Skip to main content
Erschienen in: Somnologie 1/2021

Open Access 22.10.2020 | Vorhofflimmern | Übersichten

Interaktionen schlafbezogener Atmungsstörungen mit Vorhofflimmern

Pathophysiologie und Klinik

verfasst von: Victoria Vaas, Christoph Fisser, Maria Tafelmeier, Dominik Linz, Michael Arzt

Erschienen in: Somnologie | Ausgabe 1/2021

Zusammenfassung

Hintergrund

Vorhofflimmern (VHF) ist die häufigste Herzrhythmusstörung. Sowohl die zentrale als auch die obstruktive Schlafapnoe interagieren mit dieser Erkrankung. Intermittierende Hypoxie, oxidativer Stress, wiederkehrende Aufwachreaktionen, intrathorakale Druckveränderungen und atriales Remodeling können im Rahmen einer schlafbezogenen Atmungsstörung (SBAS) zu VHF führen.

Ziel

Dieser Artikel stellt die komplexen Zusammenhänge und Erkenntnisse jüngster Forschungen bezüglich SBAS und VHF sowie die Therapiemöglichkeiten dar.

Material und Methoden

Es erfolgten eine Literaturrecherche von Original- und Übersichtsartikeln sowie Metaanalysen, die zwischen 1963 und 2020 in der PubMed-Datenbank veröffentlicht wurden.

Ergebnisse

Die Erkenntnisse der Studien weisen auf einen bidirektionalen kausalen Zusammenhang zwischen SBAS und VHF hin. Die pathophysiologischen Auswirkungen der obstruktiven und zentralen Schlafapnoe auf VHF sind unterschiedlich. Die Studien, die die Effekte einer Therapie der SBAS auf das Rezidivrisiko von VHF nach Intervention (Kardioversion oder Pulmonalvenenisolation) untersuchen, ergeben bisher kein eindeutiges Bild.

Diskussion

Bisherige Studien bestätigen multiple Interaktionen zwischen SBAS und VHF. Aufgrund widersprüchlicher Ergebnisse hinsichtlich der Effekte einer positiven Atemwegsdrucktherapie auf das Rezidivrisiko von VHF nach Interventionen sind weitere Studien nötig.
Vorhofflimmern (VHF) ist die häufigste Herzrhythmusstörung. Aufgrund der sich ändernden Altersstruktur in den westlichen Ländern und der Zunahme von Risikofaktoren wie Bluthochdruck und Übergewicht steigt die Prävalenz der Patienten mit VHF [1, 2]. Aufgrund der häufigen Herzfrequenzanstiege trägt VHF zu einer Tachymyopathie und einem erhöhten Risiko für Schlaganfälle (20–30 % aller Schlaganfälle) bei [25]. Sogar bei Patienten mit einer effektiven Rhythmuskontrolle durch eine leitliniengerechte Behandlung ist die Mortalitätsrate durch Pumpversagen sowie plötzlichen Herztod erhöht [6]. Die Volkskrankheit VHF stellt auch eine erhebliche sozioökonomische Belastung dar [2]. Die durch VHF verursachten jährlichen Kosten werden im Jahr 2017 in Deutschland auf 660 Mio. € geschätzt [7]. Bei der Therapie von VHF hat die Modifikation von Risikofaktoren eine wichtige Bedeutung [8]. Zu den Risikofaktoren für VHF zählen unter anderem Übergewicht, Bluthochdruck, Diabetes mellitus und die schlafbezogene Atmungsstörung (SBAS) [8]. Aufgrund der erhöhten Prävalenz der SBAS (21–74 %) bei VHF-Patienten verglichen mit einer Kontrollgruppe spielt diese eine wichtige Rolle im Zusammenhang mit VHF [914]. Dieser Wert variiert aufgrund der verschiedenen Diagnose- und Schweregradkriterien in den Studien [913]. Sowohl die obstruktive Schlafapnoe (OSA) als auch die zentrale Schlafapnoe (ZSA) sind mit VHF assoziiert [15]. Die zugrunde liegenden Mechanismen sind der oxidative Stress, die Aktivierung des sympathischen Nervensystems, die Erhöhung der atrialen und ventrikulären transmuralen Wandspannung sowie strukturelles und elektrophysiologisches Remodeling der Vorhöfe ([8, 16]; Abb. 1).
Bei Patienten mit unbehandelter OSA sind die VHF-Rezidivraten nach elektrischer Kardioversion und Vorhofflimmerablation (Pulmonalvenenisolation) um 31 % erhöht [17]. Trotz der bisherigen Erkenntnisse bleibt aufgrund fehlender konfirmatorischer randomisierter Studien unklar, wie sich eine Behandlung der Schlafapnoe auf die Rezidivhäufigkeit von VHF nach elektrischer Kardioversion und Pulmonalvenenisolation auswirkt. Deshalb stellt dieser Übersichtsartikel die epidemiologischen und pathophysiologischen Zusammenhänge zwischen SBAS und VHF dar. Auf die Unterschiede zwischen der OSA und der ZSA wird eingegangen. Der Artikel fasst die Ergebnisse der wichtigsten Behandlungsstudien und Therapieempfehlungen zusammen. Ein sich daraus ergebender Forschungsbedarf wird aufgezeigt.

Pathophysiologie

Akute transiente arrhythmogene Mechanismen

Intermittierende Hypoxie

Obstruktive Apnoen und Hypopnoen führen zu intermittierenden Sauerstoffentsättigungen. Es entstehen freie Sauerstoffradikale („reactive oxygen species“, ROS) und die sympathische und parasympathische Aktivität wird erhöht ([18, 19]; Abb. 1). Dieses Phänomen tritt durch Inhibierung des mitochondrialen Elektronentransportes, erhöhte Aktivität reduzierter NADPHs und Xanthinoxidasen sowie erniedrigte Spiegel von Antioxidantien auf [18, 20, 21]. In Tiermodellen führte intermittierende Hypoxie ROS-vermittelt zu Hypertrophie, Längenzunahme von Myokardzellen sowie zu erhöhten Apoptoseraten [22, 23]. In einer randomisierten kontrollierten Studie konnte nachgewiesen werden, dass bei Patienten mit OSA durch eine „continuous positive airway pressure“ (CPAP) Therapiemarker oxidativen Stresses (z. B. 8‑Isoprostane) relevant reduziert werden [24]. Hypoxämie löst unter physiologischen Bedingungen durch das Einwirken auf die Glomera carotica Hyperventilation und eine Aktivierung des Sympathikus aus [19, 25]. Im Vergleich dazu führt intermittierende Hypoxie bei Obstruktion der oberen Atemwege durch das Verhindern der Lungenexpansion sowie die Dehnung von vagolytischen Nervenfasern der Lunge zum Tauchreflex (Erhöhung der sympathischen Vasokonstriktion der Muskeln) [26]. Dies führt zur Steigerung des Blutdruckes und einer vagal induzierten Bradykardie [19, 25]. Folglich besteht die Reaktion des Körpers auf intermittierende Hypoxie aus der direkten und indirekten Aktivierung des Sympathikus sowie der Aktivierung des Parasympathikus [16]. Die Häufigkeit und Intensität der Sauerstoffentsättigungen korreliert mit dem Auftreten atrialer und ventrikulärer Arrhythmien [2730]. Die ZSA ist weniger mit intermittierender Hypoxie und damit verbundenen Aktivierungen des parasympathischen und sympathischen Nervensystems assoziiert als die OSA [31].

Kombinierte sympathovagale Aktivierung

Sowohl Apnoen als auch Hypopnoen und mildere Flusslimitationen können in Kombination mit verstärkter Atemanstrengung zu respiratorisch bedingten Aufwachreaktionen führen. Diese können auch bei respiratorischen Ereignissen ohne Sauerstoffentsättigungen auftreten. Bei gesunden Testpersonen, bei denen durch akustische und mechanische Stimuli Aufwachreaktionen provoziert wurden, stellte man einen signifikanten Anstieg der Herzfrequenzvariabilität und insbesondere ihrer sympathischen Komponente fest [32]. Die resultierende Hyperpnoe nach einer Aufwachreaktion dehnt die peripheren afferenten Fasern der Lunge, was mit einer vagolytischen Reaktion (Hering-Breuer-Reflex) assoziiert ist und zusammen mit erregungsbedingten Erhöhungen des Sympathikotonus die Herzfrequenz steigert [19, 25, 33, 34]. Des Weiteren zeigten Horner et al., dass spontane Aufwachreaktionen kombiniert mit einem akuten Anstieg der Herzfrequenz bei Hunden mithilfe von Blockaden des Sympathikus verhindert werden konnten [33].
Sowohl OSA- als auch ZSA-Patienten weisen im Vergleich zu Kontrollpatienten einen höheren Sympathikotonus auf ([35, 36]; siehe Abb. 1). Dieser ist nicht nur während einer Schlafapnoe-Episode, sondern auch tagsüber erhöht [35, 36]. Folgen sind eine erhöhte Herzfrequenz und ein erhöhter Blutdruck, ebenfalls mit ausgeprägteren Effekten während der Schlafphase [3537].

Intrathorakale Druckschwankungen

Obstruktive Apnoen und Hypopnoen führen zu einem inspiratorischen Einsatz der Atemhilfsmuskulatur, um den kollabierten oberen Atemwegen entgegenzuwirken. Dadurch kann ein negativer intrathorakaler Druck von bis zu −80 mm Hg entstehen [16]. Beim Menschen ist der durch das Müller-Manöver (simulierte obstruktive Apnoe) hervorgerufene negative intrathorakale Druck mit einem erheblichen Anstieg der postganglionären sympathischen Nervenaktivität um mehr als 200 % verbunden. Dies führt zu einem signifikanten Anstieg des mittleren Blutdrucks am Ende der Apnoe [38]. Gleichzeitig führt ein negativer intrathorakaler Druck während ineffektiver Inspiration zu einer ausgeprägten, aber transienten vagalen Aktivierung, die mit einer deutlichen Verkürzung der atrialen Refraktärzeit und Aktionspotentialdauer als auch einer Zunahme der VHF-Induzierbarkeit vergesellschaftet ist [39]. Die Erhöhung der atrialen und ventrikulären Wandspannung bei Patienten mit OSA wird mit den Schwankungen der intrathorakalen Druckverhältnisse sowie dem nächtlichen Blutdruckanstieg assoziiert [16, 40, 41]. Durch erhöhte negative intrathorakale Druckverhältnisse werden der venöse Rückfluss zum Herzen und die atriale und ventrikuläre Vorlast erhöht [42, 43]. Simulierte OSA ist bei gesunden Versuchspersonen mit einer akuten Zunahme des Durchmessers der proximalen Aorta, des links ventrikulären sowie atrialen Volumens, gemessen durch Echokardiographie, sowie der Reduzierung der links ventrikulären Ejektionsfraktion (LVEF) assoziiert [4446]. Bei Patienten mit Herzinsuffizienz und schwerer OSA sinkt der ösophageale Druck (Pes) um 2 mm Hg und der systolische Blutdruck steigt um 14 mm Hg während des Non-REM-Schlafes (Schlafstadium 2) [40]. Folglich nimmt die systolische links ventrikuläre transmurale Wandspannung (LVPtm = arterieller Blutdruck + Betrag des negativen intrathorakalen Druckes) verglichen mit dem Wachzustand um 16 mm Hg zu [40]. Diese Erhöhung der linksventrikulären Nachlast ist vor allem in Ventilationsphasen nach einer Apnoeperiode zu beobachten [40]. Durch eine Kombination der Blutdrucksenkung sowie der Erhöhung des Pes durch eine CPAP-Therapie konnte die systolische LVPtm während des Schlafstadiums 2 um 20 mm Hg reduziert werden [40]. Dieses Phänomen kann auf die Vorhofwände übertragen werden, welche aufgrund der geringeren Wanddicke im Vergleich zum linken Ventrikel sensibler auf die Erhöhung der linksventrikulären transmuralen Wandspannung reagieren.

Chronische arrhythmogene Mechanismen

Strukturelles Remodeling der Vorhöfe

Repetitive obstruktive respiratorische Ereignisse können durch wiederholte mechanische Vorhofdehnung und häufige Episoden von Des- und Reoxygenierung strukturelles Remodeling sowie Myokardschäden verursachen [31, 42, 43, 47]. Zudem ist die zyklische Des- und Reoxygenierung im Zusammenhang mit der Schlafapnoe vergleichbar mit einer Ischämie oder Reperfusionsschäden, die die Produktion reaktiver Sauerstoffspezies, das Auftreten von Gefäßentzündungen und den Blutdruck erhöhen [48]. All diese Faktoren können Myokardschäden verursachen [48]. Auf die relativ dünnen Wände der Vorhöfe wirken sich diese Effekte besonders aus [31, 47]. Intermittierende Hypoxie bei Ratten bewirkte nach vier Wochen simulierter Schlafapnoe Vorhofleitungsanomalien, die mit einer Connexin-Dysregulation und einer erhöhten Vorhoffibrose verbunden sind [49]. Weitere Studien stützen die Beobachtung von strukturellen Anomalien wie Vorhoffibrose, Herunterregulierung oder Lateralisierung von Connexin 43 und einer erhöhten autonomen Nervendichte [49, 50]. Dementsprechend zeigten Patienten mit lang andauernder OSA deutliche atriale strukturelle Veränderungen [49]. Zusätzliche Komorbiditäten wie Adipositas und Bluthochdruck sind weitere Risikofaktoren für ein progressives atriales Remodeling [51]. In Abb. 2 wird der Zusammenhang von apnoeassoziierten Arrhythmien und progressivem strukturellen Remodeling veranschaulicht [52].

Elektrophysiologisches Remodeling der Vorhöfe

Tsai et al. haben diese Umbauprozesse untersucht und dabei nachweislich dehnungsaktivierte Kalziumkanäle festgestellt [53]. Auch Lebek et al. wiesen eine signifikant erhöhte CaMKII-Aktivität bei Patienten mit SBAS im Vergleich zu Patienten ohne SBAS nach [54]. Durch diese entsteht ein signifikanter Repolarisationsgradient, welcher frühe und verspätete Depolarisationen begünstigt und somit kardiale Arrhythmien entstehen lässt [53, 54]. In einem Tiermodell der OSA führt negativer Trachealdruck zu einer ausgeprägten Verkürzung der atrialen effektiven Refraktärzeit (ERP) und einer erhöhten Induzierbarkeit von VHF, die durch sympathische α‑ und β‑Wege, vagale Aktivierung und ganglionäre Plexus vermittelt werden [55]. Im Gegensatz dazu verlängern die Blutgasveränderungen infolge der OSA (Hyperkapnie) die ERP und verlangsamen die Reizweiterleitung [55]. Während ERP-Änderungen sich simultan mit der pCO2-Korrektur normalisieren, bleiben Veränderungen der Leitungsgeschwindigkeit bestehen und führen zu einer erhöhten Vorhofflimmeranfälligkeit [55]. Außerdem provozieren Aufwachreaktionen durch die akute Hyperaktivierung des sympathischen Nervensystems eine koronare Vasokonstriktion [56], die zu einer Mikroischämie führen können. Diese kann die Streuung der Myokardrepolarisation verstärken sowie verlängern [57].

Therapie und Behandlungsmöglichkeiten

Zur Therapie des Vorhofflimmerns kommen pharmakologische und nichtpharmakologische Maßnahmen wie beispielsweise Kardioversion oder Katheterablation zum Einsatz [2]. Im Nachfolgenden wird näher auf die Rhythmuskontrolle bei SBAS-Patienten mit und ohne CPAP-Therapie sowie auf die Effekte der CPAP-Therapie auf nicht rhythmisierende Behandlungsstrategien eingegangen.

Rhythmuskontrolle bei SBAS-Patienten mit und ohne CPAP-Therapie

Die obstruktive Schlafapnoe und eine niedrige nächtliche Sauerstoffsättigung sind mit einer erhöhten Rezidivrate von VHF nach einer initial erfolgreichen Kardioversion assoziiert [58]. In Beobachtungsstudien wiesen VHF-Patienten, deren OSA mittels CPAP behandelt wurde (n = 39), innerhalb der ersten 12 Monate nach elektrischer Kardioversion ein geringeres VHF-Rezidivrisiko auf als Patienten mit unbehandelter OSA (42 versus 82 %; P = 0,01). Das Rezidivrisiko der VHF-Patienten mit behandelter OSA war ähnlich wie bei Patienten ohne OSA (42 versus 53 %) [10]. Aktuell wurde erstmals in einer kleinen randomisierten Studie geprüft, ob die Behandlung einer obstruktiven Schlafapnoe mittels CPAP-Therapie das Risiko eines VHF-Rezidivs nach elektrischer Kardioversion senkt (CPAP n = 12 und Kontrollen n = 13). Hinsichtlich der Rezidivrate (25 %) und der Zeitdauer bis zum Rezidiv des VHF (129 vs. 109 Tage) zeigte sich im Vergleich der CPAP- mit der Kontrollgruppe kein Unterschied [59]. Jedoch ist die Aussagekraft der Studie zum Beispiel aufgrund der geringen Fallzahlen nicht ausreichend, um einen Effekt der CPAP-Therapie auf das VHF-Rezidivrisiko nach Kardioversion auszuschließen.
In einer Beobachtungsstudie mit 3000 Patienten, die eine Pulmonalvenenisolation erhielten, erlitten 32 % der Gruppe ohne CPAP-Therapie ein VHF-Rezidiv, während dies bei nur 21 % der Patienten mit effektiver CPAP-Therapie der Fall war (p = 0,003) [60]. Bei einer Gruppe von 62 OSA-Patienten, die sich einer Pulmonalvenenisolation unterzogen, ist die CPAP-Therapie im Vergleich zur unbehandelten OSA mit einer höheren VHF-Rezidivfreiheit 12 Monate nach dem Eingriff assoziiert (71,9 % vs. 36,7 %; P = 0,01). Diese Rate ist vergleichbar mit Patienten ohne OSA [61]. Darüber hinaus ist das Risiko eines Versagens der Katheterablationstherapie bei Patienten mit VHF (n = 174) unabhängig mit dem Schweregrad der OSA assoziiert [62]. Die Wahrscheinlichkeit eines Rezidivs lag bei Patienten ohne OSA bei 52 %, bei Patienten mit schwerer OSA bei 86 % [62, 63]. Zusammenfassend deuten die bisherigen Beobachtungsstudien und elektrophysiologische Studien darauf hin, dass OSA zur Entstehung von VHF und zu einem VHF-Rezidiv nach elektrischer Kardioversion oder Pulmonalvenenisolation beitragen kann und somit die Effekte antiarrhythmischer Therapiestrategien bei Patienten mit VHF limitiert [16]. Zudem weisen nichtrandomisierte Beobachtungsstudien darauf hin, dass CPAP dazu beitragen kann, den Sinusrhythmus bei Patienten mit VHF, die an OSA leiden, aufrechtzuerhalten [2]. Deshalb wird bereits die klinische Diagnostik und Therapie der OSA zur Vermeidung von VHF-Rezidiven und Verbesserung der Behandlung des VHF empfohlen [2].
Eine Verbesserung der Herzfunktion führt zu einer Abnahme von Apnoen und Hypopnoen [64]. Dieser Zusammenhang ist z. B. bei Patienten nach Herztransplantation [65], in der Frühphase nach Myokardinfarkt [66] sowie unter medikamentöser Therapie der Herzinsuffizienz etabliert [67, 68] und gilt auch für die Rhythmisierung von Patienten mit VHF [69]. Beobachtungsstudien zeigen, dass durch eine Kardioversion eine sofortige Reduktion der SBAS aufgrund einer signifikanten Abnahme der zentralen respiratorischen Ereignisse festgestellt werden kann [69]. Beispielsweise sinkt bei einem Kollektiv von Patienten mit VHF und Vorhofflattern (n = 138; 86,2 % mit VHF; 13,8 % mit Vorhofflattern) unmittelbar nach der Kardioversion der Apnoe-Hypopnoe-Index (AHI) signifikant (23,4 ± 16,3 vs. 16,3 ± 11,5/h; p < 0,001) [69]. Zudem nimmt die Anzahl der CSA-Patienten signifikant von 53 auf 23 ab (p < 0,001) [69]. Auch der mittels einer Pulmonalvenenisolation hergestellte Sinusrhythmus ist mit einer signifikanten Abnahme des AHI assoziiert (p = 0,002) [70]. Bei Aufrechterhaltung des Sinusrhythmus bleibt der AHI signifikant erniedrigt (p < 0,01), jedoch nicht bei Patienten mit VHF-Rezidiv [70].
Das Ziel der laufenden prospektiven Beobachtungsstudie CONSIDER AF (ClinicalTrials.gov: NCT02877745) ist es, Patientengruppen (u. a. Patienten mit OSA und ZSA) mit einem erhöhten peri- und postoperativem Risiko nach koronarer Bypassoperation zu identifizieren. Die Ergebnisse dieser Studie können dazu beitragen, das perioperative Management von Patienten mit und ohne SBAS zu optimieren, und als Grundlage für künftige Interventionsstudien zu dienen [71]. In einer groß angelegten Substudie (CONSIDER AF – OBSERVATION: Identification of obstructive sleep apnoea as a novel and potentially treatable risk factor for postoperative de-novo silent and symptomatic atrial fibrillation after elective coronary artery bypass grafting surgery) soll zukünftig der Einfluss von OSA auf das Auftreten von postoperativ neu diagnostiziertem Vorhofflimmern untersucht werden. Die Patienten der Substudie werden dafür postoperativ mittels Langzeit-EKG und einem Smartphone kompatiblen Herzmonitor hinsichtlich des Auftretens von postoperativ neu diagnostiziertem Vorhofflimmern überwacht. Weitere Ergebnisse von randomisierten und größeren Studien, wie z. B. von Traaen et al. [72], sind in den nächsten Jahren zu erwarten. Dies ist die erste randomisierte kontrollierte Studie, die Daten über die Auswirkungen einer CPAP-Therapie bei Patienten mit paroxysmalem VHF und SBAS liefern wird [72].

Effekte der CPAP-Therapie auf nicht rhythmisierende Behandlungsstrategien

Die nächtliche Behandlung der OSA mit CPAP reduziert sowohl nachts als auch tagsüber die Aktivität des sympathischen Nervensystems [73, 74]. Des Weiteren wurde bei einem Kollektiv von Patienten mit Herzinsuffizienz, reduzierter linksventrikulärer Ejektionsfraktion und OSA gezeigt, dass CPAP akut die linksventrikuläre Wandspannung reduziert [40]. Zudem wurde in einem Großtiermodell der OSA gezeigt, dass es auch einige Stunden nach Beendigung der CPAP-Therapie zu einer Reduktion des linksventrikulären enddiastolischen Volumens und zur Steigerung der Ejektionsfraktion kam [75].

Fazit für die Praxis

Die Prävalenz von Vorhofflimmern (VHF) ist bei Patienten mit einer schlafbezogenen Atmungsstörung (SBAS) deutlich höher als bei Menschen ohne SBAS. Die zugrunde liegenden Mechanismen sind akut transiente (intermittierende Hypoxie, sympathovagale Aktivierung, intrathorakale Druck-schwankungen) sowie chronisch arrhythmogene Mechanismen (atriales Remodeling). Verschiedene nichtrandomisierte Studien beobachten eine geringere VHF-Rezidivrate nach einer initiativ erfolgreichen Rhythmuskontrolle durch die Therapie der SBAS bei diesen Patienten. Deshalb wird die klinische Diagnostik und Therapie der obstruktiven Schlafapnoe (OSA) zur Vermeidung von VHF-Rezidiven und Verbesserung der Behandlung des VHF empfohlen. Dennoch besteht zu diesem Thema noch weiterer Forschungsbedarf in randomisierten Studien. Des Weiteren wird in den meisten Studien nicht zwischen OSA und zentraler Schlafapnoe (ZSA) differenziert, daher treffen die genannten Schlussfolgerungen für ZSA nur eingeschränkt zu.

Einhaltung ethischer Richtlinien

Interessenkonflikt

V. Vaas, C. Fisser, M. Tafelmeier, D. Linz2 und M. Arzt geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Für diesen Beitrag wurden von den Autoren keine Studien an Menschen oder Tieren durchgeführt. Für die aufgeführten Studien gelten die jeweils dort angegebenen ethischen Richtlinien.
Open Access Dieser Artikel wird unter der Creative Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz veröffentlicht, welche die Nutzung, Vervielfältigung, Bearbeitung, Verbreitung und Wiedergabe in jeglichem Medium und Format erlaubt, sofern Sie den/die ursprünglichen Autor(en) und die Quelle ordnungsgemäß nennen, einen Link zur Creative Commons Lizenz beifügen und angeben, ob Änderungen vorgenommen wurden.
Die in diesem Artikel enthaltenen Bilder und sonstiges Drittmaterial unterliegen ebenfalls der genannten Creative Commons Lizenz, sofern sich aus der Abbildungslegende nichts anderes ergibt. Sofern das betreffende Material nicht unter der genannten Creative Commons Lizenz steht und die betreffende Handlung nicht nach gesetzlichen Vorschriften erlaubt ist, ist für die oben aufgeführten Weiterverwendungen des Materials die Einwilligung des jeweiligen Rechteinhabers einzuholen.
Weitere Details zur Lizenz entnehmen Sie bitte der Lizenzinformation auf http://​creativecommons.​org/​licenses/​by/​4.​0/​deed.​de.

Unsere Produktempfehlungen

Somnologie

Print-Titel

  • Aktuelles, gesichertes Fachwissen zu Ätiologie, Pathophysiologie, Differentialdiagnostik und Therapie von Schlafstörungen

• Multidisziplinärer Ansatz

e.Med Interdisziplinär

Kombi-Abonnement

Für Ihren Erfolg in Klinik und Praxis - Die beste Hilfe in Ihrem Arbeitsalltag

Mit e.Med Interdisziplinär erhalten Sie Zugang zu allen CME-Fortbildungen und Fachzeitschriften auf SpringerMedizin.de.

© Springer Medizin

Bis 11. April 2024 bestellen und im ersten Jahr 50 % sparen!

e.Dent – Das Online-Abo der Zahnmedizin

Online-Abonnement

Mit e.Dent erhalten Sie Zugang zu allen zahnmedizinischen Fortbildungen und unseren zahnmedizinischen und ausgesuchten medizinischen Zeitschriften.

Jetzt e.Dent zum Sonderpreis bestellen

e.Dent bis 11. April 2024 bestellen und im ersten Jahr 50 % sparen!

Weitere Produktempfehlungen anzeigen
Literatur
17.
Zurück zum Zitat Li L, Wang Z‑W, Li J, Ge X, Guo L‑Z, Wang Y et al (2014) Efficacy of catheter ablation of atrial fibrillation in patients with obstructive sleep apnoea with and without continuous positive airway pressure treatment: a meta-analysis of observational studies. Europace 16:1309–1314. https://doi.org/10.1093/europace/euu066CrossRefPubMed Li L, Wang Z‑W, Li J, Ge X, Guo L‑Z, Wang Y et al (2014) Efficacy of catheter ablation of atrial fibrillation in patients with obstructive sleep apnoea with and without continuous positive airway pressure treatment: a meta-analysis of observational studies. Europace 16:1309–1314. https://​doi.​org/​10.​1093/​europace/​euu066CrossRefPubMed
18.
Zurück zum Zitat Peng Y‑J, Yuan G, Ramakrishnan D, Sharma SD, Bosch-Marce M, Kumar GK et al (2006) Heterozygous HIF-1alpha deficiency impairs carotid body-mediated systemic responses and reactive oxygen species generation in mice exposed to intermittent hypoxia. J Physiol (lond ) 577:705–716. https://doi.org/10.1113/jphysiol.2006.114033CrossRef Peng Y‑J, Yuan G, Ramakrishnan D, Sharma SD, Bosch-Marce M, Kumar GK et al (2006) Heterozygous HIF-1alpha deficiency impairs carotid body-mediated systemic responses and reactive oxygen species generation in mice exposed to intermittent hypoxia. J Physiol (lond ) 577:705–716. https://​doi.​org/​10.​1113/​jphysiol.​2006.​114033CrossRef
23.
Zurück zum Zitat Liu J‑N, Zhang J‑X, Lu G, Qiu Y, Di Yang, Yin G‑Y, Zhang X (2010) The effect of oxidative stress in myocardial cell injury in mice exposed to chronic intermittent hypoxia. Chin Med J 123:74–78PubMed Liu J‑N, Zhang J‑X, Lu G, Qiu Y, Di Yang, Yin G‑Y, Zhang X (2010) The effect of oxidative stress in myocardial cell injury in mice exposed to chronic intermittent hypoxia. Chin Med J 123:74–78PubMed
45.
Zurück zum Zitat Koshino Y, Villarraga HR, Orban M, Bruce CJ, Pressman GS, Leinveber P et al (2010) Changes in left and right ventricular mechanics during the Mueller maneuver in healthy adults: a possible mechanism for abnormal cardiac function in patients with obstructive sleep apnea. Circ Cardiovasc Imaging 3:282–289. https://doi.org/10.1161/CIRCIMAGING.109.901561CrossRefPubMed Koshino Y, Villarraga HR, Orban M, Bruce CJ, Pressman GS, Leinveber P et al (2010) Changes in left and right ventricular mechanics during the Mueller maneuver in healthy adults: a possible mechanism for abnormal cardiac function in patients with obstructive sleep apnea. Circ Cardiovasc Imaging 3:282–289. https://​doi.​org/​10.​1161/​CIRCIMAGING.​109.​901561CrossRefPubMed
53.
Zurück zum Zitat Tsai C‑T, Chiang F‑T, Tseng C‑D, Yu C‑C, Wang Y‑C, Lai L‑P et al (2011) Mechanical stretch of atrial myocyte monolayer decreases sarcoplasmic reticulum calcium adenosine triphosphatase expression and increases susceptibility to repolarization alternans. J Am Coll Cardiol 58:2106–2115. https://doi.org/10.1016/j.jacc.2011.07.039CrossRefPubMed Tsai C‑T, Chiang F‑T, Tseng C‑D, Yu C‑C, Wang Y‑C, Lai L‑P et al (2011) Mechanical stretch of atrial myocyte monolayer decreases sarcoplasmic reticulum calcium adenosine triphosphatase expression and increases susceptibility to repolarization alternans. J Am Coll Cardiol 58:2106–2115. https://​doi.​org/​10.​1016/​j.​jacc.​2011.​07.​039CrossRefPubMed
55.
56.
Zurück zum Zitat Verrier RL, Dickerson LW (1991) Autonomic nervous system and coronary blood flow changes related to emotional activation and sleep. Circulation 83:II-81–II-89 Verrier RL, Dickerson LW (1991) Autonomic nervous system and coronary blood flow changes related to emotional activation and sleep. Circulation 83:II-81–II-89
57.
Zurück zum Zitat Andreas S, Breska B, Schaumann A, Gonska B, Kreuzer H (1995) Obstructive sleep apnoea and signal averaged electrocardiogram. Eur Respir J 8:546–550PubMed Andreas S, Breska B, Schaumann A, Gonska B, Kreuzer H (1995) Obstructive sleep apnoea and signal averaged electrocardiogram. Eur Respir J 8:546–550PubMed
67.
Zurück zum Zitat Walsh JT, Andrews R, Starling R, Cowley AJ, Johnston ID, Kinnear WJ (1995) Effects of captopril and oxygen on sleep apnoea in patients with mild to moderate congestive cardiac failure. Br Heart J 73:237–241CrossRef Walsh JT, Andrews R, Starling R, Cowley AJ, Johnston ID, Kinnear WJ (1995) Effects of captopril and oxygen on sleep apnoea in patients with mild to moderate congestive cardiac failure. Br Heart J 73:237–241CrossRef
68.
73.
Metadaten
Titel
Interaktionen schlafbezogener Atmungsstörungen mit Vorhofflimmern
Pathophysiologie und Klinik
verfasst von
Victoria Vaas
Christoph Fisser
Maria Tafelmeier
Dominik Linz
Michael Arzt
Publikationsdatum
22.10.2020
Verlag
Springer Medizin
Erschienen in
Somnologie / Ausgabe 1/2021
Print ISSN: 1432-9123
Elektronische ISSN: 1439-054X
DOI
https://doi.org/10.1007/s11818-020-00271-8

Weitere Artikel der Ausgabe 1/2021

Somnologie 1/2021 Zur Ausgabe

Passend zum Thema

ANZEIGE

Leitlinien-Update und neue Pocket-Leitlinie vorgestellt von Prof. Möllmann

Die neue Leitlinie zur Behandlung von Herzklappenerkrankungen der European Society of Cardiology (ESC) und der European Association for Cardio-Thoracic Surgery (EACTS) ist ab jetzt als deutschsprachige Pocket-Leitlinien abrufbar. Die wichtigsten Neuerungen des Updates finden Sie hier von Prof. Dr. Helge Möllmann aus Dortmund für Sie zusammengefasst.

ANZEIGE

Expertenrat: Wer profitiert vom Vorhofohr-Verschluss

Der interventionelle Verschluss des linken Vorhofohrs ist eine in den Leitlinien empfohlene Alternative zur oralen Antikoagulation bei Menschen mit Vorhofflimmern. Bei welchen Patientinnen und Patienten Sie konkret an diese Alternative denken sollten – dazu gibt Kardiologe PD Dr. Zisis Dimitriadis alltagstaugliche Tipps.

ANZEIGE

Abbott Structural Heart

Content Hub

Wir helfen Menschen mit Strukturellen Herzerkrankungen ihre Lebensqualität zu verbessern. Entdecken Sie unser einzigartiges Produktportfolio für ihre Patienten.

Abbott Medical GmbH

Passend zum Thema

ANZEIGE

Schlafapnoe – Einfach erkennen. Individuell behandeln.

Content Hub

Schlafapnoe verhindert gesunden Schlaf und trägt zur Entstehung bzw. Manifestierung von Komorbiditäten wie Bluthochdruck, Vorhofflimmern und Schlaganfällen bei. Einfache Diagnostiktools helfen, frühzeitig das Risiko zu minimieren und individuelle Therapieansätzen umzusetzen.

ResMed Germany Inc.
ANZEIGE

Der Patient* im Fokus – Patient Empowerment als neuer Ansatz?

Das deutsche Gesundheitssystem steht aktuell vor großen Herausforderungen. Innovative Technologien und Handlungsansätze kollidieren mit fest etablierten Meinungen und Strukturen, der Ruf nach Veränderung wird laut. Auch die Patienten bleiben von dieser Entwicklung nicht unberührt.

ANZEIGE

COMISA - Die komorbide Insomnie bei Schlafapnoe

Insomnie und obstruktive Schlafapnoe (OSA) treten häufiger zusammen auf, als man es basierend auf der jeweiligen Prävalenz in der Bevölkerung vermuten würde [1, 2, 3]. In der Fachliteratur nennt sich diese Komorbidität COMISA – comorbid insomnia and sleep apnea.