Erschienen in:
29.11.2019 | Schädel-Hirn-Trauma | Originalien
Zur Qualität der ärztlichen Leichenschau bei todesursächlichem Schädel‑Hirn‑Trauma
Ein Vergleich von Todesbescheinigung und gerichtlicher Obduktion
verfasst von:
K. Kronsbein, J. Budczies, H. Pfeiffer, B. Karger, PD Dr. med. D. Wittschieber, MHBA
Erschienen in:
Die Anaesthesiologie
|
Ausgabe 1/2020
Einloggen, um Zugang zu erhalten
Zusammenfassung
Hintergrund
In den letzten Jahren wurde wiederholt über eklatante Fehlleistungen bei der ärztlichen Leichenschau und beim Ausfüllen der Todesbescheinigung berichtet. Das Schädel-Hirn-Trauma (SHT) stellt eine nichtnatürliche Todesursache dar, deren Feststellung aufgrund von primär offensichtlichen, äußeren Verletzungen häufig schon im Rahmen der ersten ärztlichen Leichenschau zu erwarten wäre.
Ziel der Arbeit
Die vorliegende Studie untersucht die Qualität der ärztlichen Leichenschau bei todesursächlichem SHT anhand des Vergleichs von Todesbescheinigung und Obduktionsergebnis an einem rechtsmedizinischen Kollektiv eines Zehnjahreszeitraums.
Material und Methoden
Im Rahmen einer retrospektiven Analyse aller 3611 Obduktionsfälle des Instituts für Rechtsmedizin in Münster der Jahre 2006–2015 wurden 328 Fälle mit einem todesursächlichen SHT identifiziert, bei denen die Todesbescheinigung bereits vor der Obduktion ausgefüllt war. Anschließend erfolgte in diesen Fällen hinsichtlich der angegebenen Todesursache ein Vergleich zwischen Todesbescheinigung und Obduktionsbericht. Der Grad der Übereinstimmung wurde in Kategorien (I bis VI) eingeteilt.
Ergebnisse
Das todesursächliche SHT wurde in 58,5 % der Fälle korrekt erkannt (Kategorie VI). In 1,5 % der Fälle wurde eine gänzlich andere Todesursache als das SHT bei der primären äußeren Leichenschau festgestellt (Kategorie I). In 19,2 % der Fälle wurde überhaupt keine Todesursache oder die Angabe „unklar“ in die Todesbescheinigung eingetragen (Kategorien II und III). Unter allen diskrepanten Fällen (Kategorien I bis V) waren Sturzereignisse signifikant häufiger als bei den nichtdiskrepanten Fällen.
Schlussfolgerung
Besondere Aufmerksamkeit während der ersten Leichenschau ist bei bestimmten Fallkonstellationen, wie bei Brandleichen, stark fäulnisveränderten Leichen oder Sturzgeschehen, geboten.