Enterovirus-Infekt geht Zöliakie oft voraus

Enteroviren triggern möglicherweise eine Zöliakie bei Kindern. Betroffene weisen in Stuhlproben vor Beginn der Erkrankung rund 50% häufiger Enteroviren auf als Kinder, die gesund bleiben. Hinweis: Das Wichtigste in Kürze zu dieser Studie finden Sie am Ende des Artikels. Welche Bedingungen zu einer Zöliakie führen, ist noch immer nicht klar. Fest steht lediglich, dass bestimmte HLA-Genvarianten erforderlich sind (DQ2 oder DQ8). Darüber hinaus verdächtigen Forscher diverse Umweltfaktoren als Trigger, unter anderem auch Viren, und hier wiederum besonders solche, die zu Darminfekten führen. Solche Infekte könnten die Darmmukosa stören, sie für Proteine aus der Nahrung durchlässig machen und über diesen Weg eine Autoimmunreaktion auslösen. In prospektiven Studien gingen einer Zöliakie vermehrt Rotavirusinfektionen voraus. Aber auch Enteroviren und Adenoviren werden verdächtigt, eine Zöliakie zu begünstigen. Forscher um Dr. Christian Kahrs vom Østfold Hospital Trust in Grålum, Norwegen, haben nun eine erhöhte Zöliakierate bei Kindern mit Enterovirusinfekten gefunden, nicht aber bei solchen mit Adenoviren. Für ihre Untersuchung griffen die Gesundheitsforscher auf Stuhlproben einer norwegischen Geburtskohorte zurück. Für die Studie wurden zwischen 2001 und 2007 knapp 47.000 Neugeborene auf den DQ2/8-Genotyp untersucht, dieser erhöht nicht nur massiv das Zöliakierisiko, sondern auch das für einen Typ-1-Diabetes. Lange Infektionsdauer – verdoppeltes Zöliakierisiko Die Forscher konnten die DQ2/8-Hochrisikokombination bei 912 der Kinder nachweisen (1,9%). Von diesen wurden anschließend regelmäßig Blut- und über drei Jahre hinweg monatlich Stuhlproben konserviert. Zwischen 2014 und 2017 suchten die Forscher die Kinder erneut auf. 220 erklärten sich bereit, an einer Untersuchung auf Zöliakie teilzunehmen. Dabei konnten die Forscher um Kahrs bei 27 der Kinder eine Zöliakie anhand von serologischen Untersuchungen und klinischen Befunden neu feststellen oder bestätigen. Diesen stellten sie jeweils zwei Kinder mit gleichem Alter und Geschlecht aus derselben Region gegenüber, die zwar ebenfalls einen DQ2/8-Genotyp trugen, aber nicht erkrankt waren. Von den Kindern waren etwas mehr als die Hälfte Mädchen, das Alter der Teilnehmer bei der Zöliakieanalyse betrug im Schnitt zehn Jahre. Die Forscher analysierten nun die Fäkalproben aus den ersten drei Lebensjahren der Kinder auf Enteroviren und Adenoviren. Sie fanden Enteroviren in 17% und Adenoviren in 13% aller Proben. Von den Kindern mit Zöliakie waren 20% der Proben Enterovirus-positiv, in der Kontrollgruppe betrug der Anteil 15%. Unter Berücksichtigung der Jahreszeit und anderer Faktoren kamen die Forscher in der Zöliakiegruppe auf eine knapp 50% erhöhte Infektionsrate. Für Kinder mit besonders lange andauernden Infektionen oder solchen mit besonders vielen Enteroviren im Stuhl berechneten die Forscher um Kahrs ein verdoppeltes Zöliakierisiko. Erhöht war das Risiko für Kinder mit den häufig vorkommenden Enterovirustypen A wie B. Die Forscher untersuchten auch aktuelle Stuhlproben, konnten dabei jedoch kaum Unterschiede beim Enterovirusbefall zwischen den Gruppen erkennen. Eine Infektion im ersten Lebensjahr ging ebenfalls nicht mit einer erhöhten Zöliakierate einher. Wie Ernährungsfragebögen der Eltern ergaben, zeigten nur Kinder nach Glutenexposition ein erhöhtes Zöliakierisiko bei einer Enterovirusinfektion. Dies scheint die Hypothese zu stützen, wonach bei einem Infekt Nahrungsproteine die Darmmukosa überwinden können. Adenoviren ließen sich in 12% der Stuhlproben von späteren Zöliakiekranken nachweisen, ebenso in 14% der Proben von Gesunden. Hier konnten die Forscher keinen signifikanten Zusammenhang mit einer Zöliakie nachweisen. Eine Infektion mit Enteroviren, nicht aber eine mit Adenoviren, scheint einer von mehreren Triggern für eine Zöliakie zu sein, schließen die Forscher um Kahrs aus ihrer Studie. Das Wichtigste in Kürze Frage: Erhöhen Infekte mit Enteroviren und Adenoviren in der frühen Kindheit das Risiko für eine Zöliakie? Antwort: Kinder mit hohem genetischem Risiko und Enterovirusinfekten, nicht aber solche mit Adenoviren erkranken Jahre später gehäuft an Zöliakie. Bedeutung: Enteroviren scheinen einen Zöliakie zu begünstigen. Einschränkung: Geringe Zahl von untersuchten Zöliakiekranken, Übertragbarkeit auf andere genetische Risikokonstellationen fraglich.

Live-Webinar: Aktuelle Leitlinien bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen

Springer Medizin

Enterovirus-Infekt geht Zöliakie oft voraus

Weiterführende Themen

Magen-Darm-Erkrankungen in der Hausarztpraxis

Live-Webinar: Aktuelle Leitlinien bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen

Springer Medizin

Bitte loggen Sie sich ein, um Zugang zu diesem Inhalt zu erhalten

Weiterführende Themen

Magen-Darm-Erkrankungen in der Hausarztpraxis