Zusammenfassung
Hintergrund
Die systemische Therapie maligner Tumoren erlebt zzt. einen bisher einmaligen Innovationsschub. Genetische oder andere molekulare Alterationen in den Tumorzellen ermöglichen eine direkt zielgerichtete Therapie mit Inhibitoren oder sind prädiktiv für die Wirksamkeit spezifischer Arzneimittel. Viele dieser molekularen Aberrationen sind nicht spezifisch für eine bestimmte maligne Erkrankung, sondern können bei sehr unterschiedlichen Malignomen auftreten.
Ergebnisse
Das Konzept einer zielgerichteten, primärtumor- und histologieunabhängigen Therapie hat sich bisher nicht durchgesetzt. Übergreifende, „tumoragnostische“ Zulassungen sind selten. Gründe sind v. a. die große biologische Heterogenität. Viele Treibermutationen, aber auch prädiktive Marker, verhalten sich nicht uniform. Entsprechend sind auch zielgerichtete Arzneimittel sehr unterschiedlich wirksam: Die Ergebnisse bei derselben genetischen Aberration reichen von hohen Remissionsraten bei einer Tumorentität über Effektivität in Kombination mit anderen Wirkstoffen bei einem zweiten Tumor bis zur fehlenden Wirksamkeit bei einer dritten Entität. Die Empfehlungen zum Einsatz eines neuen Arzneimittels im Rahmen von Leitlinien erfolgen nicht primärtumor- und histologieunabhängig, sondern auf der Basis von Daten, die im Kontext von Organbezug und Histologie erhoben wurden.
Schlussfolgerung
Zielgerichtete, primärtumor- und histologieunabhängige Therapiestudien sind v. a. hypothesengenerierend für die Konzeption randomisierter klinischer Studien zum Vergleich der neuen Arzneimittel mit dem bisherigen Therapiestandard. Ausnahme sind Arzneimittel für seltene Erkrankungen, auch für biologisch distinkte und kleine Subgruppen innerhalb großer Tumorentitäten. Hier sind neue Regeln bei der Zulassung und der Nutzenbewertung erforderlich.