Skip to main content

22.03.2018 | Medizinstudium | Nachrichten

Hessen

Wie und wo wollen junge Mediziner arbeiten?

verfasst von: Christoph Barkewitz

print
DRUCKEN
insite
SUCHEN

Die Landesärztekammer Hessen befragt die Absolventen des Bundeslandes regelmäßig über ihre Motivation, ein Medizinstudium aufzunehmen, ihre Ziele und die Wünsche an Arbeitsplatz und Arbeitgeber.

Bei der Versorgung des ländlichen Raums mit Hausärzten sollten die Verantwortlichen in Politik und ärztlicher Selbstverwaltung wohl auf die Frauen setzen. Darauf lässt eine Befragung unter Medizinstudenten schließen, die die Landesärztekammer Hessen (LÄKH) jüngst auf der "Versorgungskonferenz Ländlicher Raum" bei der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen in Frankfurt präsentiert hat.

Demnach

» schließen in dem Bundesland mehr Frauen als Männer das Medizinstudium ab,

» wollen mehr Frauen eher im ambulanten Bereich tätig werden (Männer eher im stationären),

» können sich Frauen mit einem wachsenden Anteil vorstellen, hausärztlich angestellt zu sein.

Der letztgenannte Aspekt zeigt auch einen Knackpunkt auf: "Alleine eine Praxis übernehmen, möchten die jungen Kollegen immer weniger", sagt Nina Walter, stellvertretende Ärztliche Geschäftsführerin der Kammer. Für Frauen gilt dies laut Walters Zahlen insbesondere. Von den 39,3 Prozent der befragten Frauen, die eine ambulante Tätigkeit bevorzugen, möchten 4,1 Prozent hausärztlich angestellt sein (Männer 0,9) und 9,6 Prozent fachärztlich (Männer 3,6).

Einhaltung der Arbeitszeit

Neben der Scheu vor dem unternehmerischen Risiko einer Praxis, dürfte dies auch dem Wunsch nach Vereinbarkeit von Beruf und Familie entsprechen – was auch die ebenfalls abgefragten Kriterien für die Wahl eines späteren Arbeitgebers vermuten lassen. So legen 43,1 Prozent der weiblichen Befragten Wert auf eine Einhaltung der Arbeitszeiten (Männer 38,1), 29,2 Prozent ist Wohnortnähe wichtig (Männer 25,6), 16 Prozent wünschen sich die Möglichkeit einer Teilzeittätigkeit (Männer 4,1). Kriterien wie "gute Bezahlung" (Männer 36 Prozent/Frauen 24,3) und "Karrieremöglichkeiten" (29,9/15,3) hingegen geben jeweils die männlichen Absolventen klar den Vorzug.

Wobei die beiden letztgenannten Punkte bei den Gründen für die Wahl des Medizinstudiums mit jeweils gut sechs Prozent von knapp 3300 Antworten ganz hinten liegen. Als Hauptantrieb werden "wissenschaftliches/medizinisches Interesse" (63,5 Prozent), "interessante/vielseitige Tätigkeit" (62,3 Prozent) und "Umgang mit Menschen" (55,4 Prozent) genannt. "Es wächst eine hoch motivierte und engagierte junge Ärzteschaft heran", schließt Walter daraus.

Ein Viertel startet ohne Plan

Die allerdings schwindende Lust auf eine eigene Praxis zeigt auch der Blick auf die beruflichen Pläne der Absolventen zu Beginn und am Ende des Studiums. Vorher hatten 37,9 Prozent der befragten Absolventen eine stationäre Tätigkeit angestrebt, am Ende waren es mit 39,3 Prozent etwas mehr. Sowohl der Wille für eine Niederlassung als Facharzt (von 23,9 Prozent auf 20,5 Prozent) wie auch als Hausarzt (8,3 auf 8,0 Prozent) nahm dagegen während des Studiums ab. Immerhin ein Viertel der Studenten wusste vor Studienbeginn noch nicht, in welchen Bereich es sie ziehen könnte, danach waren immer noch gut 13 Prozent unschlüssig.

Wie können die also ohnehin wenigen niederlassungswilligen Absolventen der Allgemeinmedizin in die unterversorgten Regionen gelockt werden? Dazu präsentierte Thomas Czihal, stellvertretender Geschäftsführer des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung (ZI), eine weitere Befragung junger Ärzte. Nach der Untersuchung, was künftigen Hausärzten bei der Niederlassungsentscheidung wichtig ist, wurden sechs sogenannte niederlassungsgsrelevante Faktoren ausgemacht.

Sechs niederlassungsrelevante Faktoren

Rahmenbedingungen für die Familie (z. B. Berufschancen des Partners),

Berufliche Verpflichtungen (beispielsweise Zahl der Dienste),

Finanzielle Bedingungen (Höhe des Einkommens),

Berufliche Kooperationsmöglichkeiten (etwa die Möglichkeit des Geräte-Sharing),

Arbeitsbedingungen (zum Beispiel Zeit für Patienten),

Lebensqualität im Umfeld (etwa Freizeitmöglichkeiten).

Nina Walter weiß aus ihren Befragungen sogar, wo die Nachwuchsärzte am liebsten wohnen würden: "60.000- bis 100.000-Einwohner-Städte sind die bevorzugten Wohnorte für junge Mediziner." Das sind zwar keine Großstädte – aber auch nicht die Größenordnungen für den dringend gesuchten Landarzt.

print
DRUCKEN