Erschienen in:
16.05.2017 | Übersichten
Götterwelten in der Heilkunde
verfasst von:
A. Karenberg
Erschienen in:
Zeitschrift für Rheumatologie
|
Ausgabe 7/2017
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Zusammenfassung
Hintergrund
Einzelne Bezeichnungen für Symptome, Krankheiten, Arzneimittel und Körperstrukturen entstammen der klassischen Mythologie. Diese speziellen Eigennamenbenennungen („Mythonyme“) sind bislang kaum systematisch untersucht worden.
Fragestellung
Der Beitrag gibt einen Überblick zu dieser Randgruppe des Wortschatzes, analysiert die medizinische Karriere einzelner Begriffe und formuliert Hypothesen, warum solche kreativen Etymologien entstanden.
Material und Methode
Neben relevanten Texten zur antiken Mythologie wurden zahlreiche Lehrbücher der Frühen Neuzeit ausgewertet.
Ergebnisse
Zwischen dem 16. und 20. Jahrhundert wanderten ca. 30 Figuren vorrangig aus der griechisch-römischen Literatur in die Terminologie der Medizin ein. Solche Ausdrücke sind bis heute im klinischen Sprachgebrauch (z. B. Caput medusae, Proteus, Ödipuskomplex), in der offiziellen anatomischen Nomenklatur (Atlas, Achillessehne) bzw. im pharmazeutischen Technolekt (Atropin, Morphium) anzutreffen. Oft lassen sich Formähnlichkeiten oder Funktionsanalogien zwischen einer Sagenfigur und einer anatomischen Struktur bzw. Krankheit als entscheidendes Kriterium für die Wahl einer Benennung identifizieren. Ferner setzten sich die klassischen Eponyme aufgrund ihrer Kürze, Prägnanz und des „gelehrten Anstrichs“ durch. Schließlich war die Herkunft aus demselben Kulturkreis wie der restliche Wortschatz der Medizin von Bedeutung.
Schlussfolgerungen
Im medizinischen Unterricht können mythologische Bezeichnungen als Ausgangspunkt für Exkurse in die Literatur‑, Kunst- und Medizingeschichte dienen, um Studierenden kulturelle Traditionen und allgemeine Bildung näherzubringen.