Apixaban: günstiges Nutzen-Risikoprofil bei Älteren

Ältere Patient*innen (≥ 75 Jahre) mit nicht-valvulärem Vorhofflimmern (VHFa) haben ein erhöhtes Risiko sowohl für thromboembolische Ereignisse als auch für Blutungen [1]. Eine Analyse aus den vier großen Zulassungsstudien der Nicht-Vitamin-K-abhängigen oralen Antikoagulanzien (NOAKs) zeigte für Apixaban bei VHFa-Patient*innen ≥75 Jahren von allen vier untersuchten NOAKs den größten klinischen Nettonutzen im Vergleich zum Vitamin-K-Antagonisten (VKA) Warfarin [2]. Die Raten schwerer gastrointestinaler (GI-) Blutungen waren unter Warfarin und Apixaban bei VHFa-Patient*innen ≥75 Jahre vergleichbar. Die orale Antikoagulation bei älteren Patient*innen mit VHFa kann eine Herausforderung sein. Ein typisches Beispiel: Bei einer 79-jährigen Frau bestehen VHFa, Herzinsuffizienz und Hypertonie, außerdem eine moderat eingeschränkte Nierenfunktion wie sie bei Älteren häufig vorkommt. Gemäß der Leitlinie der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie (ESC) zur „Diagnose und Behandlung von Vorhofflimmern“ besteht allein aufgrund des Alters der Patientin von ≥75 Jahren die Indikation für eine orale Antikoagulation zur Schlaganfallprophylaxe [1]. Alter, eingeschränkte Nierenfunktion und Bluthochdruck sowie die aufgrund der Begleiterkrankungen nötigen Komedikationen erhöhen jedoch das Blutungsrisiko [1]. Dieses Beispiel unterstreicht, dass die Nutzen-Risiko-Bewertung der oralen Antikoagulation zur Schlaganfallprophylaxe bei älteren VHFa-Patient*innen von besonderer klinischer Relevanz ist. NOAKs verhindern Schlaganfälle oder systemische Embolien wirksamer als VKA bei vergleichbarem Risiko für schwere Blutungen, wie eine Metaanalyse der zulassungsrelevanten Studien (n=58.541) zeigte [3–7]. Aber gilt dies auch für Patient*innen ≥75 Jahre? NOAKs: direkter Vergleich nicht möglich Eine aktuelle Analyse hat nun gezielt die Wirksamkeit und Sicherheit der vier NOAKs bei Patient*innen ≥75 Jahre mit VHFa anhand der Daten aus den NOAK-Zulassungsstudien (ARISTOTLE [4], RE-LY [5], ROCKET-AF [6], ENGAGE-AF [7]) zur Schlaganfallprophylaxe bei VHFa analysiert [2]. Die vier in die Analyse eingeschlossenen Studien unterscheiden sich in den Studiendesigns, den Studienpopulationen und den Definitionen für schwere Blutungen. Daher sind direkte Vergleich zwischen den NOAKs nicht möglich. Die Daten können aber einen Eindruck zur klinischen Nettonutzenabschätzung der einzelnen NOAKs gegenüber Warfarin geben [2]. Für den Vergleich von Apixaban (ELIQUIS®) versus Warfarin zeigte sich bei Patient*innen mit VHFa im Alter ≥75 Jahren bezüglich der primären Wirksamkeits- und Sicherheitsendpunkte ein zur Gesamtpopulation der ARISTOTLE-Studie konsistentes Bild [2, 4]: Es traten unter Apixaban im Vergleich zu Warfarin sowohl weniger Schlaganfälle/systemische Embolien (SE) (Hazard Ratio [HR] 0,71; 95%-Konfidenzintervall [KI] 0,53–0,95) als auch weniger schwere Blutungenb auf (HR 0,64; 95%-KI 0,52–0,79) (Abb. 1) [2]. Rivaroxaban war bei Patient*innen ≥75 Jahren wie auch in der Gesamtpopulation der Zulassungsstudie bezüglich der Prophylaxe von Schlaganfällen/SE mindestens vergleichbar mit Warfarin (HR 0,80; 95%-KI 0,63–1,02). Auch die Raten für schwere Blutungenc waren für Warfarin und Rivaroxaban vergleichbar (HR 1,11; 95%-KI 0,92–1,34) [2, 6]. Die Daten für Edoxaban bei den ≥75 Jahre alten VHFa-Patient*innen waren ebenfalls konsistent mit den Ergebnissen aus der Gesamt-Studienpopulation und mit mindestens vergleichbaren Raten für Schlaganfälle/SE wie Warfarin assoziiert (Edoxaban HR 0,83; 95%-KI 0,67–1,04), bei einem niedrigeren Risiko für schwere Blutungenb (HR 0,83; 95%-KI 0,70–0,99) [2, 7]. Dabigatran zeigte bei der Analyse von Schäfer et al. in der Dosierung 110mg 2 x täglich vergleichbare Raten an Schlaganfällen/SE (Relative Risikoreduktion [RR] 0,88; 95%-KI 0,66–1,17) und vergleichbare Raten für schwere Blutungend wie Warfarin (RR 1,01; 95%-KI 0,83–1,23). In der Dosierung 150mg 2 x täglich war Dabigatran mit weniger Schlaganfällen/SE (RR 0,67; 95%-KI 0,49–0,90), aber tendenziell vermehrten schweren Blutungend assoziiert (RR 1,18; 95%-KI 0,98–1,42) [2, 5]. Die Ergebnisse waren für Patient*innen ≥75 Jahren also nur bezüglich des primären Wirksamkeitsendpunktes Schlaganfällen/SE konsistent zur Gesamtpopulation (Abb. 1) [2, 5]. Abb. 1 Wirksamkeit und Sicherheit der NOAKs versus VKA bei VHFa-Patient*innen ≥75 Jahre (basierend auf den Zulassungsstudien) (modifiziert nach [2]) Springer Medizin Verlag GmbH × Apixaban vs. Warfarin: weniger GI-Blutungen GI-Blutungen gehören neben den intrakraniellen Blutungen zu den gefürchtetsten Blutungen unter einer Antikoagulation: Die 1-Jahres-Mortalität ist um den Faktor 7 höher als bei mit einem NOAK behandelten Patient*innen ohne GI-Blutungen [8]. Wie auch in der Gesamtpopulation der ARISTOTLE-Studie zeigten sich bei der Analyse der Patient*innen ≥75 Jahre für Apixaban vergleichbare Raten für schwere GI-Blutungen wie unter Warfarin (HR 0,99; 95%-KI 0,69–1,42) (Abb. 1) [2]. Bei der Auswertung der anderen NOAKs schienen schwere GI-Blutungen im Vergleich zu Warfarin tendenziell häufiger aufzutreten (Rivaroxaban: HR 1,69; 95%-KI 1,19–2,39; Dabigatran 110mg 2 x tgl.: Risk Ratio [RR] 1,39; 95%-KI 1,03–1,98; Dabigatran 150mg 2 x tgl.: RR 1,79, 95%-KI 1,35–2,37; Edoxaban HR 1,32; 95%-KI 1,01–1,72) [2]. Apixaban: hoher klinischer Nettonutzen Im Praxisalltag ist bei VHFa die effektive Verhinderung von Schlaganfällen bei gleichzeitiger Minimierung des Blutungsrisikos eine Gratwanderung. Um diesbezüglich den Nutzen einer Behandlung für Patient*innen zu bewerten, berechneten Schäfer et al. in ihrer aktuellen Analyse den klinischen Nettonutzen [2]. Dieser war definiert als die jährliche Rate verhinderter thromboembolischer Ereignisse abzüglich der jährlichen Rate verursachter schwerer Blutungen (intrakranielle Blutungen plus andere schwere Blutungen), wobei intrakranielle Blutungen mit einem Gewichtungsfaktor multipliziert wurden [2]. Der Gewichtungsfaktor berücksichtigte den relativen Einfluss, bezogen auf Tod und Behinderung, einer intrakraniellen Blutung unter oraler Antikoagulation gegenüber dem Auftreten eines ischämischen Schlaganfalls ohne Antikoagulation [2]. Die Ergebnisse legen nahe, dass auch bei älteren Patient*innen (≥75 Jahre) unter der Behandlung mit NOAKs die Verhinderung von Schlaganfällen nicht durch mehr schwere Blutungsereignisse erkauft wird [2]. In dieser Analyse war Apixaban mit dem größten klinischen Nettonutzen im Vergleich zum VKA Warfarin assoziiert, gefolgt von Edoxaban (Abb. 2) [2]. Abb. 2 Klinischer Nutzen der einzelnen NOAKs versus VKA bei VHFa-Patient*innen ≥75 Jahre (mod. nach [2]) Springer Medizin Verlag GmbH × anicht valvuläres Vorhofflimmern bnach den Kriterien der International Society on Thrombosis and Haemostasis (ISTH): tödliche Blutung, Blutung in einem kritischen Bereich oder Organ (intrakranielle, intraspinale, intraokuläre, retroperitoneale, intraartikuläre, oder Perikardblutung oder intramuskuläre Blutung mit Kompartmentsyndrom), Blutung mit einem Hämoglobinabfall ≥2g/dl, Transfusionsbedarf von ≥2 Einheiten Erythrozytenkonzentrat/Vollblut) cdefiniert als klinisch manifeste Blutung assoziiert mit tödlichem Ausgang, Beteiligung eines kritischen anatomischen Bereichs (intrakraniell, spinal, okular, perikardial, artikulär, retroperitoneal oder intramuskulär mit Kompartmentsyndrom), Hämoglobinabfall ≥2g/dl, Transfusion mit ≥2 Einheiten Vollblut/ Erythrozytenkonzentrat oder permanente Behinderung ddefiniert als Reduktion des Hämoglobin-Levels um ≥2g/dl, Transfusion von ≥2 Einheiten Blut oder unter Erfordernis von inotropen Substanzen, symptomatische Blutungen in kritischem Bereich oder Organ eRelatives Risiko in RE-LY Eliquis 2,5mg Filmtabletten. Eliquis 5mg Filmtabletten. Wirkstoff: Apixaban. Zusammensetzung: Wirkstoff: 2,5mg bzw. 5mg Apixaban. Sonst. Bestandteile: Lactose, Mikrokristalline Cellulose, Croscarmellose-Natrium, Natriumdodecylsulfat, Magnesiumstearat, Lactose-Monohydrat, Hypromellose, Titandioxid, Triacetin, Eliquis 2,5mg zusätzlich: Eisen(III)-hydroxid-oxid x H2O; Eliquis 5mg zusätzlich: Eisen(III)-oxid. Anwendungsgebiete: Prophylaxe v. Schlaganfällen u. systemischen Embolien bei erw. Pat. mit nicht-valvulärem Vorhofflimmern u. einem o. mehreren Risikofaktoren, wie Schlaganfall o. TIA in der Anamnese, Alter ≥75 Jahren, Hypertonie, Diabetes mellitus, symptomatische Herzinsuffizienz (NYHA Klasse ≥II). Behandlung v. tiefen Venenthrombosen (TVT) u. Lungenembolien (LE) sowie Prophylaxe v. rezidivierenden TVT und LE bei Erw. Eliquis 2,5mg zusätzlich: Prophylaxe venöser Thromboembolien bei erw. Pat. nach elektiven Hüft- o. Kniegelenksersatzoperationen. Gegenanzeigen: Überempfindlichkeit gg. den Wirkstoff o.e.d. sonst. Bestandteile; akute klinisch relevante Blutung; Lebererkrankungen, die mit einer Koagulopathie u. einem klinisch relevanten Blutungsrisiko verbunden sind. Läsionen o. klinische Situationen, falls sie als signifikanter Risikofaktor für eine schwere Blutung angesehen werden (z.B. akute o. kürzl. aufgetretene gastrointestinale Ulzerationen, maligne Neoplasien m. hohem Blutungsrisiko, kürzl. aufgetretene Hirn- o. Rückenmarksverletzungen, kürzl. erfolgte chirurgische Eingriffe an Gehirn, Rückenmark o. Augen, kürzl. aufgetretene intrakranielle Blutungen, bekannte o. vermutete Ösophagusvarizen, arteriovenöse Fehlbildungen, vaskuläre Aneurysmen o. größere intraspinale o. intrazerebrale vaskuläre Anomalien). Gleichzeitige Anwendung anderer Antikoagulanzien z.B. UFH, niedermol. Heparine, Heparinderivate, orale Antikoagulanzien außer bei Umstellung der Antikoagulation oder mit UFH in Dosen um die Durchgängigkeit e. zentralvenösen o. arteriellen Katheters zu erhalten oder während einer Katheterablation. Nebenwirkungen: Häufig: Anämie, Thrombozytopenie; Blutungen am Auge (einschließlich Bindehautblutung); Blutungen, Hämatome, Hypotonie (einschließlich Blutdruckabfall während des Eingriffs); Epistaxis; Übelkeit, Gastrointestinale Blutung, Blutung im Mundraum, Rektalblutung, Zahnfleischblutung; erhöhte Gamma-Glutamyltransferase, erhöhte Alanin-Aminotransferase; Hautausschlag; Hämaturie; Abnormale vaginale Blutung, urogenitale Blutung; Kontusion. Gelegentlich: Überempfindlichkeitsreaktionen, allergisches Ödem, anaphylaktische Reaktion, Pruritus; Gehirnblutung; Intraabdominalblutung; Hämoptyse; Hämorrhoidalblutung, Hämatochezie; abnormale Leberfunktionstests, erhöhte Aspartat-Aminotransferase, erhöhte Blutwerte für alkalische Phosphatase, erhöhte Blutwerte für Bilirubin; Alopezie, Muskelblutung; Blutung an der Applikationsstelle; Okkultes Blut positiv; Postoperative Blutung (einschließlich postoperatives Hämatom, Wundblutung, Hämatom an Gefäßpunktionsstelle und Blutung an der Kathetereinstichstelle), Wundsekretion, Blutungen an der Inzisionsstelle (einschließlich Hämatom an der Inzisionsstelle), intraoperative Blutung, Traumatische Blutung. Selten: Blutung der Atemwege; Retroperitoneale Blutung. Sehr selten: Erythema multiforme. Nicht bekannt: Angioödem, kutane Vaskulitis. Weitere Hinweise: siehe Fachinformation. Verschreibungspflichtig. Pharmazeutischer Unternehmer: Bristol-Myers Squibb/Pfizer EEIG, Plaza 254 - Blanchardstown Corporate Park 2 - Dublin 15, D15 T867, Irland. v14 Literatur Hindricks G et al., Eur Heart J 2021, 42: 373–498 Schäfer A et al., Cardiovasc Drugs Ther 2020, 34: 555–568 Ruff CT et al., Lancet 2014, 383: 955–623–7 Granger CB et al., N Engl J Med 2011; 365: 981–992 Connolly SJ et al., N Engl J Med 2009, 361:1139–1151 Patel MR et al., N Engl J Med 2011, 365: 883–916 Giugliano RP et al., N Engl J Med 2013, 369: 2093–2104 Verso M et al., Thromb Res 2021, 208: 138–144 Impressum „Nicht-valvuläres Vorhofflimmern: Nicht Vitamin-K-abhängige orale Antikoagulanzien – Apixaban: günstiges Nutzen-Risikoprofil bei Älteren“ Literaturarbeit Bericht: Dr. Kirsten Westphal, Heimstetten Artikel gedruckt in: Die Kardiologie, Heft 5, 21. September 2022 Mit freundlicher Unterstützung der Pfizer Pharma GmbH, Berlin Corporate Publishing (verantwortl. i. S. v. § 55 Abs. 2 RStV): Ulrike Hafner, Tiergartenstraße 17, 69121 Heidelberg Redaktion: Teresa Windelen Springer Medizin Verlag GmbH Heidelberger Platz 3 14197 Berlin Tel: 0800 7780 777 (kostenfrei) | +49 (0) 30 827 875 566 Fax: +49 (0) 30 827 875 570 E-Mail: kundenservice@springermedizin.de Die Springer Medizin Verlag GmbH ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Nature Geschäftsführung: Fabian Kaufmann, Dr. Cécile Mack, Dr. Hendrik Pugge Handelsregister Amtsgericht Berlin-Charlottenburg HRB 167094 B Umsatzsteueridentifikationsnummer: DE 230026696 © Springer Medizin Verlag GmbH Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürfen. Für Angaben über Dosierungsanweisungen und Applikationsformen kann vom Verlag keine Gewähr übernommen werden. Derartige Angaben müssen vom jeweiligen Anwender im Einzelfall anhand anderer Literaturstellen auf ihre Richtigkeit überprüft werden. PDF-Download: Nicht-valvuläres Vorhofflimmern: Nicht-Vitamin-K-abhängige orale Antikoagulanzien - Apixaban: günstiges Nutzen-Risikoprofil bei Älteren

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