ist eine Ohroperation der rechten Seite für den kommenden Tag über die Klinikambulanz im Vorfeld geplant worden, die Kostenübernahmeerklärung liegt vor. Anamnestisch berichtet sie von einem Bombenanschlag in Kabul vor 7 Jahren, den sie zwar überlebt hat, dessen Auswirkungen auf ihre beidseitige Hörfunktion aber bis zum heutigen Tag anhalten. Subjektiv hört sie auf beiden Ohren schlecht, wenngleich eine Rechtsbetonung angegeben wird. Zudem sei anamnestisch das rechte Ohr häufiger von einer Otorrhö belastet, auch wenn eine Geruchsbelästigung nicht erinnerlich sei. Schwindelbeschwerden und Tinnitus werden verneint. Antibiotische Therapien hätten nur temporäre Erfolge in Form eines Sistierens der Otorrhö erzielen können. Die mikroskopische Untersuchung zeigt eine leicht feuchte Perforation beider Seiten, rechts subtotal (Abb. 1). Die Reintonaudiometrie ergibt eine kombinierte Schwerhörigkeit bds. mit deutlich rechtsseitig ausgeprägterer Betonung sowohl des Schallempfindungs- (bis zu 50 dB bei 1,5 kHz) als auch Schallleitungsanteils (50 dB bei 0,5 kHz; Abb. 2). Das Aufnahmegespräch soll eigentlich mit der Aufklärung über den geplanten Eingriff mithilfe eines vom Klinikum bestellten Dolmetschers beendet werden. Dies lässt sich aber nicht sofort realisieren, da ein Blick des Aufnahmearztes in die Akte keine eindeutige Therapieplanung feststellen lässt: „Tympanoplastik, ggf. Erweiterung operativer Maßnahmen“ lautet der Eintrag. In seiner Verunsicherung beschließt der Weiterbildungsassistent (2. Ausbildungsjahr) einen Kollegen anzurufen, welcher bereits die Facharztreife besitzt, um alle Möglichkeiten der Operation bzw. der Aufklärung abzusprechen, und nimmt die Patientin im Anschluss deutlich gelassener zur „Chefvorstellung“ mit.
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