Erschienen in:
16.09.2015 | Panorama
Thrombose- und Embolie-Prophylaxe
Wenn Antikoagulantia nicht wirken
verfasst von:
Martin Roos
Erschienen in:
Im Fokus Onkologie
|
Ausgabe 9/2015
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Auszug
_ Bislang war unklar, wie Gerinnungsaktivität und Tumorprogression zusammenhängen. Wissenschaftler der Medizinischen Fakultät Mannheim der Universität Heidelberg haben nun Anhaltspunkte für folgende Hypothese zur Tumormetastasierung gefunden: Tumorzellen nutzen das Gerinnungssystem quasi als Anker, um am Endothel der Gefäßinnenwand anzudocken und ins Gewebe einzuwandern. Mithilfe von Zellkulturen wiesen Stefan Werner Schneider und Kollegen nach, dass Melanomzellen humane Endothelzellen aktivieren, worauf diese die Gerinnung initiieren [Bauer AT et al. Blood. 2015;125(20):3153-63]. In vitro wie auch im Melanom-Mausmodell beobachteten sie binnen Sekunden nach Tumorzellaktivierung des Endothels sogenannte Mikrothromben. Diese finden sich auch in Metastasen von Melanompatienten. Als Hauptmediator der tumorvermittelten Endothelzellaktivierung sehen die Mannheimer Forscher VEGF-A („vascular endothelial growth factor A“). Die Forschungsarbeit gibt auch Aufschluss darüber, warum Marcumar® oder Warfarin® bei der Mehrzahl der Tumorpatienten mit Thrombose oder Lungenembolie nicht ausreichend anschlägt: Die tumoraktivierten Mikrothromben bestehen aus dem von-Willebrand-Faktor und Blutplättchen. Sie unterscheiden sich daher von herkömmlichen Fibringerinnseln, weshalb sich Vitamin-K-Antagonisten nahezu wirkungslos zeigen. In einer Mitteilung empfiehlt die Universitätsmedizin Mannheim daher, Tumorpatienten zur Prophylaxe und Therapie von Thrombosen und Embolien mindestens 6 Monate mit einem niedermolekularen Heparin zu behandeln. Das wirke auch Mikrothrombosen entgegen. …