Warnung vor Absetzen der oralen Antikoagulation bei Vorhofflimmern

Für schlaganfallgefährdete Vorhofflimmernpatienten ist die orale Antikoagulation eine lebenslange Therapie – eigentlich. Im Alltag wird die Vorgabe nicht immer eingehalten. Der Preis fürs Absetzen: ein mehr als verdoppeltes Insultrisiko. Das Wichtigste in Kürze zu dieser Studie finden Sie am Ende des Artikels. Wie wichtig es ist, bei Patienten mit Vorhofflimmern an einer indizierten oralen Antikoagulation dauerhaft festzuhalten, illustrieren Daten aus der britischen und schwedischen Bevölkerung: Therapieabbrecher haben danach ein zwei- bis dreimal so hohes Risiko für einen Schlaganfall wie Patienten, die die Behandlung fortführen. Dabei scheint es keine Rolle zu spielen, wie lange vorher behandelt wurde oder wie viel Zeit seit dem Absetzen vergangen ist. Um die Konsequenzen eines Behandlungsabbruchs zu quantifizieren, hat ein internationales Forscherteam die Medikation von Vorhofflimmernpatienten mit und ohne Schlaganfall verglichen. Von 76.882 britischen und 41.526 schwedischen Patienten hatten 616 und 643 in den Jahren 2016–2018 einen ischämischen Schlaganfall erlitten. Fast ein Drittel (31,2%, Großbritannien) bzw. ein Viertel (26,1% Schweden) der betroffenen Patienten hatte vor dem Ereignis die orale Antikoagulation beendet. Damit war unter den Therapieabbrechern das Quotenverhältnis von Patienten mit ischämischem Schlaganfall zu Patienten ohne diese Komplikation (Odds Ratio, OR) etwa 3,0- bzw. 2,3-mal so hoch wie bei den Patienten mit fortgesetzter oraler Antikoagulation; bei dieser Berechnung sind andere bekannte Risikofaktoren für einen ischämischen Insult berücksichtigt worden. Insultrisiko kurz- und langfristig gleichermaßen erhöht Für die Höhe der Odds Ratios machte es keinen Unterschied, ob die Patienten die orale Antikoagulation erst innerhalb des letzten Jahres oder schon länger beendet hatten. Auch von der Dauer der vorausgegangenen Behandlung – maximal ein Jahr oder länger – wurden die Werte nicht wesentlich verändert. Nur bei 18% bzw. 11% der Patienten war die Antikoagulation infolge einer Blutung abgesetzt worden. Auch wenn diese Patienten aus der Analyse ausgeschlossen wurden, hatte dies keinen nennenswerten Einfluss auf die Odds Ratios. Der nach dem Absetzen der oralen Antikoagulation festgestellte zwei- bis dreifache Anstieg des Schlaganfallrisikos ist ungefähr der Kehrwert des Nutzens, der in randomisierten kontrollierten Studien durch die Behandlung von Vorhofflimmernpatienten erzielt wurde. Weil Therapieabbrüche relativ häufig vorkamen, sehen die Studienautoren um Luis García Rodríguez vom spanischen Zentrum für pharmakoepidemiologische Forschung in Madrid hierin einen Hebel, um die Schlaganfallraten zu reduzieren. Allein in Großbritannien wären ihren Berechnungen zufolge pro Jahr fast 1000 ischämische Schlaganfälle vermeidbar, wenn orale Antikoagulanzien nicht abgesetzt würden. Mit den ermittelten Zahlen hoffen die Studienautoren, auch Ärzten eine Hilfe an die Hand zu geben, um Patienten die Bedeutung der Therapiepersistenz besser nahebringen zu können. Das Wichtigste in Kürze Frage: Wie wirkt sich bei Vorhofflimmern das Absetzen von oralen Antikoagulanzien auf die Schlaganfallraten aus? Antwort: Nach dem Therapieabbruch ist das Risiko für ischämische Insulte zwei- bis dreifach erhöht, unabhängig von der Dauer der oralen Antikoagulation und dem Zeitintervall seit dem Absetzen. Bedeutung: Durch höhere Therapiepersistenz wären Schlaganfälle vermeidbar. Einschränkung: Registeranalyse; unvollständige Beachtung von Störfaktoren möglich.

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