Die Erzeugung und Nutzung umfassender Datenbestände aus der medizinischen Versorgung sollen helfen, wichtige medizinische Fragestellungen zu beantworten. Lernendes Gesundheitssystem, datengetriebene Medizin und Big Data sind Begriffe, die diese Entwicklung überschreiben. Zur Analyse werden Methoden des maschinellen Lernens neben klassischen Ansätzen aus der Biostatistik verwendet.
Bei der Beurteilung von Projekten der datengetriebenen Medizin in Ethikkommissionen stellt sich die Frage, wie deren Risiko-Nutzen-Verhältnis sowie deren wissenschaftlicher und sozialer Wert beurteilt werden können. Welches Wissen wird hierzu benötigt? Wie können sich medizinische Ethikkommissionen auf diese Herausforderung einstellen? Wissenschaftliche Ansätze aus dem Bereich der Beobachtungsstudien und die Berücksichtigung übereingekommener ethischer Aspekte (Einwilligung, Validität, Gerechtigkeit, Risiko-Nutzen-Abwägung und Transparenz) helfen, die gestellten Fragen zu beantworten. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass datengetriebene Medizin kein neues Paradigma schafft, das etablierte wissenschaftliche und ethische Bewertungsmechanismen medizinischer Forschung grundsätzlich infrage stellt. Die Bewertung von Projekten aus diesem Bereich verlangt jedoch von Ethikkommissionen ein höheres Maß an Spezialisierung und umfassendere methodische Expertise aus den Bereichen des maschinellen Lernens und der Beobachtungsstudien.
Empirische Forschung zum wissenschaftlichen Fortschritt und zur Regulierung (Governance) der datengetriebenen Medizin wird helfen, effektive Strategien für Begutachtungen durch Ethikkommissionen zu entwickeln und kontinuierlich anzupassen. Um den neuen Herausforderungen der datengetriebenen Medizin entgegenzutreten, sind Weiterbildungen und die Vernetzung von Experten erforderlich.