Wechselwirkungen im Rahmen der mCRPC-Therapie

Prof. Dr. Hans-Peter Lipp, Tübingen, berichtet darüber, was es bei der Behandlung von Patienten mit metastasiertem kastrationsresistentem Prostatakarzinom (mCRPC) im Hinblick auf potenzielle Wechselwirkungen insbesondere von Enzalutamid und Abirateron mit anderen Medikamenten zu berücksichtigen gilt. Prof. Dr. Hans-Peter Lipp, Tübingen × Ältere Patienten erhalten oft eine Vielzahl an Medikamenten. Dies gilt auch für Männer mit mCRPC. Daher sollten bei der Wahl der Wirkstoffe in der mCRPC-Therapie die Komedikation und potenzielle Wechselwirkungen berücksichtigt werden. Neben der Herausforderung, solche Verordnungspläne regelmäßig auf vorhandene potenziell unangemessene Medikamente (PIM) prüfen zu müssen, stellt sich die Frage, inwieweit die Tumortherapie auf die klinische Pharmakokinetik entsprechender Medikamente Einfluss nehmen kann – insbesondere wenn man weiß, dass die eingesetzten antineoplastisch wirksamen Arzneimittel potenziell enzyminduzierende oder -inhibierende Eigenschaften haben. Bei Senioren mit einer Krebserkrankung sind durchschnittlich fast zehn Medikamente auf dem Verordnungsplan zu finden [1]. Auch Männer mit fortgeschrittenem Prostatakarzinom erhalten häufig mehrere Medikamente. So zeigen die Ergebnisse einer Auswertung der IMS®-Longitudinal-Rx (LRx)-Datenbank, die 60% aller Verschreibungen in Deutschland abdeckt, dass viele Patienten unter kompletter Androgenblockade (CAB) mindestens ein weiteres Medikament erhalten [2]. Bei der CAB handelt es sich um eine Methode zur Behandlung von Patienten mit metastasiertem kastrationssensitivem Prostatakarzinom mittels einer Kombination aus einem LHRH (luteinisierendes Hormon Releasing-Hormon)-Agonisten/-Antagonisten und einem Antiandrogen. Zu den fünf häufigsten Präparaten, die parallel zur CAB verschrieben werden, gehören der Protonenpumpeninhibitor Pantoprazol (18%), der Lipidsenker Simvastatin (18%), der ACE (Angiotensin Converting Enzyme)-Hemmer Ramipril (16%), das Diuretikum Torasemid (15%) und der selektive α1-Adrenozeptorblocker Tamsulosin (15%) [2]. Neben der Herausforderung, solche Verordnungspläne regelmäßig auf potenziell unangemessene Medikamente prüfen zu müssen, stellt sich die Frage, inwieweit die Tumortherapie auf die klinische Pharmakokinetik entsprechender Medikamente Einfluss nehmen kann. Die sich an die CAB oft anschließende mCRPC-Therapie wird heute in der Regel mit Abirateron oder Enzalutamid begonnen. Enzalutamid Auch Männer mit fortgeschrittenem Prostatakarzinom erhalten häufig mehrere Medikamente Foto: tashatuvango / Fotolia × Der Androgenrezeptorsignalweg-Inhibitor Enzalutamid ist laut Fachinformation als starker Induktor von Cytochrom P450 (Cyp) 3A4 und als moderater Induktor der Isoenzyme Cyp2C9 und Cyp2C19 klassifiziert. Daher sind bei Arzneimitteln, deren metabolische Clearance über diese Isoenzyme erfolgt, mögliche Wirkungsabschwächungen zu erwarten. Die Exposition des Cyp3A4-Modellsubstrates Midazolam (Dosis: 2 mg) wurde in Verbindung mit Enzalutamid um 86% reduziert, die des Cyp2C9-Substrates S-Warfarin um 56% und die des Cyp2C19-Substrates Omeprazol um 70% [3]. Von den genannten fünf häufigsten CAB-Komedikationen sind Pantoprazol (Cyp2C19>Cyp3A4), Simvastatin (Cyp3A4), Torasemid (Cyp2C9) und Tamsulosin (Cyp3A4) Substrate, die über entsprechende Cyp-Isoenzyme verstoffwechselt werden: Eine Wirkungsabschwächung kann hier also nicht ausgeschlossen werden. Darüber hinaus bringt Enzalutamid aufgrund seiner langen Eliminationshalbwertzeit eine vergleichsweise lang anhaltende Enzyminduktion mit sich. Da wahrscheinlich mindestens 50% aller Arzneimittel unter Beteiligung von Cyp3A4 abgebaut werden [4], sind das Spektrum und das Ausmaß möglicher Wechselwirkungen schwer vorauszusehen. Dementsprechend raten die Autoren einer aktuellen Übersichtsarbeit dazu, die Gabe von Cyp2C9-, Cyp2C19- und Cyp3A4-Substraten mit geringer therapeutischer Breite (z.B. Ciclosporin, Fentanyl oder Tacrolimus) in Verbindung mit Enzalutamid zu vermeiden [5]. Zudem sollten Patienten, die entsprechende Cyp-Substrate mit größerer therapeutischer Breite einnehmen, auf mögliche Wirkungsveränderungen der Komedikation sensibilisiert werden, um Dosisanpassungen oder einen Wechsel der Komedikation vornehmen zu können. Abirateron Die Tumortherapie kann auf die klinische Pharmakokinetik von Medikamenten, die mCRPC-Patienten zeitgleich erhalten, Einfluss nehmen Foto: iQoncept / Fotolia × Abirateron, der aktive Metabolit des Androgenbiosynthese-Inhibitors Abirateronacetat, scheint im Gegensatz zu Enzalutamid weder Cyp2C9-, Cyp2C19- oder Cyp3A4-inhibierende noch -induzierende Effekte aufzuweisen, sodass eine über diese Enzyme verstoffwechselte Komedikation klinisch-pharmakokinetisch weitgehend unbeeinflusst bleibt. Allerdings sind potente Cyp2D6-inhibierende Eigenschaften bekannt, die beim Cyp2D6-Modellsubstrat Dextromethorphan zu einer zweifachen Expositionssteigerung führen können [6]. Zu den bekanntesten Cyp2D6-Substraten zählen einige ausgewählte Opioide (z.B. Codein, Tramadol, Oxycodon), trizyklische Antidepressiva und Neuroleptika, die jedoch nicht zu den fünf häufigsten Präparaten gehören, die parallel zur CAB verschrieben werden. Der β-Adrenozeptorblocker Metoprolol wird als einziges Cyp2D6-Substrat häufig als CAB-Komedikation verschrieben (in 13% der Fälle) [2]. Bei einer parallelen Gabe von Metoprolol und Abirateronacetat wäre somit eine engmaschigere Blutdruckkontrolle indiziert sowie gegebenenfalls eine Reduzierung der Dosis in Betracht zu ziehen. Gerade bei älteren Patienten mit einem mCRPC sind Interaktionen von Medikamenten nicht zu unterschätzen. Sie müssen bei der Verordnung einer Therapie berücksichtigt und die Substanzen aufeinander abgestimmt werden. Weitere Informationen zu Arzneimittelwechselwirkungen finden sich unter http://www.drugs.com/drug-interactions.html. Literatur 1. Nightingale G et al., J Clin Oncol 2015, 33:1453–1459 2. IMS® LRx Co-Medication MAB, Data 02/2015, IMS Health, London, United Kingdom, Data on File 3. Fachinformation Xtandi, Stand: Juni 2015 4. Schwab M et al., Dtsch Arztebl 2002, 99:A497–A504 5. Gibbons JA et al., Clin Pharmacokinet 2015, Epub ahead of print, doi: 10.1007/s40262-015-0283-1 6. Chi KN et al., Cancer Chemother Pharmacol 2013, 71:237–244 Dieses Arzneimittel unterliegt einer zusätzlichen Überwachung. Daher ist es wichtig, jeden Verdacht auf Nebenwirkungen in Verbindung mit diesem Arzneimittel zu melden. ZYTIGA® 250 mg Tabletten. Wirkstoff:Abirateronacetat.Zusammensetz.: Jede Tabl. enth. 250 mg Abirateronacetat. Sonst. Bestandt.: Mikrokristalline Cellulose, Croscarmellose-Natrium, Lactose-Monohydrat, Magnesiumstearat, Povidon (K29/K32), hochdisperses Siliciumdioxid, Natriumdodecylsulfat. Anw.geb.: Zusammen m. Prednison od. Prednisolon; z. Bhdlg. d. metastasierten kastrationsresistenten Prostatakarzinoms b. erwachs. Männern m. asympt. od. mild sympt. Verlauf d. Erkr. nach Versagen d. Androgenentzugsther., b. denen e. Chemother. noch nicht klin. indiz. ist sowie z. Bhdlg. d. metastasierten kastrationsresistenten Prostatakarzinoms b. erwachs. Männern, deren Erkr. währ. od. nach e. Docetaxel-halt. Chemother. progredient ist.Gegenanz.: Überempfindl. gg. Abirateronacetat od. einen d. sonst. Bestandt.; Leberschäden, schwere Leberfunkt.störg. (Child-Pugh-Klasse C); nicht z. Anw. b. Frauen sowie b. Kindern u. Jugendl.Nebenwirk.:Sehr häufig: Harnwegsinfekt., Hypokaliämie, Hypertonie, Diarrhö, periph. Ödeme;häufig: Sepsis, Hypertriglyceridämie, Herzinsuff. (auch kongest. Herzinsuff., linksventrik. Dysfunkt. u. vermind. Ejektionsfraktion), Angina pect., Arrhythmie, Vorhofflimmern, Tachykardie, Dyspepsie, erhöhte Alaninaminotransferase, erhöhte Aspartataminotransferase, Hautausschlag, Hämaturie, Frakturen (alle m. Ausn. d. patholog. Frakturen);gelegentlich: Nebenniereninsuff., Myopathie, Rhabdomyolyse;selten:allerg. Alveolitis;nicht bekannt: Myokardinfarkt.Warnhinw.: Frauen, die schwanger sind od. sein könnten, sollen ZYTIGA® nicht ohne Handschuhe handhaben; b. Geschlechtsverkehr m. einer Schwangeren ist ein Kondom erforderl.; b. Geschlechtsverkehr m. einer Frau im gebärfähigen Alter ist ein Kondom u. gleichz. eine and. zuverlässige Verhütungsmethode erforderl.; bes. Vors. b. Pat. m. hohem Blutdruck, Herzschwäche, niedrigem Blutkaliumspiegel, and. Herzprobl. od. Probl. m. Blutgefäßen i. d. Anamnese, b. Pat. m. hohem Blutzucker, b. Pat. m. mäßiger Leberfunkt.störg., b. Pat. m. schwerer Nierenfunkt.störg., beim Absetzen v. Prednison od. Prednisolon; ZYTIGA® darf nicht zusammen m. Nahrungsmitteln eingenommen werden (mind. 2 Std. vor Einn. d. Tabl. u. mind. 1 Std. nach Einn. d. Tabl. soll keine Nahrungsaufnahme erfolgen); ZYTIGA® in Kombin. m. Prednison od. Prednisolon kann d. Vermind. d. Knochendichte verstärken; b. Pat., d. zuvor wg. e. Prostatakarzinoms m. Ketoconazol bhdlt. wurde, könnten gering. Response-Raten auftreten. ZYTIGA® kann zu e. Abnahme d. roten Blutzellen u. einer Vermind. d. Geschlechtstriebs führen. Vors. b. Pat., d. gleichz. m. Arzneim. bhdlt. werden, die m. d. Entstehung v. Myopathie/Rhabdomyolyse assoziiert sind. Vors. b. gleichz. Anw. v. Arzneim., d. durch CYP2D6 od. CYP2C8 aktiviert od. metabolisiert werden; starke CYP3A4 Induktoren sollen währ. d. Bhdlg. m. ZYTIGA® vermieden werden, es sei denn, es gibt keine therapeut. Alternative; siehe im Übrigen ausführl. Warn- u. Wechselwirkungshinw. gem. Fachinfo.Verschreibungspflichtig. Pharmazeut. Unternehmer: Janssen-Cilag International NV, B-2340 Beerse, Belgien.Stand d. Inform.: 07/2014 Impressum UROSPEKTRUM | 1 | 2015 Herausgeber: Janssen-Cilag GmbH, Neuss Verlag: Springer Medizin, Springer-Verlag GmbH, Tiergartenstraße 17, 69121 Heidelberg Springer ist Teil von Springer Science + Business Media. Corporate Publishing Heidelberg: Ulrike Hafner (Leitung), Dr. Michael Brysch (verantwortlich) © Springer-Verlag 2015 Gestaltung & DTP: buske-grafik, Heidelberg Druck: Druckpress GmbH, Leimen Titelbild: Janssen-Cilag GmbH Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in dieser Zeitschrift berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutzgesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürfen. Für Angaben über Dosierungsanweisungen und Applikationsformen kann vom Verlag keine Gewähr übernommen werden. Derartige Angaben müssen vom jeweiligen Anwender im Einzelfall anhand anderer Literaturstellen auf ihre Richtigkeit überprüft werden. PDF: "UROSPEKTRUM, Ausgabe 1/2015" , 4.442 kB

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