Lernziele
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sind Ihnen die der anterolateralen Rotationsinstabilität zugrunde liegende Anatomie und Biomechanik bekannt,
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können Sie mögliche Risikofaktoren für eine ausgeprägte anterolaterale Rotationsinstabilität benennen und diese in Ihrer operativen Strategie berücksichtigen,
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sind Ihnen mögliche Indikationen für die Augmentation einer Rekonstruktion des vorderen Kreuzbands mit einer anterolateralen extraartikulären Stabilisierung geläufig,
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wissen Sie um mögliche Vor- und Nachteile der anterolateralen extraartikulären Stabilisierung.
Hintergrund
Anatomie des anterolateralen Komplexes
Tractus iliotibialis
Oberflächliche Schicht
Tiefe Schicht
Kapsuloossäre Schicht
Anterolaterale Gelenkkapsel
Biomechanik der anterolateralen Rotationsinstabilität
Relevanz von posteriorem tibialem „slope“ und Außenmeniskus
Anterolaterale extraartikuläre Stabilisierung
Indikationen zur anterolateralen Stabilisierung
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Revisionsplastik bei VKB-Reruptur/-Rezidivinstabilität
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Hochgradiger Pivot-shift
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Generalisierte Hyperlaxität (Beighton-Score ≥ 5)
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Genu recurvatum bzw. Hyperextension > 10°
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Patienten < 25 Jahre mit Rückkehr zu pivotierenden Sportarten
Pivot-shift-Test
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gleitend („glide“): +
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dumpf („clunk“): ++
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grob („gross“): +++
Technik der anterolateralen extraartikulären Stabilisierung nach Lemaire
Tücken und Komplikationen | Tipps und Tricks |
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Laterale Hyperkompression mit Auftreten lateraler Knieschmerzen oder von Knorpelschäden | Fixation in Neutralrotation und mit maximaler Anspannung von 20 N Sicherstellen, dass bei der Unterminierung des lateralen Kollateralbands die Popliteussehne nicht angeschlungen wurde |
Einschränkung der endgradigen Extension/Flexion oder Schlussrotation | Intraoperative Überprüfung der Isometrie des femoralen Insertionspunkts Sicherstellen, dass bei der Unterminierung des lateralen Kollateralbands die Popliteussehne nicht angeschlungen wurde |
Konflikt zwischen dem femoralen VKB- und LET-Tunnel mit Risiko der Lockerung/Beschädigung der femoralen Fixation | Einbringen des Kirschner-Drahts am Isometriepunkt (5 mm proximal und posterior des lateralen Femurepikondylus) in einer 30° anteroproximalen Angulation Arthroskopische Kontrolle des femoralen VKB-Tunnels über das anteromediale Portal während der Kirschner-Draht-Überbohrung |
Traktusstreifen zu kurz | Die Bestimmung der Transplantatlänge erfolgt in Referenz zum lateralen Femurepikondylus. Präparation des Traktusstreifens bis etwa 3 cm proximal des lateralen Epikondylus (im Zweifel 1 cm länger) Wechsel auf Onlay-Fixierung mittels Fadenanker anstelle einer Interferenzschraube, was ein kürzeres Transplantat verzeiht |
Fazit für die Praxis
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Die Ruptur des vorderen Kreuzbands (VKB) führt zu einer anterolateralen Rotationsinstabilität (ALRI).
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Die ALRI unterliegt einer multifaktoriellen Genese, sodass weitere Risikofaktoren, wie ein überhöhter posteriorer tibialer „slope“, posterolaterale Impressionsfaktoren oder Läsionen des Außenmeniskus, in der therapeutischen Strategie berücksichtigt werden sollten.
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Potenzielle Indikationen für eine anterolaterale Stabilisierung stellen Revisionsfälle sowie primäre VKB-Rupturen mit Hochrisikokonstellationen (Alter < 25 Jahre, hochgradiger Pivot-shift, Risikosportarten auf Leistungsniveau oder Hyperlaxität) dar.
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Anterolaterale Stabilisierungen als Add-on zur VKB-Rekonstruktion zeigen vielversprechende klinische Kurzzeitergebnisse mit einer deutlich reduzierten Versagensrate, die Langzeitfolgen dieser Prozeduren können noch nicht abgeschätzt werden.
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Die Autoren dieser Arbeit bevorzugen die anterolaterale Stabilisierung modifiziert nach Lemaire mit einem distal gestielten Traktusstreifen.